Val-Dieu – Bierbrauen wie die belgischen Klosterbrüder

Val-Dieu, Copyright Karsten-Thilo Raab

Die Ahnengalerie in der Abtei von Val-Dieu wirkt stattlich und doch bei genauerem Hinsehen ein wenig irritierend. Die dort abgebildeten Äbte haben eine verblüffende Ähnlichkeit. Mehr noch, es ist immer ein und dieselbe Person. Mal mit Bart, mal ohne. Mal guckt der Abt nach links, mal nach rechts, mal nach oben, mal nach unten. Und immer trägt er einen anderen Namen. Fast scheint es, als hätte in dem 1216 gegründeten Zisterzienserkloster in der Provinz Lüttich in längst vergangener Zeit eine Art mittelalterlicher Kopier-Workshop stattgefunden. Grund ist jedoch, dass die Abtei irgendwann begann, eine Ahnengalerie mit den Konterfeis der bisherigen Äbte zu planen. Da aber von vielen bereits verstorbenen Äbten keine Bilder existierten, reifte die Idee, immer die gleiche Person zu verwenden und deren Aussehen ein wenig zu variieren. Ein Denkansatz, den einige leicht amüsiert mit dem Biergenuss der Mönche in Verbindung bringen. Und diese, obwohl die Klosterbrüder hier schon lange nicht mehr anzutreffen sind. 2001 mussten die drei verbliebenen, hoch betagten Mönche die Abtei schweren Herzens aufgeben. Geblieben ist aber neben der imposanten Kirche und den sehenswerten Abteigebäuden die Tradition des Bierbrauens.

Val-Dieu, Copyright Karsten-Thilo Raab„Val-Dieu ist das einzige Abteibier Belgiens, das tatsächlich noch in einer Abtei gebraut wird“, verkündet Gästeführerin Marie-Louise Raemaekers nicht ohne Stolz. Gebraut werden in dem Kloster rund vier Kilometer außerhalb von Aubel ein helles Bier, das „Blonde“, mit sechs Prozent Alkohol; ein dunkles, das „Brune“ mit einem Alkoholgehalt von acht Prozent, sowie das „Triple“ mit einem Alkoholgehalt von neun Prozent. 80.000 Liter beträgt der Ausstoß pro anno. Bis 2016 will das fünfköpfige Team um die gerade einmal 32-jährige Braumeisterin Virgine Harzé die Menge sogar verdoppeln.

Val-Dieu, Copyright Karsten-Thilo RaabZwar ist Val-Dieu noch immer im Besitz des Ordens, doch um die Pflege und den Unterhalt der historischen Stätte kümmert sich heute eine christliche Glaubensgemeinschaft, deren wichtigstes finanzielles Standbein der Brauereibetrieb ist. Ein bisschen dazu beigetragen, die Kosten zu decken, hat auch eine deutsche Fernsehproduktion. Denn im Jahre 2011 diente Val-Dieu in der Wilsberg-Reihe als Kulisse für die ZDF-Verfilmung des Krimis „Im Namen der Rosie“ mit Leonard Lansink als Wilsberg und Oliver Korittke als sein Freund Ekki in der Hauptrolle.

„Man kann beten, so viel man will. Das Geld fällt nicht vom Himmel“, umreißt die Marie-Louise Raemaekers die Motivation für den Produktionseifer der Brauer. Trotz moderner Technik wird bis ins kleinste Detail an den Originalrezepten der Abtei festgehalten. Nur das Wasser aus dem Flüsschens Berwinne, das unmittelbar vor den Klostermauern vor sich hin plätschert, ist der einzige Bestandteil, auf den heute verzichtet wird.

Kurioserweise war es eben genau dieses Flüsschen, das entscheidend mit dazu beitrug, dass sich Mönche aus dem Kloster Eberbach im Rheingau zu Beginn des 13. Jahrhundert in diesem entlegenen Tal ansiedelten, um ein Leben abseits der weltlichen Versuchungen zu pflegen. Das vorwiegend sumpfige Tal war perfekt. Hier fanden die Mönche nicht nur genügend Brenn- und Bauholz sowie fruchtbaren Boden für den Getreideanbau, sondern vor allem Wasser als Antriebskraft für die Mühle.

salle du chapitre Belgique Wallonie Aubel Abbaye du Val Dieu brasserie„Das Wasser der Berwinne war nicht trinkbar. Erst durch den Zusatz von Hopfen und Hefe wurde es genießbar“, weiß Marie-Louise Raemaekers um die Anfänge des Bierbrauens in Val-Dieu vor mittlerweile fast 900 Jahren. Die Mönche waren in jenen Tagen reine Selbstversorger. Alles, was sie zum Leben brauchten, bauten sie selber an oder stellten es selber her. Als reine Vegetarier nahmen die Abteibewohner im Sommer nur eine, im Winter zwei Mahlzeiten zu sich.

„Wo ein Brauer ist, braucht man bekanntlich keinen Bäcker“, flachst Marie-Louise Raemaekers, wohl wissend, dass die Mönche ihrem Körper beim Trinken des obergärigen Bieres gleichzeitig wichtige Proteine zuführten.  Der Hefesatz, der beim Einschenken in der Flasche bleibt, sei, so die Expertin weiter, zudem sehr vitaminreich und sollte daher unbedingt mit verköstigt werden.

„Weil die Biere so stark sind, trinkt man sie nicht wie ein deutsches Pils, sondern eher langsam und genussvoll wie einen Wein“, warnt Marie-Louise Raemaekers. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum die obligatorische Bierprobe erst am Ende des kurzweiligen Rundgangs erfolgt. Auch wenn manch einer beim Blick auf die Ahnengalerie im Speisesaal schon vollkommen nüchtern das Gefühl hatte, irgendwie doppelt zu sehen.

Informationen: Belgien-Tourismus Wallonie-Brüssel, Cäcilienstraße 46, 50667 Köln, Telefon 0221-277590, Fax 0221-27759100, info@belgien-tourismus.de, www.belgien-tourismus.net

Lage: Die Abtei von Val-Dieu liegt vie Kilometer außerhalb Aubel im Herver Land, mitten im Dreieck Lüttich-Maastricht-Aachen, je zehn Fahrminuten von der Autobahn Lüttich-Maastricht (E 25) oder Lüttich-Aachen (E 40) entfernt.

Eglise Belgique Wallonie Aubel Abbaye du Val Dieu brasserieZisterzienserklosters Val-Dieu, Route de Val-Dieu 227, 4880 Aubel, Belgien, Telefon 0032-(0)87-692828, www.abbaye-du-val-dieu.be, www.val-dieu.net. Eine zweieinhalbstündige Führung durch die Abtei und Brauerei mit anschließender Bierprobe kostet 10 Euro.

Übernachtung: Jala Hotel, rue Jaspar 2, 4000 Liège, Belgien, Telefon 0032-(0)4-2307330, www.jalahotel.com. Das zentral gelegene Vier-Sterne-Haus bietet großzügige und hochmodern eingerichtete Doppelzimmer ab 150 Euro pro Nacht an.

Essen & Trinken: Le Casse-Croûte de Val-Dieu, Val-Dieu 226, 4880 Aubel, Belgien, Telefon 0032-(0)87-692848. Das in den ehemaligen Abtei-Stallungen untergebrachte und spartanische eingerichtete Restaurant bietet Deftiges aus der wallonischen Küche wie „Jambonneau á la biére“ – Vorderschinken in Biersauce zu kleinen Preisen.

Restaurant Vaudrée, Rue Saint Gilles, 130, 4000 Liège, Belgien, Telefon 0032-(0)4-2231880, www.vaudree-concept.be. Das wallonische Restaurant im Herzen von Lüttich hat mehr als 1.000 verschiedene Biere im Aushang.

Tipp: Bei Belgien Tourismus Wallonie-Brüssel kann kostenlos eine Belgien-Karte mit Informationen zu 140 Brauereien, 16 Biermuseen, 108 Bierkneipen, 17 Bierfestivals sowie 93 Bierläden bestellt werden.


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