Leipzig: Sächsisch-Lehrstunde in der Zigarre

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Das prunkvolle Alte Rathaus liegt zentral am Marktplatz von Leipzig. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Boar?“, fragt der Kellner mit dem schütteren Haar und leichten Bauchansatz freundlich. Kurzes Rätselraten am Tisch in der „Zigarre“, einem der vielen gemütlichen Restaurants in Leipzigs Kneipenviertel entlang des Barfußgäßchens. War dies eine Frage oder eher ein Ausdruck des Erstaunens, weil er eine der zwei Damen, die entspannt an ihrem Drink nippen, überaus attraktiv findet? Zumindest scheint die umsichtige Bedienung Gedanken lesen zu können und schiebt nach einer gefühlten halben Ewigkeit lächelnd hinterher: „…oder mit Koarde?“

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Nicht nur nach Einbruch der Dunkelheit weißt der Marktplatz in Leipzig zu begeistern. – Foto Karsten-Thilo Raab

Langsam macht es klick. Er möchte schlicht wissen, wie bezahlt werden soll – cash oder mit Karte. Vielleicht liegt es am Genuss des einen oder anderen Gläschens Allaschs, einem Kümmelschnaps, der als Leipziger Spezialität gilt. Vielleicht sind aber auch die Sächsisch-Kenntnisse einfach zu rudimentär. Auf jeden Fall bleibt das nette „Boar“ ein permanenten Stimmungsaufheller und Begleiter bei der kurzweiligen Entdeckungstour durch Leipzig, das sich im positiven Sinne als eine städtische Wundertüte entpuppt.

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Die Alte Börse gehört zu den markantesten Bauwerken in der Leipziger Innenstadt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Herzstück der 595.000-Seelen-Gemeinde, auf Sächsisch „Leibzsch“ genannt, ist der Marktplatz mit dem Alten Rathaus. Der Prachtbau im Renaissancestil beheimatet das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig. Unmittelbar hinter dem Alten Rathaus befindet sich die im Barockstil errichtete Alte Börse, die über viele Jahrzehnte als Versammlungsstätte der Leipziger Kaufmannschaft diente. An der Südseite wurde Johann Wolfgang von Goethe, der zwischen 1765 und 1768 in Leipzig studierte, ein Denkmal errichtet.

Dichter-Fürst Johann Wolfgang von Goethe wurde im wahrsten Sinne des Wortes ein Denkmal gesetzt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Fast wirkt es, als würde der Dichterfürst über den Naschmarkt und die Grimmaische Straße, einem Teil der Fußgängerzone, hinwegblicken. Denn dort liegt der Eingang zur eleganten Mädler-Passage. In dieser verbirgt sich mit dem seit dem Jahre 1525 existierenden Auerbachs Keller, ein historisches Restaurant, das Goethe in seinem Meisterwerk „Faust“ verewigte: Gemäß der Tragödie reist Mephisto mit Faust nach Leipzig, um ihm das unbeschwerte Leben in einem Wirtshaus schmackhaft zu machen.

Auerbachs Keller ist seit dem 16. Jahrhundert eine Institution. – Foto Karsten-Thilo Raab

In Auerbachs Keller verzaubert der Teufel vier angetrunkene Studenten und lässt jede gewünschte Weinsorte aus einem Tisch fließen. Als die Tropfen Feuer schlagen, wollen die Studenten dem Teufel an den Kragen. Dank seiner magischen Kräfte entkommt Mephisto mit Faust. Für die verzweifelten Studenten wirkt es, als seien die beiden auf einem Fass zur Kellertür hinausgeritten. Szenen, die am Eingangsbereich zu Auerbachs Keller mit übergroßen Figuren optisch dargestellt sind.

Die Thomaskirche ist wegen des berühmten Chors und dem Wirken von Johann Sebastian Bach bekannt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Schriftsteller Goethe war aber beileibe nicht der einzige, der seine Spuren in Leipzig hinterlassen hat: Nur einen Steinwurf entfernt erhebt sich die spätgotische Thomaskirche. Das über 800 Jahre alte Gotteshaus ist als Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach (1685-1750) und des Thomanerchores weltweit bekannt. Der Komponist, Kantor sowie Orgel- und Cembalovirtuose des Barocks, dem vor der Kirche ebenfalls ein Denkmal gesetzt wurde, fand in der Kirche auch seine letzte Ruhestätte.

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Das moderne Gesicht Leipzigs zeigt sich in der Shopping Mall Höfe am Brühl. – Foto Karsten-Thilo Raab

Und noch ein Gotteshaus in Leipzigs Innenstadt sollte nicht unerwähnt bleiben: Die im Jahre 1165 errichtete Nikolaikirche war im Herbst 1989 Treffpunkt für die Montagsdemonstrationen in der damaligen DDR, die schließlich zum Sturz des Regimes führten und den Weg zur deutschen Wiedervereinigung ebneten.

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Leipzig glänzt mit jeder Menge historischer Bausubstanz wie hier am Innenstadtring. – Foto Karsten-Thilo Raab

Zu den vielen imposanten Gebäuden in der Leipziger Innenstadt gehört zweifelsohne auch das 1905 nach Plänen von Hugo Licht erbaute Neue Rathaus. Der Sitz der Stadtverwaltung bietet sich auch an, um der sächsischen Metropole einmal entspannt aufs Haupt zu schauen. Der markante Rathausturm wurde auf dem Fundament des Hauptturms der ehemaligen Pleißenburg errichtet und gilt mit einer Höhe von 114,7 Metern als höchster Rathausturm in Deutschland. Ab der 4. Etage führen 250 Stufen zur Aussichtsplattform, die sich in 110 Metern Höhe befindet und einen herrlichen Rundblick über die Stadt und das Umland bietet.

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Das Leipziger Völkerschlachtdenkmal wurde in Gedenken an den Sieg über Napoleon errichtet. – Foto Karsten-Thilo Raab

Nicht minder prächtig ist das Panorama, das sich vom etwas außerhalb gelegenen Völkerschlachtdenkmal aus bietet. Leipzigs wichtigstes Wahrzeichen wurde am 18. Oktober 1913 eingeweiht und erinnert an die Völkerschlacht bei Leipzig, die vom 16. bis 19. Oktober 1813 tobte. Hier errangen die verbündeten Armeen Russlands, Preußens, Österreichs und Schwedens den entscheidenden Sieg über Napoleon und dessen Alliierte auf deutschem Boden.

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Der Leipziger Zoo wird immer wieder für eine Fernsehserie in Szene gesetzt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Kein Besuch der Stadt am Zusammenfluss von Weißer Elster, Pleiße und Parthe wäre jedoch perfekt, ohne einen Abstecher in den Leipziger Zoo. Die 26 Hektar große, parkartig gestaltete Grünanlage nordwestlich der Leipziger Altstadt beheimatet rund 900 Tierarten. Der Zoo, bekannt durch die ARD-Vorabendserie „Tierärztin Dr. Mertens“ mit Elisabeth Lanz in der Hauptrolle, verfügt mit dem „Gondwanaland“ über Deutschlands größter tropischer Regenwald. Allein hier werden 200 exotische Tier- und 500 Pflanzenarten vorgehalten.

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Die Elefanten im Zoo verfügen sogar über ein spezielles Badehaus. – Foto Karsten-Thilo Raab

Im „Pongoland“ toben Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos mit ihren Jungtieren. Im Himalaya-Gebirge ist der seltene Schneeleopard zu beobachten und gleich nebenan lassen sich im Elefantentempel Dickhäuter beim Baden beobachten. Nur Dr. Mertens lässt sich gerade zufällig nicht blicken. Doch auch so bereitet der Zoo ebenso wie der Besuch der gesamten Stadt tierisch Spaß. Leipzig ist ganz sicher mehr als nur einen Besuch wert. Warten doch noch viele weitere Highlights wie das Gewandhaus, die Oper, das Grassi-Museum, das Asisi-Panometer, die Baumwollspinnerei mit ihrem breitgefächerten Kulturangebot oder die Strände des Neuseenlandes darauf, entdeckt zu werden. Weitere Informationen unter www.leipzig.travel.