Delfin mit Flossenprothese: „Winter“ erlebt in Florida seinen zweiten Frühling

Das Schicksal des in Clearwater gestrandeten Delfinweibchens „Winter“, faszinierte im Erfolgsmovie „Mein Freund der Delfin“ bereits Millionen begeisterter Kinobesucher in den USA. Beruhend auf einer wahren Begebenheit, kämpfen in dem Familienfilm Schauspieler wie Ashley Judd, Harry Connick Jr.und Morgan Freeman um das Überleben des verletzten Delfinweibchens, das schließlich durch eine künstliche Flossenprothese gerettet werden kann. Drehort war unter anderem das Marine Aquarium in Clearwater, westlich von Tampa – bis heute Wohnort des wohl weltweit einzigartigen Delfins. Am 15. Dezember 2011 kommt der US-Kassenknüller nun endlich auch in die deutschen Kinos.

In einem US-Bundesstaat, in dem jeder Einwohner nicht nur ein Haus am Wasser zu besitzen scheint, sondern neben einem Auto auch ein Boot sein Eigen nennt, wird Letzteres nicht selten zum Problem. Denn die motorisierten Wasserfahrzeuge sind ein permanenter Gefahrenherd für Delfine. Die Meeressäuger tauchen regelmäßig auf, um Luft zu schnappen und werden dabei immer häufiger von den Booten oder schlimmer noch, von deren Motoren erfasst. Einige Delfine bezahlen die unfreiwillige Begegnung mit dem Leben, andere werden zum Teil schwer verletzt. Mit klaffenden Rückenverletzungen oder abgetrennter Flosse treiben sie hilflos durch den Golf von Mexiko oder den Atlantik, sind im wahrsten Sinne des Wortes ein willkommenes Fressen für Raubfische. Doch einige dieser bemitleidenswerten Kreaturen haben Glück im Unglück und landen im Clearwater Marine Aquarium (CMA) auf der Pinellas Halbinsel an der Ostküste Floridas.

Die Auffangstation für verletzte Meeresgeschöpfe befindet sich in einer ehemaligen Abfall-Entsorgungsanlage in Clearwater. Obschon die Einrichtung den Charme der frühen 1970er Jahre versprüht, versteht das Sanctuary die Besucher in seinen Bann zu ziehen. Seit mehr als drei Jahrzehnten werden hier kranke oder verletzte Meereslebewesen von gestrandeten Delfinen bis hin zu Ottern, Meeresschildkröten und Stachelrochen aufgepäppelt und gepflegt, um dann, so fern ihr Gesundheitszustand dies zulässt, wieder in die Freiheit entlassen zu werden. Einige bleiben jedoch für immer in der Obhut des Aquariums.

„Manchmal gelingen uns auch wahre Wunder“, berichtet CMA-Mitarbeiter Joe Malo mit Blick auf das bemerkenswerte Schicksal von „Winter“ voller Stolz – und dies zu Recht: Im zarten Alter von drei Monaten verhedderte sich das Delfinweibchen im Dezember 2005 unweit des Raketenbahnhofs Cape Canaveral in einem Krabbenfangnetz und büßte dabei die Schwanzflosse ein. Im Clearwater Marine Aquarium wurde die gewandte Schwimmerin medizinisch versorgt und drehte mehr schlecht als recht ihre Runden in den Becken des CMA. Inzwischen konnten die hauseigenen Techniker den jungen Delfin mit einer neuartigen Prothese ausstatten. Mit der künstlichen Schwanzflosse verfügt „Winter“ nun über eine nahezu uneingeschränkte Bewegungsfreiheit, die sie gerne in Sprüngen zur Schau stellt.

„Eine unglaubliche Geschichte, die Mut macht“, freut Joe Malo, dass das Schicksal der kleinen Delfindame vielen Menschen Mut gibt. So etwa der neunjährigen Katrina Simpkins aus Indiana, die aufgrund eines Geburtsfehlers eine Beinprothese trägt und in dem „Winter“ eine Seelenverwandte sieht. Mehr als 100.000 Besucher jährlich sprechen hier eine deutliche Sprache, sind Anerkennung und Lohn für die unermüdliche Arbeit des Clearwater Marine Aquariums. Wer möchte, kann samstags, sonntags oder montags ein Schnuppertag als Delfin-Trainer absolvieren. Während sich dieses Angebot ausschließlich an Jugendliche und Erwachsene richtet, können Kinder ab acht Jahren einmal monatlich samstags den Tierpflegern über die Schulter schauen und bei der Fütterung sowie der Arbeit mit den Tieren assistieren.

Als weitere Besonderheit bietet das CMA so genannte „Dolphin Art“ an. Dahinter verbergen sich Kunstwerke, die von den Delfinen gestaltet wurden und die zur Unterstützung der Einrichtung verkauft werden. Dabei wird eine Leinwand am Beckenrand aufgestellt. Die Delfine nehmen einen in Farbe getauchten Pinsel ins Maul und tragen bei jedem Auftauchen die Farbe auf. Der erste Künstler war übrigens „Sunset Sam“, der 18 Jahre lang in dem Aquarium lebte und dessen Bilder noch immer reißenden Absatz finden.

Nicht nur bewundern, sondern auch die Ärmel hochkrempeln heißt es für Interessierte, die während eines Floridaaufenthaltes spannende Einblicke in die tägliche Arbeit von Meeresbiologen und Tierschützern durch aktive Mitarbeit in den unterschiedlichsten Projekten erhalten können. Ob als tatkräftiger „Volontourist“ bei der Neuansiedlung eines Austernriffs für die Florida Oceanographic Society in Stuart (www.floridaocean.org), oder bei einem Einsatz für gestrandete Meeressäuger, organisiert durch das Marine Mammal Stranding Network, ehrenamtliche Helfer werden immer gern gesehen!

Weitere Informationen zu St. Petersburg unter www.visitstpeteclearwater.com, und unter www.cmaquarium.org oder www.seewinter.com.

Lage: Die Region St. Petersburg und Clearwater liegt an der Westküste des US-amerikanischen Bundesstaates Florida auf der Halbinsel Pinellas County und grenzt im Osten an die Tampa Bay und im Westen an den Golf von Mexiko.


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Karsten-Thilo Raab

berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.