Wie der Tilsiter in die Ostschweiz kam

Einer der bekanntesten Schweizer Käse ist der Tilsiter. Erst über Umwege kam er in den Thurgau. Aus Tilsit im ehemaligen Ostpreussen kehrte der Thurgauer Otto Wartmann 1893 heim und brachte das Rezept mit. Zu Ehren des feinen Käses benannte man den Weiler der Käserei Wartmann 2007 sogar in „Tilsit“ um. (Foto: ww.tilsiter.ch)
Einer der bekanntesten Schweizer Käse ist der Tilsiter. Erst über Umwege kam er in den Thurgau. (Foto: ww.tilsiter.ch)

Der Käse gehört zur Schweiz wie das Fondue zu Silvester. Einer der bekanntesten Schweizer Käse, der Tilsiter, ist allerdings erst über Umwege in die Ostschweiz gelangt. Solche und weitere Geschichten rund um die kulinarischen Spezialitäten der Schweizer Schlemmerregion am Bodensee erfahren Geniesser auf einer Tour durch Mostindien, so der Spitzname des Kantons.

Schweizer Auswanderer verbreiteten die Kunst des Käsens in vielen Ländern. So auch im einstigen Ostpreussen, das heute zu Russland gehört. Von dort, aus einem Städtchen namens Tilsit, kehrte der Thurgauer Otto Wartmann 1893 heim. In der Manteltasche hatte er ein Käserezept. Er verfeinerte es auf dem Holzhof bei Weinfelden im Thurgau. Der Tilsiter war in der Schweiz angekommen. Auf dem Holzhof stellt heute die fünfte Generation der Familie Wartmann den „Tilsiter Switzerland“ her. Erst im Jahr 2007 wurde der Weiler sogar in Tilsit umbenannt. Im heutigen Russland ist der Name längst von der Landkarte verschwunden.

In fünfter Generation produziert Familie Wartmann den berühmten Tilsiter auf dem Holzhof nahe Weinfelden. (Foto: PR2)
In fünfter Generation produziert Familie Wartmann den berühmten Tilsiter auf dem Holzhof nahe Weinfelden. (Foto: PR2)

Welch harmonische geschmackliche Melange Käse und Äpfel eingehen, schmeckt man im Thurgau auf Schritt und Biss. Den Spitznamen Mostindien verdankt der Kanton seiner dreieckigen Form und den weit verbreiteten Obstbaumwiesen. Die Mosterei Möhl in Arbon saftet Äpfel zu erfrischenden Getränken ohne und mit Alkohol. Der Gründer der alteingesessenen Thurgauer Mosterei, Hans-Georg Möhl, baute 1895 den ersten eigenen Saftkeller. Heute führen die Brüder Markus und Ernst Möhl das Unternehmen in vierter Generation. Im Brennerei- und Saftmuseum sind historische Maschinen und Geräte zu sehen. Bei einem Betriebsrundgang hören und schmecken die Gäste Saftiges rund um Elstar, Rubinette und Co.

Apfelschwere Obstbäume, Panoramasicht auf den Bodensee und 16 Infostationen säumen den neun Kilometer langen familienfreundlich angelegten Obstlehrpfad in Altnau, dem Apfeldorf am Thurgauer Bodensee. Betreut wird der Themenweg von Familie Barth, Gastgeber auf dem Feierlenhof. Ferienwohnungen im Bauernhof laden zu gemütlichen Urlaubstagen ein, beim Sonnenaufgangsfrühstück geniessen die Gäste Zopf und Bauernbrot, Marmeladen, Säfte, Früchte, Käse und Wurst aus der Region und einen Sonnenaufgang wie aus dem Bilderbuch. Besonders Kinder freuen sich über die Bekanntschaft mit Gänsen, Ziegen, Lamas, Kühen, Pfauen, Hund und Katz. Zur nachhaltigen Erinnerung können die Besucher einen Baum pflanzen oder für bestehende Apfelbäume die Patenschaft übernehmen.

Blick über den Untersee auf den Fischerort Ermatingen- (Foto: Thurgau Tourismus)
Blick über den Untersee auf den Fischerort Ermatingen- (Foto: Thurgau Tourismus)

„O Land, das der Thurstrom sich windend durchfliesst, dem herrlich der Obstbaum, der Weinstock entspriesst“, so heißt es im Thurgauerlied, denn neben dem Apfelanbau ist der Weinbau ein bedeutender Wirtschaftszweig des Thurgaus, auch bekannt als Chianti des Nordens. Sogar eine weltweit verbreitete Rebsorte ist nach dem Kanton benannt: Der Thurgauer Rebforscher Hermann Müller kreuzte 1882 aus Riesling und Madeleine Royale die Sorte Müller-Thurgau. Am Ottenberg im Thurtal arbeitet eine junge Generation von Winzern daran, aus ihrem Wein den besten Tropfen des Kantons zu machen.

Gottlieber Hüppen sind die Vierten im Quartett der Thurgauer Spezialitäten. Bereits Louis Napoleon, der spätere Kaiser Napoleon III., der im Thurgauer Schloss Arenenberg aufwuchs, liebte das zarte Waffelgebäck. Im malerischen Gottlieben, mit 320 Einwohnern und 0,4 Quadratkilometern eine der kleinsten Schweizer Gemeinden, sind Hüppen seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Elisabeth Wegeli gilt als Gründermutter der Gottlieber Hüppenproduktion, und als sie 1928 auf die Idee kam, die ursprünglich hohlen Waffelröllchen mit Schokocreme zu füllen, begann der Siegeszug der Hüppen, deren Teig maximal 0,7 Millimeter dünn ist. Das Gebäck gehört zum kulinarischen Erbe der Schweiz und wird in Gottlieben auf traditionelle Art einzeln gebacken und gerollt. Weitere Informationen unter www.thurgau-tourismus.ch.

Buchtipp: Mike Bartel: Torkelnd um den Bodensee – Schräge Menschen in ihrem natürlichen Umfeld, ISBN: 978-3-939408-20-8. Erhältlich ist die amüsante Reise um den Bodensee für 11,95 Euro im Buchhandel oder direkt beim Westflügel Verlag.


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