Luisenhall – Salzgewinn wie anno dazumal

Luisenh
In Göttingen findet sich mit Luisenhall die letzte produzierende Pfannen-Saline in Europa – ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. – Foto Karsten-Thilo Raab

Der Gebäudekomplex nicht weit von der Göttinger Innenstadt wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen, könnte Teil eines Freilichtmuseums sein. Doch weit gefehlt. Luisenhall ist so etwas wie ein produzierender Dinosaurier. Der letzte seiner Art. Quasi ein lebendiges Fossil der Salzherstellung. Die Gebäude aus rotem Ziegeln, Fördertürme aus dunklem Holz, salzverkrusteten Balken und riesigen, smaragd-grün blubbernden Pfannen wirken antiquiert und museumsreif. Und doch verbirgt sich dahinter eine Besonderheit. Denn Luisenhall ist die letzte produzierende Pfannen-Saline in Europa.

„Es gibt drei Arten der Salzgewinnung – den Abbau von Steinsalz, das Austrocknen von Meeressalz sowie die Förderung und Verarbeitung einer Sole“, so Barbara Fink mit Verweis auf das Göttinger Kleinod. Zweieinhalb Jahre dauerte die Suche nach der Saline; zweieinhalb Jahre, in denen unzählige Bohrungen notwendig waren, ehe der Geologe Philipp Rohns schließlich im Jahre 1850 die Saline begründete. Die Sole selber liegt in einer Tiefe von 467 Metern unter der Erde.

Unbekannte Größe

Luisenhall
In Luisenhall scheint irgendwie die Zeit still zu stehen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

„Niemand weiß, wie groß die Sole ist“, unterstreicht Gästeführerin Fink, dass es sich um ein unterirdischen Fluss, einen kleinen See oder vielleicht sogar um ein „kleines Meer“ handeln könnte. Das eigentliche Verfahren zur Gewinnung des Salzes ist rund 1.000 Jahre alt. Geändert hat sich im Laufe der Jahrhunderte lediglich die Tatsache, dass die Pumpen heute nicht mehr mit Wasserkraft, sondern elektrisch betrieben werden.

Licht, Temperatur und die Salze lassen die Lache im Sudhaus grünlich erscheinen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Nachdem das Salz der Sole ans Tageslicht gefördert worden ist, wird es zunächst gereinigt. Später wird Soda hinzugefügt. Die 27-prozentige, gesättigte Lösung wird in den vier Pfannen der beiden Luisenhaller-Sudhäuser erhitzt, bis das Salz kristallisiert und abgeschöpft werden kann. Insgesamt produziert die Göttinger Saline knapp 3.500 Tonnen Salz pro Jahr.

Lebensnotwendige Salze

Die Förderpumpen sind nostalgisch, aber voll funktionsfähig. – Foto: Karsten-Thilo Raab

„Die Jahresproduktion entspricht etwa dem, was kommerzielle Salzbergwerke täglich vor der Frühstückspause produzieren“, bilanziert Barbara Fink lächelnd. Gleichzeitig rührt sie verbal die Werbetrommel für das Salz aus der niedersächsischen Universitätsstadt: „Im Gegensatz zum gebräuchlichen, raffinierten Speisesalz, das fast nur aus Natriumchlorid besteht, bleiben beim naturbelassenen Luishaller alle Mineralien und Spurenelemente erhalten“, ergänzt Fink mit dem Hinweis darauf, dass menschliche Zellen ohne die Hilfe von Salz keine Nährstoffe aufnehmen könnten und austrocknen würden. Daher, so die Expertin weiter, sei das Salz enorm wichtig für den Elektrolythehaushalt des Körpers.

Luisenhall
Siedepfanne werden mit riesigen Schiebern bearbeitet. – Foto: Karsten-Thilo Raab

„Das Luisenhaller gibt es in verschiedenen Körnungen. Der Grad der Körnung ist abhängig von der Siedetemperatur der Pfanne, der Außentemperatur, der Luftfeuchtigkeit und ein wenig auch von der Tagesform des Salzsieders“, fährt Barbara Fink fort. Sehr begehrt sei die sogenannte Salzblüte. Dahinter verbergen sich jene feinen Salzkristalle, die beim Siedevorgang oben vom Wasser abgeschöpft werden.

Mutter als Namenspatin

Der Pfannenstein wird an das Vieh verfüttert. – Foto Karsten-Thilo Raab

Das Natursalz wandert nicht nur in Küchen, sondern findet auch zahlreiche andere Abnehmer. Dazu gehören beispielsweise das Delfinarium in Bremerhaven oder Hersteller von Badekristallen. Und auch das Vieh im Umland findet Gefallen an dem Salz aus Göttingen. In den Pfannen bilden sich nämlich ständig Salzrückstände, die mit einem Presslufthammer entfernt werden müssen. Dabei entsteht der sogenannte Pfannenstein, der als Leckstein für das Vieh genutzt wird. Denn auch die Tiere benötigen Salze.

Luisenhall produziert verschiedene Arten von Tiefensalz. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Bei der Namensgebung des Familienbetriebs stand übrigens die Mutter der Brüder Louis und Theodor Laporte, die die Saline im Jahre 1863 erwarben, Pate. Zu ihrem Vornamen Luise gesellte sich mit „Hall“ das keltische Wort für Salz.

Im Salz baden

Barbara Fink präsentiert verschiedene Salzsorten zum Vergleich. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Fast scheint es, als hätte sich seit jenen Tagen nicht viel verändert. Der eigentliche Produktionsbetrieb mit seinem schweren Eichenfachwerk und seinen aus dem 19. Jahrhundert stammenden technischen Einrichtungen steht komplett unter Denkmalschutz. Sogar die Portionierung des Salzes erfolgt noch immer mit Hilfe einer alten Waage grammweise per Hand.

Der Gwebäudekomplex von Luisenhall ist denkmalgeschützt. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Nur eines ist neu: Heutzutage wird das Salz nicht nur zum Kochen genutzt. Vielmehr findet sich dieses auch im 35 Grad warmen Wasser des Luisenhaller Solebads direkt gegenüber der Saline. Wer mag, kann sich hier wie im Toten Meer auf dem Wasser liegend entspannen.

Die riesigen Siedepfannen dampfen vor sich hin. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Informationen: Saline Luisenhall, Greitweg 48, 37081 Göttingen, Telefon 0551-37081 Göttingen, www.luisenhall.de

Luisenhaller Solebad: Geöffnet dienstags bis samstags von 15 bis 20 Uhr. Der Eintritt beträgt für eine Stunde 21 Euro.