Springfield auf den Spuren von Abraham Lincoln

Abraham Lincoln
Auf den Spuren von Abraham Lincoln lässt sich in Springfield viel Faszinierendes entdecken. – Foto Karsten-Thilo Raab

Tag und Nacht erschüttert immer wieder ein Dröhnen die Stille, wenn die Amtrak-Züge mit lautem Hupen durch Downtown Springfield rollen. Ansonsten wirkt die Hauptstadt des US-Bundesstaates Illinois eher ein wenig verträumt und beschaulich. Dennoch kann die 120.000-Seelen-Gemeinde an der legendären Route 66 von sich behaupten, zumindest politisch alles andere als ein weißer Fleck auf der Landkarte zu sein. Zu verdanken hat die Stadt ihre Berühmtheit vor allem einen Mann: Abraham Lincoln. Der bis heute hoch verehrte 16. Präsident der Vereinigten Staaten, der sich insbesondere einen Namen damit machte, die Sklaverei beendet zu haben, wirkte und lebte vor seiner Wahl ins Weiße Haus in Springfield.

Abraham Lincoln
Abraham Lincoln genießt bis heute große Ansehen nicht nur in den USA. – Foto Karsten-Thilo Raab

Noch heute ist die Begegnung mit „Honest Abe“, dem „ehrlichen Abe“, in der Stadt, die sich ihren Namen mit nicht weniger als drei Dutzend anderen Städten in den USA teilt, unausweichlich. Das Licht der Welt erblickte Lincoln am 12. Februar 1809 auf der Sinking Spring Farm nahe Hodgenville in Kentucky, wo er unter bescheidensten Verhältnissen in einer Blockhütte aufwuchs. Er machte zunächst als Anwalt Karriere und siedelte in das heutige Springfield, wo er auch als Politiker im Repräsentantenhaus Fuß fasste, ehe er 1861 zum US-Präsidenten gekürt wurde.

Halbes Dutzend Lincoln-Denkmäler

Mary und Abraham Lincoln in der Ausstellung im Abraham Lincoln Presidential Library and Museum. – Foto Karsten-Thilo Raab

Seine Präsidentschaft gilt bis heute als eine der bedeutendsten in der US-Geschichte. So verwundert es nicht, dass Lincolns Spuren in Springfield und in weiten Teilen von Illinois auch heute noch allgegenwärtig sind. Nicht von ungefähr ziert der Slogan „Land of Lincoln“ seit 1954 die Kfz-Kennzeichen des US-Staates.

Statue von Abraham Lincoln vor dem State Capitol in Springfield. – Foto Karsten-Thilo Raab

„To this place and the kindness of these people I owe everything“, soll Abraham Lincoln einmal mit Blick auf seine Wahlheimat Springfield gesagt haben. Eine besondere Liebeserklärung an eine Stadt und ihrer Einwohner, denen „Abe“, wie er sagt, alles zu verdanken habe. Eine Einschätzung, die sicher ein Stück weit auf Gegenseitigkeit beruht. So finden sich in Springfield heute allein ein halbes Dutzend an Lincoln-Denkmälern. Bedeutender noch ist die Lincoln Home National Historic Site. Eingebettet in einige sehenswerte Museumsstraßen mit prächtigen Häusern aus dem 19. Jahrhundert findet sich das einzige Haus, das Lincoln je besaß. 17 Jahre lang lebte er hier zusammen mit seiner Ehefrau Mary und seinen vier Kindern.

Lincolns einziges Haus

Eher bescheiden mutet das ganz aus Holz errichtete Lincoln-Home in Springfield an.

Das Lincoln Home ist in den Ursprungszustand des Jahres 1860 zurückversetzt worden und vermittelt einen intimen Blick in das Privatleben des Ehemanns, Vaters und Politikers, der wenig später die Geschicke der USA leiten sollte. Nach seiner Wahl zum Präsidenten sagte Lincoln vor der Abfahrt nach Washington DC noch an der Türschwelle die Worte: „Ich gehe jetzt, ohne zu wissen, wann oder ob ich jemals zurückkehren werde.“

Abraham Lincoln
Auch das Schlafzimmer von Abraham Lincoln war alles andere als luxuriöse. – Foto Karsten-Thilo Raab

Tatsächlich sollte Lincoln nicht mehr nach Springfield zurückkehren. Zumindest nicht lebend. Denn er war traurigerweise auch der erste Präsident der USA, der einem Attentäter zum Opfer fiel. In dem vom Bürgerkrieg zerrütteten USA hatte Lincoln nicht nur Freunde. Als er die Sklaverei beendete, fiel er insbesondere bei den Südstaatlern in Ungnade. Am 14. April 1865 besuchte er mit seiner Frau Mary das Ford’s Theatre in Washington DC. Während der Vorstellung verschaffte sich der Schauspieler John Wilkes Booth, ein fanatischer Sympathisant der Südstaaten, Zutritt zur Loge des Präsidenten und schoss ihm aus nächster Distanz in den Kopf. Tags darauf verstarb Lincoln, ohne das Bewusstsein noch einmal wiedererlangt zu haben.

Letzte Ehre von 75.000

So soll der Sarg von Abraham Lincoln ausgesehen haben. – Foto Karsten-Thilo Raab

Sein Leichnam wurde mit dem Zug zurück nach Springfield gebracht und zunächst im Old State Capitol aufgebahrt. In dem von 1840 bis 1876 als Regierungssitz und Gericht genutzten Prachtbau hatte „Abe“ als Anwalt am Supreme Court manches juristisches Sträußchen ausgefochten und eine erste, wichtige Etappe seiner politischen Laufbahn als Abgeordneter genommen. Mehr als 75.000 Menschen erwiesen ihm hier die letzte Ehre. Am 5. Mai 1865 schließlich wurde Abraham Lincoln auf dem Oak Ridge Cemetery beigesetzt. Zum majestätische Lincoln Tomb mit seinem 36 Meter hohen Obelisken gehört auch eine beeindruckende, bronzene Gesichtsskulptur. Deren Nase ist blank gescheuert, weil nahezu alle Besucher an ihr kurz reiben, weil dies angeblich Glück verheißen soll.

Die Totenmaske von Lincoln im Abraham Lincoln Presidential Library and Museum. – Foto Karsten-Thilo Raab

Glück, das „Abe“ nicht immer hold war. Dieser Eindruck entsteht zumindest beim Besuch des absolut grandiosen Abraham Lincoln Presidential Museums. Multimedial, unterhaltsam und überaus lehrreich wird hier das das Leben des 16. US-Präsidenten anschaulich aufgearbeitet. Dabei lassen sich die einstigen politischen Debatten ebenso hautnahe erleben, wie der Weg ins Weiße Haus und die Jahre als Präsident bis hin zu seiner Ermordung.

Größer als das Capitol in Washington

Überaus beeindruckend ist die multimediale Ausstellung im Abraham Lincoln Presidential Library and Museum. – Foto Karsten-Thilo Raab

Besonders spektakulär mutet mit „Lincoln’s eyes“ eine 4D-Präsentation über Springfields bedeutendsten Sohn an. Dabei wird das Porträt eines gespaltenen Mannes nachgezeichnet – hin und her gerissen zwischen Trauer durch den Tod der Mutter, der Geliebten und der Kriegsgeschehnisse und einer gewissen Fröhlichkeit sowie der großen Eloquenz als Redner und vehementen Befürworter der Chancengleichheit.

Als Präsdent war Lincoln uzu Lebenszeiten nicht unumstritten. – Foto Karsten-Thilo Raab

Während am Union Square Park sein Denkmal den Eingang zu der kleinen Grünanlage ziert, erhebt sich seine Statue auch vor dem Illinois State Capitol. Das Repräsentantenhaus, dessen Kuppel mit 110 Metern höher ist als die des weit bekannteren Capitol-Gebäudes in Washington DC, besticht einerseits durch seine Architektur, andererseits durch eine Vielzahl an Kunstwerken und Skulpturen. Müßig zu erwähnen, dass sich darunter auch eine weitere von Abraham Lincoln befindet.

Ein Garten als lebendes Denkmal

Die Lincoln Grabstätte mit dem mächtigen Obelisken auf dem Oak Ridge Cemetery

Als lebendes Denkmal für den großen Staatsmann will Springfield auch den im Jahre 1936 nach Plänen des Landschaftsarchitekten Jens Jensen angelegten Lincoln Memorial Garden verstanden wissen. Der Garten am Ufer des Lake Springfield beheimatet ausschließlich Pflanzen, die aus den drei US-Staaten, in denen Lincoln gelebt habt, stammen. Also aus Illinois, Indiana und Kentucky.

Das Illinois State Capitol in Springfield ist höher als das berühmtere Capitol Gebäude in Washington DC. – Foto Karsten-Thilo Raab

Wer noch mehr über das Leben und Wirken von Abraham Lincoln erfahren möchte, dem sei ein Abstecher zur Lincoln’s New Salem State Historic Site im nahegelegenen Petersburg empfohlen. Das Freilichtmuseum besteht aus einem wieder aufgebauten Dorf mit 23 Blockhäusern, in denen Lincoln in jungen Jahren gelebt und gearbeitet hat. New Salem war in den 1830er Jahren ein Handelsstützpunkt und ermöglichte es einem jungen Mann wie Lincoln, verschiedene Berufe auszuüben, bevor er sich auf die Rechtswissenschaften und Politik konzentrierte.

Museum für Rededuelle

Figuren der Lincoln-Familie vor dem Nachbau des Weißen Hauses in der Ausstellung im Abraham Lincoln Presidential Library and Museum. – Foto Karsten-Thilo Raab

Lohnend ist auch ein Abstecher an das Ufer des Mississippi. Die dortigen Kleinstädte Quincy und Alton waren Schauplätze der legendären Rededuelle zwischen Abraham Lincoln und Stephen Douglas im Jahre 1858. Sie erregten großes Aufsehen, weil es bei ihnen weniger um die Belange des US-Bundesstaates als vielmehr um die Sklaverei ging. Zudem gelten die Debatten als die ersten öffentlichen Rededuelle in den USA, denen in Charleston sogar ein kleines Museum gewidmet ist, das Lincoln Douglas Debate Museum.

Das Wichtigeste zu Springfield in Kurzform

Die Kuppel des State Capitol in Springfield ist 110 Meter hoch. – Foto Karsten-Thilo Raab

Informationen: www.enjoyillinois.de. www.visit-springfieldillinois.com sowie unter www.lookingforlincoln.com

Sehenswertes: Abraham Lincoln Presidential Library and Museum, 112-212 North Sixth Street, Springfield, Tel. 01-(0)800-610-2094, www.presidentlincoln.illinois.gov und www.alplm.org. Geöffnet täglich von 9 bis 17 Uhr; Eintritt für Erwachsene 15 US-Dollar, ermäßigt 12 Dollar und Kinder 6 Dollar.

Blick in den Parlamentssaal im State Capitol in Springfield. – Foto Karsten-Thilo Raab

Lincoln Home National Historic Site, 426 South, 7th Street, Springfield, Tel. 01-(0)217-3913221, www.nps.gov/liho. Der Eintritt ist frei. Geöffnet täglich 8.30 bis 17 Uhr.

Dana-Thomas-House, 301 East Lawrence, Tel. 01-(0)217-7826776, www.dana-thoms.org. Das Dana-Thomas House wurde 1902 vom Architekten Frank Lloyd Wright entworfen und Haus enthält die größte Sammlung von Einrichtungsgegenständen aus dem Prärie-Stil. Das Haus hat 35 Räume mit 12.000 Quadratmetern Wohnfläche auf drei Hauptebenen und 16 Unter-Ebenen.

Das leibliche Wohl

Allgegenwärtiges Motto in Springfield. – Foto Karsten-Thilo Raab

Essen & Trinken: Cafe Moxo, 411 East Adams Street, Springfield IL 62701, USA, Tel. 01-(0)217-7888084, www.cafemoxo.com. Kleine Speisen und Snacks zu fairen Preisen nur wenige Gehminuten vom State Capitol entfernt – besonders beliebt sind die Sandwich-Varianten und die Hot Pies (kleine Aufläufe).

Obed & Isaac’s, 500 South Sixth, Springfield IL, USA, Tel. 01-(0)217-670-0627, www.obedandisaacs.com. Mikrobrauerei mit kleiner Speisekarte. Besonders populär ist das Horseshoe – ein Sandwich mit Fleischsorte nach Wahl und einer dicken Käsesauce und Pommes.

Natürlich werden auch zahllose Souvenrs mit Lincoln-Konterfei feilgeboten. – Foto Karsten-Thilo Raab

Route 66 Motorheads Bar & Grill, 600 Toronto Road, Springfield, IL 62711, Tel. 01-(0)217-679-7323, www.route66motorheads.com. Das Restaurant an der historischen Route 66 ist vollgestopft mit Auto- und Motoraddevotionalien. Direkt angrenzend findet sich ein kleines Museum mit historischen Schildern, Tankstelleneinrichtungen und Fahrzeugteilen.

Übernachten: State House Inn, 101 E Adams St., Springfield, IL 62701, Tel. 01-(0)217-528-5100, www.statehouseinnspringfield.com. Zentral gelegenes Hotel direkt gegenüber des State Capitols. Doppelzimmer, natürlich mit Lincoln-Bildern an den Wänden, beginnen bei 109 Dollar.

Wissenswertes zu Abraham Lincoln

Die Ausstellung im Abraham Lincoln Presidential Library and Museum zeigt den Präsidenten bei der Arbeit. – Foto Karsten-Thilo Raab

Von 1861 bis zu seiner Ermordung 1865 fungierte Lincoln als 16. Präsident der Vereinigten Staaten. Er war das erste amerikanische Staatsoberhaupt aus den Reihen der Republikanischen Partei und der erste, der einem Attentat zum Opfer fiel. 1860 gewählt, gelang ihm 1864 die Wiederwahl. Seine Präsidentschaft gilt als eine der bedeutendsten in der Geschichte der USA: Die Wahl des Sklavereigegners veranlasste zunächst sieben, später weitere vier der sklavenhaltenden Südstaaten, aus der Union auszutreten und einen eigenen Staatenbund, die Konföderierten Staaten von Amerika, zu bilden. Lincoln führte die verbliebenen Nordstaaten durch den daraus entstandenen Sezessionskrieg. Er setzte die Wiederherstellung der Union durch und betrieb erfolgreich die Abschaffung der Sklaverei in den USA. Unter seiner Regierung schlug das Land den Weg zum zentral regierten, modernen Industriestaat ein und schuf so die Basis für seinen Aufstieg zur Weltmacht im 20. Jahrhundert.

Statue von Abraham Lincoln im State Capitol in Springfield. – Foto Karsten-Thilo Raab

In Lincolns 200. Geburtsjahr trat der erste afroamerikanische Präsident der USA sein Amt an. Barack Obama hatte seine Bewerbung als Präsidentschaftskandidat am 10. Februar 2007 vor dem alten Parlamentsgebäude in Springfield bekannt gegeben. Sowohl bei seiner ersten als auch bei seiner zweiten Amtseinführung in den Jahren 2009 und 2013 legte der 44. Präsident der Vereinigten Staaten seinen Eid auf Lincolns Bibel ab.

Auch amMount Rushmore in South Dakota wurde Lincoln verewigt.

Berühmt ist das Lincoln Monument in Washington, zudem ist Lincoln einer der vier Präsidenten, deren Konterfeis am Mount Rushmore aus dem Fels gehauen wurden.