Agatha Christie würde ihre Freude haben. Ganze Scharen von Krimiautoren finden hier Inspiration für ihre mörderischen Geschichten und manch einer, der sich eines lästigen oder unbequemen Zeitgenossen entledigen möchte, kommt hier auf die abstrusesten Gedanken. Nicht von ungefähr gehört der Giftgarten zu den Hauptattraktionen der Alnwick Gardens. Hinter meterhohen Zäunen sind hier im Nordosten Englands gefährliche Pflanzen von Belladonna, der Schwarzen Tollkirsche, bis hin zu Brechnuss, Magic Mushrooms, Opium und Cannabis ausgestellt. Der Zutritt ist nur in Begleitung von speziell ausgebildeten Führern erlaubt. Und diese haben ein Fülle an hoch spannenden Geschichten über die Pflanzen, ihre Wirkung und ihren Missbrauch im Gepäck.
Herzögliche Initialzündung
„Drogenbesitz ist in diesem Land illegal – vielleicht liegt darin die Faszination“, mutmaßt Jools angesichts der nicht enden wollenden Besucherströme im „Poison Garden“. Die ehemalige Balletttänzerin gehörte in Alnwick quasi lange zum Inventar. Noch bevor die Gärten im Jahre 2001 ihre Pforten öffneten, tauschte die gertenschlanke junge Dame mit der markanten Nase im Mike-Krüger-Look die Bretter, die die Welt bedeuten, gegen eine Anstellung in den Alnwick Gardens. Ebenso wie die Herzogin von Northumberland, die Initiatorin der Gartenattraktion, ist Jools nach eigenen Bekundungen „a mad keen gardener“ – ein passionierter Gärtner. Und sie ist stolz darauf, das prestigeträchtigste Projekt ihrer Heimatstadt von Beginn an begleitet zu haben.
Lebenswerteste Stadt Großbritianniens
Mitte der 1990er Jahre waren in Alnwick, das unlängst zur „lebenswertesten Stadt Großbritanniens“ gekürt wurde, Pläne gereift, das Areal der heutigen Gärten als Bauland zu erschließen und in Parkplätze für die 8.500-Seelen-Gemeinde umzuwandeln. Doch Jane Percy, wohlhabende Herzogin und vierfache Mutter, hatte andere Vorstellungen, was mit dem weitläufigen Gelände zwischen dem Castle und der Stadt geschehen sollte. Die Dutchess rief den Alnwick Garden Trust als Träger des künftigen botanischen Gartens ins Leben und überredete ihren Mann, den Herzog von Northumberland, das fünf Hektar große Gelände an die Stiftung zu übertragen. Gleichzeitig mit den Vorarbeiten begann ein Heer von Freiwilligen im Jahre 1996 damit, Spenden für den Bau der neuen Topattraktion im ländlichen Northumberland zu sammeln.
Grandiose Baumhauspracht
Fünf Jahre wurde hinter den meterhohen Bruchsteinmauern fieberhaft gearbeitet, ehe die Alnwick Gardens im Jahre 2001 feierlich eröffnet wurden. Seither strömen jährlich rund eine halbe Million Besucher in den Nordosten Englands, um sich von der grandiosen Pflanzenwelt des liebevoll angelegten Gartens faszinieren und inspirieren zu lassen. Am Eingang sticht den Naturliebhabern aus allen Herren Ländern sogleich das wohl größte Baumhaus der Welt ins Auge. Das Konstrukt aus Turmhäuschen, Seilbrücken und Hochwegen misst stolze 2.000 Quadratmeter und verfügt über ein ungewöhnliches Restaurant, in dem nostalgische Ochsengespanne zu Sitzmöbeln umfunktioniert wurden.
Faszinierende Wasserspiele
Zu den markantesten Features des Gartens gehört ganz sicher auch die Grand Casscade. Pro Minuten stürzen 33.000 Liter Wasser die Kaskade mit ihren 21 Staustufen hinunter, begleitet vom Wasserspiel von nicht weniger als 120 Fontänen, deren Wasserstrahl bis zu sechs Meter hochschießt. Durch ein 500 Jahre altes, schmiedeeiserne Tore geht es oberhalb der Kaskade in den Ziergarten. Allein in dem, von einer Mauer eingefassten „Ornamental Garden“ gedeihen nicht weniger als 16.500 Pflanzen. Von Lavendel und Obstbäumen gesäumte Pfade wechseln mit Kieselbächen und Buchsbaumhecken.
Eigene Züchtung: die Alnwick Rose
Kaum minder attraktiv gestaltet sich der Rosengarten. Hier fällt die gesammelte Pracht von 3.000 Rosenarten ins Auge – darunter auch spezielle Züchtungen wie die doppelköpfige, pinkfarbene „Alnwick Rose“. Direkt angrenzend lädt das Bambuslabyrinth von Adrian Fisher in einem windigen Winkel des Gartens zu einem kleinen Abenteuer ein. Das permanente Rascheln der Blätter und Bambusrohre erhöht die Verwirrung bei Groß und Klein auf der Suche nach dem schnellsten Weg durch das Wegegewirr.
Wasserskulpturen von William Pye
„Die meisten haben aber wieder herausgefunden“, lacht Jools, während sie über eine weitere Besonderheit von Alnwick ins Schwärmen gerät, den Serpent Garden. Hier gruppieren sich acht ungewöhnliche Wasserskulpturen von William Pye zu einer eigenwillig geformten Schlange.
Wie eine schöne Frau…
Die Gärten sind für mich wie eine super schöne Frau. Ob mit Make-up oder ohne – sie ist immer einer Augenweide. Das gilt auch für Alnwick, das sich zu jeder Jahreszeit durch einen ganz ureigenen Charme auszeichnet“, unterstreicht Jools, wohl wissend, dass 50 Mitarbeiter und freiwillige Helfern bemüht ist, die „schöne Frau“ weiter herauszuputzen. So oder so sind die Alnwick Gardens ein Gartenparadies inmitten der herrlichen Landschaft von Northumberland, die viele auf ihrer Reise nach Schottland fälschlicherweise links liegen lassen. Weitere Informationen unter www.alnwickgarden.com.
Harry Potter lässt grüßen
In unmittelbarer Nachbarschaft zu den Alnwick Gardens befindet sich Alnwick Castle. Der sehenswerte Wohnsitz des Duke of Northumberland war Drehort so bekannten TV-Serien wie „Blackadder“ mir Rowan Atkinson alias Mr. Bean und Kulisse für Kinohits wie „Robin Hood – Könige der Diebe“, das Melodrama „Elizabeth“ und die Harry-Potter-Filme, wo es einen Teil von Hogwarts Castle darstellte. Weitere Informationen unter www.alnwickcastle.com.
Der Buchtipp für England-Liebhaber
Obwohl der Titel von Time for tea, sex and fun auf Englisch ist, wirft das amüsante wie lehrreiche Buch auf Deutsch mit viel Esprit einen liebenswerten Blick auf unsere englischen, schottischen und walisischen Freunde.
Demnach ist klar, dass es alle Arten von Briten gibt – große und kleine, hübsche und hässliche, dicke und dünne, freundliche und aggressive. Einige haben blonde Haare, einige braune, einige schwarze oder graue. Einige gar keine. Besonders in sonnigen Gefilden ist der ansonsten eher nordisch-blasse Brite daran zu erkennen, dass er nach einem Sonnenband wie ein abgebrühter Hummer aussieht, sich aber nichtsdestotrotz lustig weiter Tag für Tag in die pralle Sonne legt.
Doch der Brite ist nicht nur gegen Hitze resistent, auch jegliches Kälteempfinden scheint ihm fremd. Wer diese stereotypen Ansichten teilt oder Bestätigung für diese sucht, wird in Time for tea, sex and fun von Mortimer Reisemagazin Redakteur Karsten-Thilo Raab ebenso fündig werden, wie derjenige, der seine alten, verkrusteten Ansichten über die Briten endlich ins rechte Licht rücken möchte. Auf jeden Fall dürfte in dem Buch viel Interessantes, Kurioses, Unterhaltsames und Wissenswertes über die Briten und ihre Lebensgewohnheiten zu entdecken sein.
Erhältlich ist Time for tea, sex and fun (ISBN 978-3711527257) von Karsten-Thilo Raab für 18 Euro im Buchhandel oder online bei allen gängigen Versandbuchhändlern wie Thalia, JPC oder Amazon.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.