Marokko – Märchenwelt wie aus 1001 Nacht

Mit ihrer offenen, freiundlichen Art wissen die Marokkaner zu begeistern. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Mit ihrer offenen, freiundlichen Art wissen die Marokkaner zu begeistern. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Auf der einen Seite locken rund 2000 Kilometer Küstenlinie am Mittelmeer und Atlantik, auf der anderen Seite erstreckt sich die Wüste so weit das Auge reicht. Dann wiederum leuchten die schneebedeckten Gipfel der Viertausender des Atlas-Gebirges im gleißenden Sonnenlicht. Keine Frage, Marokko ist ein Land der Gegensätze, ein Land voller Faszination und Andersartigkeit, ein Land, das vielerorts von einem märchenhaften Zauber wie aus 1001 Nacht überzogen ist. Staubige Straßen wechseln mit grünen Oasen, Lehmburgen mit beeindruckenden Minaretten, Moscheen und Palästen. Verschleierte Frauen bestimmen ebenso das Straßenbild wie Teenager in Miniröcken und flippigen Shirts.

Palmengesäumt - das königliche Theater in Marrakesch.
Palmengesäumt – das königliche Theater in Marrakesch.

Nahezu magische Anziehungskraft besitzt die alte Königsstadt Marrakesch – oder genauer gesagt deren historische Altstadt, die Medina. Bereits 1985 wurde der gut 600 Hektar große historische Kern von der UNESCO in den Status des Weltkulturerbes erhoben. Die alte Stadtmauer von 1126, einer mächtiges, bis zu neun Metern hohes Bollwerk aus rotem Lehm, umschließt die Medina mit ihren engen Gassen und alten Herrenhäusern. Diese Stadtpaläste, Riads genannt, öffnen sich zu prächtig begrünten Innenhöfen hin. In den Gassen von Marrakesch herrscht nach dem ersten Ruf des Muezzins in den frühen Morgenstunden bis spät in den Abend hinein reges Treiben. Das nicht enden wollendes Gewusel wird durch die Vielzahl an orientalischen Düften und ein Gemisch aus Klängen nordafrikanischer Musik angereichert.

Auf dem Djemaa el Fna in Marrakesch geben Musiker Kostproben ihres Könnens.
Auf dem Djemaa el Fna in Marrakesch geben Musiker Kostproben ihres Könnens.

Das Herzstück der Altstadt ist mit dem Djemaa el Fna, der größte und wohl belebteste Platz des Kontinents, der im Volksmund schlicht „la place“ gerufen wird. Gaukler, Schlangenbeschwörer, Zauberer, Musiker, Tänzer und Wunderheiler drängen sich hier neben Orangen- und Dattelhändler, während Berberfrauen die Haut der Touristen mit Henna-Zeichnungen verzieren. Umrahmt wird der Djemaa el Fna von einem riesigen Geschäfts- und Marktviertel, im Arabischen Souk genannt. Wer hier den Kardinalfehler begeht, und ein paar Sekunden vor einer Auslage stehen bleibt, ist in Sekundenschnelle von einem Rudel an Händler umzingelt, die einem lautstark ihre Waren feilbieten. Das hier übliche Feilschen könnte manchem angehenden Schauspieler als Trainingsstätte dienen. Mit wilder Gestik und Mimik, einer gesunden Portion Schlitzohrigkeit und einem Hauch Theatralik wird der Preis ausgehandelt.

Auf den Basaren der Stadt werden neben Teppichen auch Schmuck, Gewürze und feine Stoffe gehandelt.
Auf den Basaren der Stadt werden neben Teppichen auch Schmuck, Gewürze und feine Stoffe gehandelt.

Südlich des Djemaa el Fna reckt sich das mächtige Minarett der Koutoubia-Moschee (12. Jahrhundert) in den sonnenverwöhnten Himmel, während die Moschee Ben Youssef und der dazugehörigen Koranschule Medrasa Ben Youssef als weitere Juwelen sakraler Architektur in der 820.000-Seelen-Gemeinde zählen. Lohnenswert ist auch der Besuch des Bahia Palastes an der Rue de la Bahia. Die frühere Residenz der Großwesire Si Moussa und Ba Ahmed entpuppt sich als Musterbeispiel luxuriöser, maurischer Bauart. Der Ende des 19. Jahrhunderts fertig gestellte Prachtbau besticht durch aufwendige Schnitzereien aus Zedernholz und üppig bepflanzten Innenhöfen. Im Ehrenhof des 160 Räume zählenden Gemäuers wurden Szenen zum Hollywoodstreifen „Lawrence von Arabien“ (1962) gedreht.

Die prächtige Kulisse von Ait Benhaddou wird immer wieder auch für Hollywoodfilme in Szene gesetzt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Die prächtige Kulisse von Ait Benhaddou wird immer wieder auch für Hollywoodfilme in Szene gesetzt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Überhaupt erfreut sich Marokko seit vielen Jahrzehnten bei Filmemachern großer Beliebtheit. Die Traumfabrik Nordafrikas liegt allerdings nicht in Marrakesch, sondern in Ouarzazate, im Süden des Landes. Hier haben sich die Atlas Filmstudios zur marokkanischen Antwort auf Hollywood entwickelt. Viele der 39.000 Einwohner leben heute direkt oder indirekt von der Filmindustrie, verdienen ihre Brötchen als Ankleider, Kabelträger oder Statisten. Während in Ouarzazate Kulissen aus Pappmache hochgezogen werden, avanciert das 35 Kilometer nordwestlich liegende Ait Benhaddou zum Lieblingsdrehort der Filmemacher aus aller Herren Länder.

Eine weitere Bilderbuchkulisse in Marokko: Tarfaout.
Eine weitere Bilderbuchkulisse in Marokko: Tarfaout.

Das befestigte Dorf (Ksar) am Fuße des Atlasgebirges liegt auf 1.300 Meter über Normalnull. 1987 erhob die UNESCO die Siedlung mit den in Lehmbauweise errichteten und ineinander verschachtelten Wohnburgen zum Weltkulturerbe. Kasbah nennen die Berber das beeindruckende Gemäuer. Umgeben von Palmenhainen und Mandelbäumen wurde der ziegelrote Komplex für zahlreiche Kinofilme in Szene gesetzt. Dabei spannt sich der Bogen von Klassikern wie „Lawrence von Arabien“ (1962) und „Jesus von Nazareth (1977) über „Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil“ (1985) mit Michael Douglas und das James Bond Abenteuer „Der Hauch des Todes“ (1987) bis hin zu modernen Produktionen und Monumentalfilmen wie „Die Mumie“ (1999), „Gladiator“ (2000) oder „Alexander“ (2004).

Gilt als achtes Weltwunder: Die  Grande Mosquée Hassan II.
Gilt als achtes Weltwunder: Die Grande Mosquée Hassan II.

Derweil verlieh eine andere marokkanische Großstadt einem ewig jungen Klassiker ihren Namen: Casablanca. Wer hier jedoch versucht, auf den Spuren von Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann zu wandeln, dürfte enttäuscht werden, da der Film in den USA und in Frankreich abgedreht wurde. Das bisweilen hektische Wirtschaftszentrum ist heute einer der wichtigsten Atlantikhäfen des Landes. Markantestes Bauwerk der „weißen Stadt“ ist die Grande Mosquée Hassan II., die gerne als achtes Weltwunder eingestuft wird. Der 1993 eingeweihte Gebäudekomplex erweist sich als ein von technischen Superlativen strotzendes spirituelles Zentrum der Stadt.

Prächtige Strände wie hier in Agadir sind weitere Pfunde, mit denen Marokko wuchern kann.
Prächtige Strände wie hier in Agadir sind weitere Pfunde, mit denen Marokko wuchern kann.

Ähnlich unspektakulär präsentiert sich Agadir. Zwar ist die 300.000-Einwohner-Metropole arm an kulturellen Höhepunkten, dafür kann sie aber mit einem phantastischen Pfund wuchern: Einem zehn Kilometer langen Sandstrand. 300 Tage Sonnenschein pro Jahr lassen das hässliche Entlein Agadir zum beliebtesten Badeort Marokkos werden. (Ausländische) Filmemacher verirren sich hier nur höchst selten. Dafür bringen geschäftstüchtige Kameltreiber ihre Höckertiere für ein paar Dirham in Pose, damit zahlungswillige Touristen diese „authentische Stück Marokko“ auf Zelluloid bannen oder digital im Bild festhalten können.

Musik und prächtige Bauten gehören zu Marokko wie Sonne, Strand und Sand.
Musik und prächtige Bauten gehören zu Marokko wie Sonne, Strand und Sand.

Ein absolutes Muss ist hier der Besuch des Souk el Had, des Sonntagsmarktes. Längst ist dieser täglich (außer montags) geöffnet. Elf Tore öffnen den Zugang zu dieser etwas anderen Welt im Halbdunkel, in der weit mehr als 2.000 Händler ihre Waren lauthals anpreisen. Die besondere Atmosphäre zieht Besucher unweigerlich in ihren Bann. Und sie alle werden von einem Bazillus erfasst, der da heißt „Feilschen“. Denn dies ist neben dem Genuss von Minztee wohl die zweite große Passion der Marokkaner, die den Besuchern schnell in Fleisch und Blut übergeht. Weitere Informationen unter www.tourismus-in-marokko.de.

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