Menschen im Rentenalter sind heute so reisefreudig wie nie zuvor – sie fahren sogar häufiger in den Urlaub als junge Singles, und viele scheuen auch vor Fernreisen nicht zurück. Bei aller Rüstigkeit sollten jedoch altersspezifische Risiken nicht völlig außer Acht gelassen werden, mahnt Professor Dr. med. Robert Steffen vom Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich. So haben immerhin zwei Drittel der Über-60-Jährigen einen behandlungsbedürftigen Bluthochdruck.
Von Bluthochdruck oder Hypertonie spricht man, wenn die Blutdruckwerte des Patienten anhaltend über 140/90 mm Hg liegen. Um Hochdruck-Folgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Schädigung der Nieren oder der Augennetzhaut zu vermeiden, muss der Blutdruck möglichst konsequent unter diesen Grenzwert gesenkt werden. „Besonders vor Fernreisen sollte der Blutdruck stabil eingestellt sein“, sagt Steffen – umso besser könnten Schwankungen durch Stress, Anstrengung, Schlafmangel, Zeitverschiebung oder Klimaveränderung abgefedert werden.
Engmaschige Kontrolle des Blutdrucks
Um die Medikation während der Reise anpassen zu können, gehört ein persönliches Messgerät ins Gepäck speziell von Hypertonikern auf Rundreisen. Auch bei Patienten die zu einem „Weißkittel-Syndrom“ neigen sind Selbstmessungen vorzuziehen, obgleich auf Kreuzfahrtschiffen oder in großen Resorts Kontrollen in „Medical Stations“ möglich wären. Wie Steffen betont, besteht auf Reisen eher die Gefahr einer Über- als einer Unterdosierung der Dauermedikation: Besonders in heißen Klimaten, wenn die Hautgefäße sich weiten und der Patient schwitzt, kann der Blutdruck zu stark abfallen. Auch Aufenthalte in großen Höhen tragen zu einem Absinken des Blutdrucks bei. Durch Hitze oder Höhe inklusive Langstreckenflüge steige auch die Gefahr einer Dehydratation. „Unter diesen Bedingungen sollte der Blutdruck vor allem wenn Symptome auftreten, engmaschig kontrolliert werden“, sagt Steffen.
Es könnte auch sinnvoll sein, die Einnahme von Blutdrucksenkern aus der Klasse der Diuretika wie Hydrochlorothiazid (HCT) vorübergehend auszusetzen. Patienten, die diesen Wirkstoff einnehmen, sollten sich möglichst nicht der Sonne aussetzen, denn seit kurzen ist HCT in Verruf geraten, die Häufigkeit der Neuerkrankungen von nicht-melanomartigen bösartigen Tumoren der Haut, dem sogenannten weißen Hautkrebs, zu steigern. Ob diese oder andere Anpassungen der Medikation erforderlich sind, sollte mindestens vier bis sechs Wochen vor der Abreise mit dem behandelnden Arzt diskutiert werden.
Absprache mit dem Arzt
Mit dem Arzt sollte auch abgesprochen werden, was bei auffälligen Messwerten oder plötzlich auftretenden Symptomen wie Kopfschmerzen, beziehungsweise Druck im Kopf, Schwindel oder Herzrasen zu tun ist. Patienten, die bereits Hypertonie-Folgeschäden wie etwa eine eingeschränkte Nierenfunktion entwickelt haben, oder die wiederholt unter Herzproblemen oder Hochdruckkrisen leiden, empfiehlt Steffen auf möglichst gute Behandlungsmöglichkeiten am Urlaubsort zu achten – im Idealfall lässt sich dank guter Einstellung des Blutdrucks eine intensivmedizinische Behandlung im Ausland bei Herzinfarkt oder Schlaganfall aber vermeiden.
Wer regelmäßig Medikamente einnehmen muss, sollte diese in ausreichender Menge mitnehmen und je zur Hälfte im Handgepäck und im Koffer verstauen, um einem Totalverlust vorzubeugen. Hilfreich kann auch eine Liste der benötigten Mittel sein – wenn möglich auch in englischer Sprache oder der Sprache des Gastlandes. Damit können bei möglichen Arztbesuchen aufkommende Fragen leichter geklärt und Ersatz für fehlende Präparate schneller und sicherer beschafft werden. Trotz der Fülle der Vorsichtsmaßnahmen gelten Hypertoniker doch als eher unkomplizierte Reisende. „Prinzipiell bestehen bei guter Blutdruckeinstellung und der Möglichkeit zur Kontrolle unterwegs keine Reise-Einschränkungen“, betont Steffen. Von einem Reiseplan abraten müsse man daher im Rahmen der reisemedizinischen Beratung nur sehr selten. (CRM).
Mortimer
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