
Wer durch Wales reist, reibt sich beim Anblick der Ortsschilder nicht selten verwundert die Augen. Schier unaussprechlich Wortungetüme wie Ystrad Flwr, Yr Wydffa oder Ynys Gybi fallen in den Blick. Schnell kommt der Verdacht auf, dass in diesem Teil Großbritanniens eine akute Vokal-Armut herrscht, gepaart mit einer grausamen Doppel-L- und Ypsilon-Flut sowie eine schier unermesslichen Konsonanten-Schwemme.
Und doch hat das Unaussprechliche auch seinen Reiz. Wie sonst ließe sich erklären, dass die 3.000-Seelen-Gemeinde Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch im Süden der Insel Anglesey zu den meist besuchten Plätzen des Landes zählt?

Hauptattraktion ist hier nämlich weder ein Castle, noch ein Museum, sondern der viktorianische Bahnhof mit den Schildern des schwer einprägsamen Namens. Der mit 58 Buchstaben längst Name Europas bedeutet übersetzt etwa so viel wie „Die Kirche in einer Mulde weißer Haseln in der Nähe eines schnellen Wirbels und in der Gegend der Thysiliokirche, die bei einer roten Höhle liegt“.

Eigentlich heißt der Ort „schlicht“ Llanfair Pwllgwyngyll, was allein schon beim Versuch, den Namen auszusprechen, bei allen Nicht-Muttersprachlern unweigerlich für Sprachstörungen sorgt. Ungeachtet dessen wollten sich die Bewohner des eher gesichtslosen Städtchens im 19. Jahrhundert, in einer Zeit des beginnenden Tourismus, nicht mit ihrem ursprünglichen Städtenamen begnügen.

Schließlich wurde gerade die Eisenbahnstrecke von London über Manchester nach Holyhead gebaut. Und da sollte frühzeitig sichergestellt werden, dass der Zug nicht ohne Llanfair Pwllgwyngyll abfährt beziehungsweise an diesem vorbeirauscht. Kurzum wurde der erste und wohl auch nachhaltigste PR-Gag des viktorianischen Großbritanniens entwickelt, in dem aus allem, was der Ort zu bieten hat, ein einzige Wort gebildet wurde.

Mit Erfolg. Denn noch heute reisen ganz Busladungen voller Touristen aus aller Herren Länder nach Llanfair Pwllgwyngyll, um am Bahnhof ein Erinnerungsfoto mit der Aufschrift „Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch“ zu schießen. LINK-NAME

Die Waliser selber nennen den Ort übrigens schlicht „Llanfairpwll“ und die Engländer zumeist „Gogogoch“. Überaus passend ist zudem die Tatsache, dass das walisischen Städtchen mit dem im Guinness Buch der Rekorde verewigten Namen eine Städtepartnerschaft mit dem nordfranzösischen 100-Seelen-Dorf Y und dem niederländischen Ee, ein Dorf in Friesland mit 1.100 Bewohnern, unterhält. Weitere Informationen unter www.llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch.co.uk und unter www.visitbritain.de.
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Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.