
Wie kaum ein anderes Werk revolutionierte „Ulysses“ den modernen Roman, inspirierte die Weltliteratur der Gegenwart, die Geisteswissenschaften aller Disziplinen, ja die gesamte Kunst- und Wissenschaftswelt des 20. Jahrhunderts. Im Februar 2022 jährte sich zum 100. Mal die Erstveröffentlichung von James Joyce‘s Meisterwerk im Verlag der Pariser Buchhandlung „Shakespeare and Company“. Doch weit über diesen singulären Jahrestag hinaus widmen die Iren der Würdigung dieses Jahrhundertwerks und seinem Dichter ein ganzes Jahr: Für 2022 ist der Veranstaltungskalender bereits voll gepackt mit einem höchst wechselvollen Programm, einem wahren Dauerfeuerwerk an Events, Symposien und Lesungen, an Theateraufführungen und Musikveranstaltungen oder „gejoycten“ Food- und Walking-Tours.

Angesichts dieses literarisch motivierten Dauerevents führt dieses Jahr in der irischen Hauptstadt Dublin, die nicht von ungefähr zur Unesco City of Literature gekürt wurde, touristisch kein Weg an Joyce vorbei. Die vielen Inszenierungen kreisen um das Museum of Literature Ireland – in Würdigung von Molly Bloom, der Heldin im „Ulysses“ –, liebevoll und kurz MoLI genannt. Es verwahrt stolz dessen Erstausgabe und ist zugleich der logistische Mittelpunkt der Hundertjahrfeier. Mit dem Launch seines „Ulysses 100“ stellte das Museum eine digitale Plattform ins Netz. Sie führt online – quasi als internationaler Veranstaltungskalender – durch das Joycesche Jahrhundert und das Festivaljahr: mit Ausstellungen, Artikeln und Filmen als Einführung in das schwierige Werk. Zusätzlich sind live etliche öffentliche Lesungen und Diskussionsforen im MoLI geplant.

Künstlerisch-Literarischer Gegenpol in der Stadt ist das James Joyce’s Center. Bis zum 16. Juni 2022 gibt es neben hochkarätigen Kulturveranstaltungen eine Ausstellung der Gemälde von Aidan Hickey und von bislang unveröffentlichtem Archivmaterial des englischen Malers Frank Budgen, eines engen Freundes von Joyce. Audio-Guides in Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch sowie interaktive Displays führen nicht nur durch das Werk, sondern auch virtuell einmal quer durch Dublin. Wer die Realität vorzieht, schließt sich geführten Touren zu den Schauplätzen des Romans an. Weitere Live-Events in Dublin sind in Davy Byrnes’ Pub und im James Joyce Tower in Sandycove vorgesehen. Orte, die das Buch unsterblich gemacht hat. Und nicht zu vergessen sind da noch Trinity College und das University College Dublin, die das 28. Internationale James Joyce Symposium vom 12. bis zum 18. Juni veranstalten.

Die Dubliner – und mit ihr die vielen Gäste aus aller Welt – ehren mit Joyce nicht nur einen der wahrhaft bedeutendsten Literaten aller Zeiten, sondern feiern – irisch lebensfroh – auch einen der Größten unter den größten Söhnen und Töchtern der Stadt. Denn Dublin ist nicht allein der Heimatort des großen Dichters, sondern auch der Schauplatz seines genialen Hauptwerks. Es beschreibt auf 730 Seiten und in 18 Episoden einen einzigen Tag in der irischen Hauptstadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Donnerstag, den 16. Juni 1904.

Dieser Tag wird seit langem schon als besonderer Tag der irischen Literatur und Literaten begangen, ja als ein alles übergreifender Tag der bildenden Künste: Bloomsday, benannt nach den Protagonisten des Romans Leopold Bloom und seiner Frau Marion – kurz „Molly“. In diesem Jahr fällt er ebenfalls auf einen Donnerstag und wird alle Rekorde brechen: mit Entertainment und Performance, mit Fokus auf ein geniales Gesamtwerk, kurzum mit Joy und Joyce.

Mortimer
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