Von wegen Paris ist immer eine Reise wert. Im Gegenteil – zumindest während der Olympischen Spiele 2024 in der französischen Hauptstadt. Überall im Stadtgebiet sind Tausende von Polizisten, Soldaten und Sicherheitskräften im Einsatz, um das größte Sport-Event der Welt zu schützen. Viele Straßenzüge sind komplett abgesperrt mit Gittern und Anwohner sowie Besucher müssen riesige Umwege in Kauf nehmen. Viele U-Bahn-Stationen im Zentrum von Paris sind geschlossen. Dies bedeutet für viele weitere große Umwege, um ans Ziel zu gelangen.
Die ganze Stadt ist kollektiv in Geiselhaft genommen. Dies kann weder den Bewohnern noch den Besuchern Spaß machen. Das Gros der Attraktionen, insbesondere entlang der Seine, ist nicht erreichbar. Dafür hat die Verkehrsgesellschaft die Preise für die Metro eine Woche vor den Spielen mal eben verdoppelt. Ein ganz besonderer Willkommensgruß für die Gäste aus aller Welt.
Gewinnmaximierung in der Tourismusbranche
Auch die Hotels wittern großen Reibach. Im Gespräch mit einer Hoteldirektorin aus dem beliebten Stadtteil Montparnasse wurde uns hinter vorgehaltener Hand mitgeteilt, dass nahezu alle Hotels und Beherbergungsbetriebe die Preise für die Olympischen Spiele veracht- bis verzwölffacht haben. Getränkepreise sind in Paris aktuell ohnehin mehr als krank. Ein halber Liter Bier kostet meistens zwischen 10 und 13 Euro. So macht sich Paris, zumindest mit den Olympischen Spielen, ganz sicher keine Freunde.
Die Anschläge am Eröffnungstag auf die TGV Strecken und die vielen immer wieder veröffentlichen Terror-Szenarien vermiesen den Besuchern die Lust auf ein Sport-Event der Extraklasse zusätzlich. Hoch umstritten ist auch weiterhin der Ansatz, die Seine für die Schwimm- und Triathlon-Wettbewerbe nutzen zu wollen.
Olympiafieber mit angezogener Handbremse
Was ist das für ein Signal an Menschen, die um die halbe Welt reisen, um beispielsweise ein Basketballspiel zu sehen, und ganz nebenbei sich auch einen Eindruck von der Stadt der Liebe, vom Eiffelturm, vom Arc de Triomphe oder dem Louvre verschaffen wollen? Sie alle müssen frustriert feststellen, dass dies gar nicht oder nur mit ganz großen Hürden möglich ist. So jedenfalls heißt man Besucher nicht willkommen.
Dies wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass die Stadt sich kaum herausgeputzt hat. Nur wenige Banner zeugen davon, dass Paris in diesem Jahr Gastgeber der Olympischen Spiele ist. Und Paris tut alles. damit es als Gastgeber nicht unbedingt in positiver Erinnerung bleibt. Die Pariser selber haben, sofern möglich, die Stadt verlassen. Auch um etwaigen Ausgangssperren zu entgehen und zu verhindern, dass sie nicht mehr zu ihrer eigenen Wohnung gelangen können.
Passend dazu, erinnert Phrygen, das Maskottchen von Paris 2024, von der Form an ein „Kack-Emoji – nur in rot. Da wundert es wenig, dass viele aktuell in Paris rot sehen, statt Spitzensport zu genießen. Grand malheur de caque!
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.