Gelebte Tradition auf Ibiza: Zur Tracht gehören jede Menge goldene Fingerringe. – Foto: Katharina Büttel
Die Baleareninsel Ibiza ist für ihre Partyszene bekannt. Entdeckungsfreudige finden aber abseits der Feierkultur mediterrane Naturlandschaften, menschenleere Strände und Oasen der Ruhe.
Überall auf der Insel verstreut – Ibizas berühmte weiße Architektur. – Foto: Katharina Büttel
Später Nachmittag auf Ibiza. Worin das „Geräusch der Stille“ denn besteht, ist schwer auszumachen. Bei ruhiger See dringt so gut wie kein Wellengeräusch von der felsigen Bucht zu unserem Wanderweg entlang der Küste nach Es Canar. Gelegentlich Möwengeschrei. Kein Motorbrummen. Die Umgebung ist nur spärlich bebaut, immer wieder kleine, nicht besonders tiefe Buchten. Mittendrin sanft wiegend ein weißes Segelboot; von Deck hechtet lautlos ein Körper ins tiefblaue Wasser. Zikaden, ja! Die müssen überall sein, in den Pinien, zwischen den Gräsern und Felsen.
Kühle Drinks und heiße Flirts
Traditionelle Architektur zeigt sich an diesem 300 Jahre alten Bauernhaus.- Foto: Katharina Büttel
Es duftet intensiv nach Pinienharz, Thymian, Rosmarin. Zwei Wanderer kommen den Pfad herauf, der hinab ans Wasser führt. „Bon dia“, sagt der eine und schon sind sie vorüber. In den Strandbars der kleinen Buchten wartet ein bunt gemischtes Volk – auch Familien – bei kühlen Drinks und heißen Flirts auf den magischen Moment der blauen Stunde, die den Sonnenuntergang einleitet – und zwar täglich. Allerdings nicht hier, sondern auf der anderen Seite der Insel, im Westen, versinkt der Glutball spektakulär im Meer.
Im Bauernhaus Ca n’Andreu des Trull wird die Lebensweise der Ibizenkos lebendig.- Foto: Katharina Büttel
Ibiza, die Insel der Schönen und Reichen, der Discofans – und der übriggebliebenen Althippies: an sie denkt man schnell bei der drittgrößten Insel der Balearen. Das Klischee stimmt tatsächlich, man trifft sie alle dort. Aber Ibiza ist eben auch eine ganz normale Urlaubsinsel im Mittelmeer. Und „tranquillo„eins der meistgebrauchten Wörter, nur keinen Stress: Love, Peace und Happiness sind Motto des Sommers!
Ibiza abseits der Partymeilen
Der Yachthafen von Santa Eularia ist mit 700 Bootsliegeplätze der größte der Balearen.- Foto: Katharina Büttel
Wir sind in Santa Eularía des Rui, Hauptort mit 17.000 Einheimischen in der gleichnamigen Gemeinde im Osten der Insel. Die Gegend zwischen der Insel-Hauptstadt Ibiza-Stadt, die heute, wie die Insel selbst, in der katalanischen Amtssprache Eivissa heißt, und Cala de Sant Vincent fast an der Nordspitze bildet eine aufgeräumte Landschaft aus moderaten Hügeln, grünen Weingärten, Mandel- und Zitrusplantagen sowie Schafen, die sich so durch den Tag mümmeln. Die Fincas im Adobe-Stil, knallweiß gegen den blauen Himmel aufgestellt, blenden regelrecht. Nein, hier dröhnt keine Megadisco, tobt kein Partyvolk, inseltypische Angeber mit gemieteten Nobelyachten sind eher selten.
Wohlfühl-Bootstrip von Santa Eularia entlang der Küste bis Tagomago Island. – Foto: Katharina Büttel
Am nächsten Morgen erwartet uns Bootsbesitzer Fabián im Hafen von Santa Eularía. Mit seinem traditionellen, ibizenkischen Flitzer fährt er mit uns die reizvolle Küste ab bis zum nördlich gelegenen Tagomago Island, das schon von weitem Karibik-Flair ausstrahlt. Die türkis-grüne Bucht an sich ist schon traumhaft. „Was wir aber hier unter Wasser sehen, ist das Geheimnis von Ibiza“, spannt uns Fabián auf die Folter. „Was das Wasser um die Insel herum so glasklar macht, ist die Posidonia Oceanica, auch Neptungras genannt. Sie kann 15 Mal mehr Kohlenstoff speichern als es dieselbe Fläche Wald könnte. Außerdem filtert sie das Wasser und reichert es mit viel Sauerstoff an“. Dieses Naturphänomen brachte Ibiza bereits vor 25 Jahren den Unesco-Weltkulturerbe-Status ein.
Traumhafte Buchten, urige Strandbars
Von Überfüllung keine Spur – der intime Strand hinter den Hotelanlagen von Sta. Eularia. – Foto: Katharina Büttel
Auf der Rückfahrt klappern wir noch eine Reihe zauberhafter Buchten, die Calas, ab. Mal ohne, mal mit kleinen, urigen Strandbars, den Chiringuitos, bis wir die Cala Pada erreichen. „Brisa de la Mar Beach Bar“ ist ein Traum. Gut gelaunt sitzen die Gäste am Wasser; ein paar Meter von den Tischen dümpeln Fischerboote. Bei Brot, Oliven und Wein, Paella und gegrilltem Ibizan-Fisch stößt unsere Begleiterin Rosia mit uns an „auf Ibiza und das einfache, gute Leben.“
Sehenswert ist die kubische Festungskirche auf der Anhöhe Puig de Missa. – Foto: Katharina Büttel
Santa Eularía ist geprägt von der zentralen weißen Kirche Puig de Missa, die 52 Meter über dem Meer liegt. Ein ideales Ziel für eine Jeep-Tour mit Alex, einem Deutsch-Spanier. Zwei winzige, bunt bemalte Citroen Mehari aus den 1970er Jahren mit einem Motor der alten, viel geliebten Ente stehen vor unserem, in schönster Natur gelegenen Landhotel Can Curreu bereit.
Fesselnde Landpartie im Mini-Jeep
Mit den lustigen Kleinjeeps auf Kulturtour durch die Gemeinde Santa Eulária des Riu. – Foto: Katharina Büttel
Schon nach den ersten Pfaden, Biegungen und Kurven ist klar, die Insel ist klein und absolut ein Traum. Von Klarheit und Urwüchsigkeit. Mit grünen Pinienwäldern, abgelegenen Bauernhöfen, weißen Wehrkirchen und steinumfriedeten Gemüse- und Obstgärten. Die Tour gerät zur Berg- und Talfahrt, häufig versperren sanfte Hügel den Blick, um gleich hinter der nächsten Kreuzung eine herrliche Aussicht auf Küste und die fruchtbare, rote Erde der Felder freizugeben. Es duftet nach allen möglichen mediterranen Kräutern, stark nach Minze. Olivenbäume glänzen silbern im Sonnenlicht und Schäfchen weiden unter Mandelbäumchen.
Immer ein Hingucker – die üppig-bunte Flora erinnert an Henri Rousseau. – Foto: Katharina Büttel
Für die Mini-Jeeps ist der Kirchberg zu steil. Zu Fuß und schweißtreibend geht es die Anhöhe hinauf zur Kirche Santa Eulalia. Die größte aller ibizenkischen Kirchen aus dem Jahr 1565 wurde nach einem Angriff durch türkische Piraten auf den Ruinen der älteren Kirche wieder aufgebaut. „Alle Kirchen auf Ibiza haben die gleiche Architektur im knuffigen Adobe-Stil, sind weiß getüncht und haben einen Vorraum, wo seit eh und je soziales Leben stattfindet“, erklärt Alex. „Als im 13.Jahrhundert die Christen ins Land kamen, entstanden um alle Kirchen herum Dörfer, die die Heiligen-Namen der Kirchen bekamen“. Nach ein paar Stopps hieß es, rechtzeitig im Hotel zum vielversprechenden Dinner zu sein.
Alte Traditionen und Trachten
Traditionell – eine einheimische Folkloregruppe bei Tanz und Musik. – Foto: Katharina Büttel
Unter romantisch beleuchteten Bäumen werden wir mit leckerem, gegrilltem Fisch überrascht. Danach ist Showtime am Pool. Einheimische Paare zeigen ihre traditionellen Tänze und Trachten. Gekleidet in weiße Hosen, bunte Westen und Bastschuhe umschwirren die Männer die sich im Kreise drehenden Frauen. Die haben sehr viel schwerer an ihrer Kleidung zu tragen: unter den bodenlangen Röcken bauschen sich bis zu zwölf Unterröcke, die Westen sind mit schweren goldenen Knöpfen und Kordeln behängt, an den Fingern blitzen bis zu 25 goldene Ringe.
Wohlfühl-Oase im Nirgendwo – in beneidenswerter Lage abseits von Strandgeflüster und lauter Musik das Can Domo. – Foto: Katharina Büttel
Wertvolle Geschenke in alten Zeiten, die der Verlobte seiner Auserwählten machte. Folklore ist hier keineswegs nur ein Zugeständnis an die Touristen, sondern ist in Dorf und Land noch gepflegte Tradition.
Relikt aus den 1980er Jahren
Immer reizvoll ein Bummel über Las Dalias – hier gibt’s Ausgefallenes und Originelles – und charmante Anbieter. – Foto: Katharina Büttel
Und dann der Hippiemarkt Las Dalias bei Sant Carles, Relikt aus den 1980er Jahren. Was in den 1950ern als Tanzlokal begann, hat sich später als Treff von Hippies aus aller Welt etabliert. Wieviel Hip ist noch hier um die rund 200 Stände und unter ihren Verkäufern? „Die tolerante ‚Leben-und-leben-lassen‘“-Grundeinstellung ist geblieben. Aber der Anspruch der Designer an die Produkte und die der Käufer ist stark gestiegen“, erzählt Marktgründer Juanito Mari.
Juanito Mari, Gründer des Hippiemarktes Las Dalias. – Foto: Katharina Büttel
„Nein, ich bin kein Hippie mehr, aber im Kopf vielleicht ja“, schmunzelt er. Es habe sich vieles verändert, er müsse mehr Manager sein, mit 30 bis 40 Nationalitäten klarkommen, nicht einfach. „Mein Ziel ist es, den Markt kleiner, aber besser zu machen. Dabei sind mir die Menschen am wichtigsten. So fand zum Beispiel ein Broker aus New York nach „harter Drogenkarriere“ hier einen Neuanfang“.
So schmeckt Ibiza
Hierbas Ibicencas – die aromatischen Kräuter des berühmten Likörs findet man in den Wäldern der Insel. – Foto: Katharina Büttel
Nach dem Markttreiben ist Pensió des Lleó ein guter Platz, um mal die ibizenkische Spezialität Café Caleta zu probieren, der mit Alkohol, Zitrone, Zucker und anderen Zutaten gewürzt ist. Oder einen Hierbas, einen Likör aus frischen und trockenen Kräutern aus den Wäldern Ibizas, aufgefüllt mit Anisschnaps. „Nach drei Monaten Lagerung hat er den authentischen, einzigartigen Geschmack Ibizas“, lächelt Schnapsbrenner Juan Fluxa voller Stolz bei seinem beliebten Hierbas-Workshop. – So viele Möglichkeiten. Das Eiland hat Seele, und wer sie erspürt, will wieder kommen oder gleich bleiben.
Wissenswertes in Kurzform
Ein Abschiedsbummel durch die engen Gassen von Ibiza-Stadt – aber bitte am Morgen, wenn das Party-Volk schläft. – Foto: Katharina Büttel
Beste Reisemonate: Mai/Juni und September/Oktober.
Hippiemarkt Las Dalias in Sant Carles, geöffnet samstags 10 bis 20 Uhr, Nachtmarkt sonntags 19 bis 24 Uhr.
Relikt aus den 1980er Jahren – der Hippie-Markt Las Dalias immer samstags. – Foto: Katharina Büttel
Tipp: Das Freilichtmuseum Ca N’Andreu des Trull zeigt alles, was zu einem Wohnhaus aus dem 17. Jahrhundert gehört: Ölmühle, Geräte für die Kelterei u.v.m. – ein Workshop mit Besuch von Kräuterwiesen und Herstellen eines eigenen Kräuterlikörs Hierbas nach alter Familienformel bei Juan Fluxa kostet 25 Euro.
Essen & Trinken: Sehr gute Küche in den nachstehend genannten Landhotels; Lokales in der Brisa de la Mar Beach Bar in der Cala Pada; spezielles Fischrestaurant Pensió Pou des Lleó mit Strandbar, dem Chiringuito, bei Sant Carles de Peralta.
Inmitten üppiger Natur von Sant Carles kann man im schicken Landhotel Can Curreu mit Stil relaxen und genießen. – Foto: Katharina Büttel
Übernachten: Can Curreu Hotel Rural & Spa, 5-Sterne, erstes Landhotel auf Ibiza, gelegen in unvergleichlich schönster ibizenkischer Natur. Jedes Zimmer ist individuell/außergewöhnlich designt, die Küche erfreut jeden Gourmet.
Agrotourismus-Hotel Can Domo: umgebauter ehemaliger Bauernhof aus dem 17. Jahrhundert in wilder Landschaft inmitten von uralten Olivenbäumen und Pinien. Motto des Restaurants: vom Beet direkt auf den Tisch! Ganzjährig geöffnet.
Die Recherche fand auf Einladung / mit Unterstützung der Kleber Group statt.
Katharina Büttel
lebt und arbeitet als freie Reisejournalistin in Berlin. Über 30 Jahre reist sie für ihre Reportagen und Fotos um die Welt – seit vielen Jahren veröffentlicht sie auch im Mortimer-Reisemagazin.
Immer mehr Urlauber lassen sich die schönsten Wochen des Jahres etwas kosten: Das Wachstum von Luxusreisen war in den vergangenen fünf Jahren mit 48 Prozent doppelt so hoch wie das aller anderen Auslandsreisen, die auf […]
Einige böse Zungen behaupten, Sarah Winchester, die Alleinerbin des legendären Gewehrherstellers, hätte den Schuss nicht gehört. Ein hartes Urteil, das mit Blick auf das Winchester Mystery House im kalifornischen San José auf mannigfaltige Art und […]
Im Périgord reist man weitab vom Massentourismus. Die Landflucht hatte eher positive Wirkung auf die Gegend, denn Kulturgut und ländlicher Charakter blieben erhalten. Wer die Region bereist, glaubt sich deshalb fast im Zauberland Oz. Schlösser […]
Mortimer Reisemagazin
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.