Pinellas Halbinsel –  Floridas sonnige Westküste

Fast schon kitschig schön: die Sonnenuntergänge in Clearwater. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Fast schon kitschig schön: die Sonnenuntergänge in Clearwater. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Die Einwohner dieser Region scheinen alle vom ostfriesischen Busfahrsyndrom geprägt zu sein. Alle wollen in der ersten Reihe sitzen oder besser gesagt, ein Haus mit direktem Zugang zum Meer bewohnen. Entsprechend dicht besiedelt sind die Küstenstreifen, Buchten und Seitenarme der Flüsse im Pinellas County im Westen Floridas. Fast Tür an Tür stehen Bungalows und Holzhäuser mit ihren flachen Giebeln. Sie alle verfügen über einen obligatorischen Bootsanleger.

Landmarke in St. Petersburg: das Renaissance Vernoy Hotel. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Landmarke in St. Petersburg: das Renaissance Vernoy Hotel. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Die meisten Boote sind jedoch nicht zu Wasser gelassen, sondern schweben sturm- und algensicher in einem Holzgestell rund einen Meter über der Wasseroberfläche. Über 500.000 Boote sind hier registriert. Irgendwie drängt sich der Eindruck auf, hier herrsche eine Art Wettbewerb in punkto Boots- und Hausgröße. Bescheidenheit sieht jedenfalls anders aus. Delfine tummeln sich nur wenige Hundert Meter vom Strand entfernt. Pelikane zirkeln über dem Wasser und lassen sich immer wieder blitzschnell im Sturzflug fallen, um Fische zu fangen.

Nur das dauerhafte Dröhnen der Klimaanlagen stört die Idylle. Doch auf die Air Condition mag hier kaum jemand verzichten. Was ganz entscheidend damit zusammenhängt, dass der Landstrich am Golf von Mexiko von der Sonne im besonderen Maße verwöhnt wird.

„There might be no rain today“, lautet dann auch der Running Gag, der einem allerorten entgegenschlägt. Die spöttische Prophezeiung, dass es heute vielleicht keinen Regen geben mag, hat durchaus eine Berechtigung. Schließlich verzeichnet die Region um St. Petersburg im Mittel 361 Sonnentage im Jahr bei einer Durchschnittstemperatur von 23 Grad Celsius.

Das Wasser im Golf von Mexiko bietet sogar im Schnitt einen Grad mehr. Kein Wunder also, dass die Pinellas Halbinsel zu einem der Lieblingstummelplätze für Sonnenanbeter und Wassersportler avanciert.

Anlaufpunkt für Kunstbeflissene: das Dali-Museum in St. Petersburg. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Anlaufpunkt für Kunstbeflissene: das Dali-Museum in St. Petersburg. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Neben Sonne satt darf sich die Halbinsel rühmen, über im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnete Strände zu verfügen. Der mit feinem weißen Sand gesegnete North Beach im Fort De Soto Park wurde unlängst unter 650 Stränden in den USA zur Nummer 1 gekürt. Das Wasser ist nicht nur türkisfarben und glasklar, sondern lockt fast ganzjährig mit muckeligen Temperaturen.

Allein die Stingrays, die Stachelrochen, trüben etwas die Badefreude. Daher schleifen die Badegäste beim Gang ins Wasser die Füße über den Boden. Denn dies ist für die Rochen ein Zeichen, um Reißaus zu nehmen.

Kleine Waschbären tummeln sich scharenweise am Fort De Soto Park. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Kleine Waschbären tummeln sich scharenweise am Fort De Soto Park. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Der 1962 gegründete Fort De Soto Park diente der amerikanischen Luftwaffe übrigens einst als Trainingsareal. Auch der Pilot, der die Atombombe auf das japanische Hiroschima abwarf, wurde hier ausgebildet. Mit Ausnahme des alten Forts, dass bei der Namensgebung Pate stand, erinnert nichts mehr an die einstige militärische Nutzung.

Heute ist das Naturschutzgebiet die Heimat von Tausenden von See- und Zugvögeln. In den umliegenden Flüssen und Meeresarmen fühlen sich Manatees, die mächtigen grauen Seekühe, die vielerorts in Florida anzutreffen sind, pudelwohl. Die unförmigen Klumpen werden bis zu vier Meter lang und bringen bis zu 900 Kilogramm auf die Waage.

Prachtvolle Holzhäuser - wie hier in Dunedin- finden sich auf der Pinellas-Halbinsel. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Prachtvolle Holzhäuser – wie hier in Dunedin- finden sich auf der Pinellas-Halbinsel. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Täglich vertilgen die Manatees bis zu 15 Prozent ihres Körpergewichts an Wasserpflanzen. Und dies in Ruhe und überaus genussvoll. Denn natürliche Feinde haben die Seekühe nicht. Selbst die weit verbreiteten Alligatoren werden ihnen nicht gefährlich. Vermutlich, weil die Riesenechsen einfach kein Packende finden.

Nahezu an jedem Fluss- oder Seeufer warnen Schilder vor Alligatoren. Die Echsen dösen oft scheinbar völlig uninteressiert am Ufer, um dann wenn sich ein ahnungsloses Opfer zu sehr nähert, blitzschnell zu zuschlagen. Das mit einer Länge von bis zu fünf Metern größte Reptil Nordamerikas ist ein überaus raffinierter Jäger. Blitzschnell erfasst der Alligator, der über kurze Strecke Geschwindigkeiten von knapp 40 Stundenkilometern erreicht, seine Beute und zermahlt sie mit den mehr als 200 Kilogramm Druck, den die Schließmuskeln der Kinnladen erzeugen können.

Alligatoren liegen vielerorts scheinbar friedlich im Gras herum. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Alligatoren liegen vielerorts scheinbar friedlich im Gras herum. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Ungleich sympathischere, leider aber zum Großteil bemitleidenswertere Kreaturen stehen im Clearwater Marine Aquarium im Blickpunkt. Obschon die Einrichtung den Charme der frühen 1970er Jahre versprüht, versteht das Sanctuary die Besucher in seinen Bann zu ziehen. Seit Jahren werden hier kranke oder verletzte Meereslebewesen aufgepäppelt und gepflegt, um dann, so fern ihr Gesundheitszustand dies zulässt, wieder in die Freiheit entlassen zu werden. Einige bleiben jedoch für immer in der Obhut des Aquariums. So etwa der Delfin, dem von einem Motorboot die Schwanzflosse abgetrennt wurde und der in freier Wildbahn nicht überlebensfähig wäre.

Die T-Shirt-Verkäufer in Tarpon Springs nehmen ihr Städtchen gerne selber auf die Schippe. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Die T-Shirt-Verkäufer in Tarpon Springs nehmen ihr Städtchen gerne selber auf die Schippe. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Als eine Besonderheit bietet das Clearwater Marine Aquarium so genannte Dolphin Art an. Dahinter verbergen sich Kunstwerke, die von den Delfinen gestaltet wurden und die zur Unterstützung der Einrichtung verkauft werden. Dabei wird eine Leinwand am Beckenrand aufgestellt. Die Delfine nehmen einen in Farbe getauchten Pinsel ins Maul und tragen bei jedem Auftauchen die Farbe auf. Der erste Künstler war „Sunset Sam“, der 18 Jahre lang in dem Aquarium lebte und dessen Bilder noch immer reißenden Absatz finden.

Ganz andere Meeresprodukte gründeten den Ruhm von Tarpon Springs, einem Stück Griechenland inmitten Amerikas. Blau-weiß ist die dominierende Farbkombination. Die Häuser sind weiß getüncht, Türen und Fensterläden schimmern in freundlichem blau. Tavernen liegen Tür an Tür mit griechischen Restaurants und Bäckereien. Aus den Lautsprechern dröhnt Sirtaki-Musik. Fröhlich lachende Männer sitzen um einen Tisch herum, trinken starken schwarzen Kaffee, spielen Karten oder Backgammon und erzählen von ihren Vätern und den Vätern der Väter.

Fischerboote im Hafen von Tarpon Springs. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Fischerboote im Hafen von Tarpon Springs. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Vor hundert Jahren kamen die ersten Griechen nach Tarpon Springs. Sie alle waren erfahrene Schwammtaucher, angelockt von den riesigen Naturschwammgründen im Golf von Mexiko. Schon bald florierte die Schwammindustrie. In den 1940er Jahren zählte die Taucherflotte 200 Boote, und Tarpon Springs stieg auf zur „Welthauptstadt der Schwämme“.

Noch heute stammt das Gros der Weltproduktion an Naturschwämmen aus dem „Little Hellas“ in Florida. Obschon heute gerade einmal noch drei Dutzend Taucher dieser Profession nachgehen. Nostalgieliebhaber können bei halbstündigen Bootsfahrten im Hafen von Tarpon Springs nacherleben, unter welchen schwierigen Bedingungen die Taucher ihrem gefährlichen Beruf ausübten.

Lebendige Geschichte wird im Heritage Museum präsentiert. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Lebendige Geschichte wird im Heritage Museum präsentiert. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Mit Eisenhelm, schwerem orange-gelbem Gummianzug, Bleigurt, Bleischuhen und einem Vierzack springt ein Taucher ins Wasser, schreitet den Grund im Hafenbecken ab, um wenig später mit einem porösen Klumpen im Netz wieder aufzutauchen. Gut, die Schwämme lagern tatsächlich in einem Korb unter der Wasseroberfläche. Dafür ist der Taucher auch keine Grieche, sondern ein ehemaliger Banker aus Wisconsin.

Im Historical Village in Largo wartet derweil ein ganz anderes Stück Geschichte darauf, entdeckt zu werden. Rund 30 historische Häuser und Vorführbetriebe aus dem 18. und 19. Jahrhundert zählt das sehenswerte Freilichtmuseum, in dessen Nachbarschaft die herrlich angelegten Florida Botanical Gardens zu finden sind.

Einkaufsparadies auf der Pinellas-Halbinsel: das Ellenton Outlet. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Einkaufsparadies auf der Pinellas-Halbinsel: das Ellenton Outlet. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Den kulturellen Höhepunkt in St. Petersburg bildet zweifellos das Salvador Dali Museum am Bayboro Harbour: Die von einem Industriellenehepaar gestiftete Sammlung umfasst unter anderem 95 Ölgemälde des spanischen Surrealisten sowie 100 Aquarelle und 1300 Zeichnungen. Hinzu kommen Skulpturen und Poster. Zu den kleinsten, aber auch augenfälligsten Motiven gehört „Hitler masturbating“. Das Bild zeigt den Despoten auf eine Stuhl mit Pferden als Fuß, wie er sich – dem Betrachter den Rücken zugewandt – selbst befriedigt.

Aber unabhängig davon, ob diese Art von Kunst einen anspricht, fest steht, die Region St. Petersburg und Clearwater sorgt nicht nur ob der Sonnengarantie für eine besondere Befriedigung unter den Besuchern aus allen Teilen der Welt. Weitere Informationen unter www.floridasbeach.com


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