Zwickau – Trabi-Heimat im sächsischen Detroit

Zwickau - Copyright Karsten-Thilo Raab
Seit 1998 ziert ein Trabant-Denkmal den Georgenplatz in Zwickau, der Geburtsstadt des Trabis. – Foto Karsten-Thilo Raab

Man muss nicht unbedingt Sachse sein, um Zwickau zu mögen, auch wenn der dort gesprochene Dialekt bisweilen etwas gewöhnungsbedürftig anmutet. Eine schmucke Residenzstadt war die 90.000-Seelen-Gemeinde im Vorland des Erzgebirges nie. Zu sehr dominierte hier über Jahrzehnte die Industrie. Und doch war es gerade die Massenproduktion von Autos, die Zwickau Brot und Arbeit, aber auch einen internationalen Ruf verschaffte. Im Jahre 1904 gründete August Horch hier sein erstes Automobilwerk unter eigenem Namen, fünf Jahre später dann die Audi-Werke. Seither ist Zwickau der einzige Standort in Deutschland, an dem ununterbrochen Autos gebaut werden.

Auf Betreiben der Sächsischen Staatsbank bildeten die Horch-Werke 1932 zusammen mit Audi, DKW und der Autosparte von Wanderer die Auto Union AG. Nach Beendigung des 2. Weltkriegs lief in der sächsischen Kreisstadt von 1957 bis 1991 mit dem Trabant der „Volkswagen der DDR“ vom Förderband. Heute fertigt die Volkswagen Sachsen GmbH im Werk Zwickau verschiedene Modelle.

Automobilstandort mit langer Geschichte

Der Trabant genießt heute Kultstatus – auch als Kunstobjekt.

Doch auch sonst bleibt die Geschichte der Automobilherstellung an vielen Orten in Zwickau lebendig. So etwa am Rande der Innenstadt am Georgenplatz, wo seit 1998 ein Trabi-Denkmal an die fast 35 Jahre lange Produktion der „Rennpappe“ erinnert. Natürlich tuckern die Leukoplastbomber auch noch immer vereinzelt durch die Altstadt. Wer noch tiefer in die automobile Vergangenheit der viertgrößten Stadt Sachsens eintauchen möchte, sollte sich auf keinen Fall einen Besuch des August Horch Museums entgehen lassen.

Ein besonderes Kleinod sind die mittelalterlichen Priesterhäuser in Zwickau. – Foto Karsten-Thilo Raab

Seit 2004 ist das Automobilmuseum in den sanierten Gebäuden des ehemaligen Audi Werkes untergebracht. Hier wird nicht nur das Leben und Werk von Gründer August Horch nachgezeichnet, sondern auch die mehr als 100 Jahre alte Geschichte der Zwickauer Automobilindustrie. So laden ein nachgebildeter historischer Straßenzug und verschiedene Szenarien aus den 1930er oder 1950er Jahren die Besucher zu einer kleinen Zeitreise ein. Zu den Höhepunkten der facettenreichen Ausstellung mit mehr als 70 historischen Automodellen zählen ein Horch Phaeton aus dem Jahr 1911 sowie ein DKW F1 mit dem ersten serienmäßigen Frontantrieb. Natürlich findet auch der Trabant eine entsprechende Würdigung.

Geburtsstadt von Robert Schumann

Pilgerstätte für Musikliebhaber: das Robert-Schumann-Haus am Hauptmarkt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Bekannt ist Zwickau zudem als Geburtsort des großen Komponisten Robert Schumann, der am 8. Juni 1810 im Haus am Hauptmarkt 5 das Licht der Welt erblickte. Sein Geburtshaus fiel 1955 wegen Baufälligkeit der Abrissbirne zum Opfer. Doch schon ein Jahr später wurde an gleicher Stelle ein Neubau errichtet, der heute das Robert-Schumann-Museum beherbergt. Dieses darf sich rühmen, über die weltweit größte Schumann-Sammlung mit mehr als 4000 Originalhandschriften von Robert Schumann und seiner Gattin, der Pianistin Clara Wieck, zu verfügen.

Denkmal von Komponist Robert Schumann auf dem Hauptmarkt in Zwickau. – Foto Karsten-Thilo Raab

Zudem wurde dem berühmtesten Sohn der Stadt nur einen Steinwurf von seinem Geburtshaus entfernt ein Denkmal gesetzt. So wie Künstler Johannes Hartmann ihn 1901 schuf, schaut der große Komponist auf einem Stuhl sitzend, das Haupt nachdenklich in die linke Hand gestützt, mit etwas verträumtem Blick von einem Sockel auf seine Heimatstadt. Und er sieht eine Stadt, in der die Zeit hier und da einwenig still zu stehen scheint.

Spätgotische Gewandhaus

Das Gewandhaus in Zwickau beherbergt seit 1823 das städtische Theater. – Foto Karsten-Thilo Raab

Vereinzelt ragen noch immer Plattenbauten als stumme Zeugen der DDR-Geschichte in den Himmel. Dazwischen Häuser, die darauf warten, dringend saniert zu werden. Gegenüber der St. Marienkirche, dem prächtigen Dom der Stadt, bietet ein Händler Pferdefleisch und -wurst feil, während das kleine Museum in den mittelalterlichen Priesterhäusern auf der gegenüberliegenden Seite des Gotteshauses die Stadtgeschichte anschaulich aufarbeitet.

Zwickau
Die viertgrößte Stadt in Sachsen steht noch heute im Zeichen der Autombilindustrie. – Foto Karsten-Thilo Raab

Sehenswert sind daneben das historische Rathaus mit der Rats- und Jacobskapelle und das zwischen 1522 und 1525 im spätgotischen Stil errichtete Gewandhaus. In diesem ist seit 1823 die städtische Bühne zu Hause. Und noch ein architektonische Juwel hat Zwickau zu bieten: Das Johannisbad. Das beeindruckende Jugendstilbad erweist sich als ein architektonisch verzauberndes Kleinod. Es vereint Epochen wie Jugendstil und Neogotik mit einem Hauch orientalischer Badekultur und beherbergt eine Sauna nebst Wellnessbereich. Ein Stück Stadtgeschichte also, in das es sich im wahrsten Sinne des Wortes entspannt abtauchen lässt. Weitere Informationen unter www.zwickau.de.