Hofbräuhaus in München, Moulin Rouge in Paris, Times Square in New York – alles Orte, die wohl kaum ein Tourist bei einem Besuch auslässt. Sie gehören zur DNA der genannten Städte. Genauso verhält es sich wohl auch mit dem Auerbachs Keller in der Leipziger Mädler-Passage. Wann immer man von der Marktseite in die Passage tritt, kann man sicher sein, ein Touristengrüppchen vor einen der beiden Statuen, die jeweils an den Treppen hinunter ins Gewölbe stehen, zu entdecken. Beim näheren Hinschauen fällt übrigens gleich der blanke Schuh des Studenten Faust auf. Aber dazu später.
Seit fast 500 Jahren wird nun im Keller unweit des Rathauses und vor allem unweit der Universität gezecht. Dabei müsste die Lokalität eigentlich Stromer Keller heißen. Wurde sie noch vom Universitätsprofessor Dr. Heinrich Stromer eingerichtet. Er wollte einen Ort schaffen, an dem Studenten Wein trinken konnten. Da der Doktor aus Auerbach kam, setzte sich jedoch dieser Name durch.
Kellergewölbe der Weltliteratur in Leipzig
Nun also fast ein halbes Jahrtausend ist das her. Es darf gefeiert werden. Dies wird bereits seit April 2023 mit einem Jubiläums-Triennium zelebriert, um dann in einer Festwoche Ostern 2025 seinen Höhepunkt zu erreichen. Triennium übrigens als Reminiszenz an die einstige Studiendauer von drei Jahren. Kleine Nebenbemerkung: Das sollte sich so mancher Dauerstudierender von heute einmal vergegenwärtigen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Zurück zu den Feiern bei denen es natürlich viele, viele Anlehnungen an Goethe gibt, der den Keller durch seinen Faust in der Weltliteratur verankerte. Und damit noch einmal zum erwähnten blanken Schuh. Beim Verlassen des Kellers, oder besser der Keller (es gibt fünf), sollte man mit der linken Hand über den linken Schuh des Faust streichen. Das bringt Glück. Ähnlich wohl wie bei der blanken Brust von Julia in Verona.
Angeblich 100 Millionen Besucher
Ein Besuch scheint jedenfalls ein Muss zu sein, wenn man dem Hinweis am Eingang des Kellers Glauben schenken man: „Wer nach Leipzig zur Messe gereist, ohne auf Auerbachs Hof zu gehen, der schweige still, denn das beweist: er hat Leipzig nicht gesehn.“ Immerhin 100 Millionen Gäste sollen es aber seit der Eröffnung vor nun 499 Jahren bereits gewesen sein.
Zu sehen gibt es jedoch auch oberirdisch so einiges in der Messe- und Universitätsstadt, die Karl Marx, Richard Wagner und Martin Luther beherbergte, die sich in den vergangen 30 Jahren praktisch neu erfunden hat. Da sind vor allem die vielen Höfe und Passagen, Deutschlands ältestes Kaffeehaus Zum Arabischen Coffe Baum, das alte Rathaus, die Börse, natürlich die Thomaskirche und nicht zuletzt die Nikolai Kirche.
Ausgangspunkte der Friedlichen Revolution
Letztere steht in diesem Jahr ganz besonders im Mittelpunkt. War sie doch 1989 einer der Ausgangspunkte für das, was später Friedliche Revolution genannt wurde. In ihren Räumen begannen die Montagsgebete, von ihr gingen erst einige dann Hunderte, dann Tausende auf die Straße, um für eine neue, bessere DDR zu demonstrieren. „Gewaltlos und friedlich“, wie Pfarrer Bernhard Stief sagt. Für ihn ist es immer noch ein kleines Wunder, wie das erreicht wurde und am 9. Oktober 1989 mit 2.000 Menschen in der Kirche und später fast 100.000 Menschen auf dem Leipziger Ring kulminierte.
So wird also nicht erst im kommenden Jahr in Leipzig gefeiert. Zum 35. Jahrestag dieser historischen Demonstration, die sicherlich einen Beitrag zunächst zur Maueröffnung einen Monat später und dann zum Ende der DDR leistete, gibt es am 9. Oktober das Lichtfest. „Leipzig steht für Aufbruch, Veränderung, Freiheit, Frieden und Demokratie, das wollen wir feiern“, so Oberbürgermeister Burkhard Jung bei der Vorstellung des Programms.
Mein Leipzig lob ich mir
Nach einem Friedensgebet in der Nikolaikirche gibt es auf dem gesamten Ring Lichtinstallationen, Musik und Performances. Dabei werden sicherlich auch etliche sein, die bereits 1989 mit demonstriert haben „aber wir erwarten auch viele Touristen“, so Jung.
Touristen aus aller Welt zieht es auch immer wieder in die Runde Ecke, der einstigen Zentrale der Stasi. Hier kann man in einer Ausstellung die Ereignisse von 1989 und davor besichtigen. In einer teils bedrückenden Ausstellung, die zugleich manche Banalität der Überwachung in der DDR zeigt. Ein Stück der nicht so schönen Geschichte der Stadt. Zum Jubiläum gibt es auch in der Runden Ecke etliche Sonderveranstaltungen.
Aber glücklicherweise haben die Leipziger ihre Stadt wieder zu ihrer gemacht. Und so würde Goethe wohl auch heute wieder sagen: „Mein Leipzig lob ich mir.“
Die Recherche fand auf Einladung/mit Unterstützung der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH statt.
Honza Klein
Der Berliner hat für diverse Radiosender gearbeitet, war viele Jahre Redakteur bei der Berliner Morgenpost, hat an Büchern über Berlin mitgearbeitet und ist u.a. Autor für die Super Illu und Gastgeber einer Talksendung bei TV Berlin.