Hae-woo-jae – Klofaszination auf Koreanisch

Sieht aus der Luft wie eine riesige Kloschüssel aus: Das Hae-woo-jae im südkoraenischen Suwon. (Foto: Hae-woo-jae)
Sieht aus der Luft wie eine riesige Kloschüssel aus: Das Hae-woo-jae im südkoraenischen Suwon. (Foto: Hae-woo-jae)

Normalerweise sind Toiletten aus Porzellan oder Keramik. Nicht so im südkoreanischen Suwon. Dort findet sich ein gigantischer Klotz aus Glas, Stahl und Beton, dessen Form erst aus der Luft richtig als Kloschüssel zu erkennen ist. Nun ist die Millionenstadt 50 Kilometer vor den Toren von Seoul nicht gerade als Heimat der Riesen bekannt. Und doch ist dieses besondere Toilettenhäuschen ein Riesending für die Stadt. Zwar steht es in punkto Bekanntheitsgrad deutlich im Schatten der 300 Jahre alten Hwaseong-Festung, die als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht, gleichwohl strömen jährlich Zehntausende zum Hae-woo-jae, wie das ungewöhnliche Gebäude offiziell heißt. So ungewöhnlich wie die Architektur des Gebäudes als überdimensionierte Kloschüssel mit der Passform für das Gesäß eines Riesen ist auch seine Geschichte. Denn Hae-woo-jae, dessen Namen übersetzt etwa so viel wie „sorgenfreie Zuflucht“ bedeutet, beheimatet das erste Toilettenmuseum Asiens, obschon es ursprünglich als Wohnhaus konzipiert war. 

Mr. Toilet alias Sim Jae Duck lächelt den Besucher entgegen. (Foto: Hae-woo-jae)
Mr. Toilet alias Sim Jae Duck lächelt den Besucher entgegen. (Foto: Hae-woo-jae)

Rund 1,1 Millionen Euro ließ sich Sim Jae Duck den Bau kosten. Eine Glas-Stahl-Beton-Konstruktion, mit der er sich und seinem Engagement für bessere Hygiene und saubere Toiletten schon zu Lebzeiten selbst ein Denkmal setzte. Der 2009 verstorbene Gründer des Toilettenmuseums, erblickte dereinst in der Außentoilette des großelterlichen Hauses das Licht der Welt. Ein Umstand, der der Tatsache geschuldet ist, dass in Korea die Menschen lange glaubten, dass auf der Toilette geborene Menschen sich eines langen, glücklichen Lebens erfreuen können.

Und die ungewöhnlichen Begleitumstände seiner Geburt sollten ihn nie richtig los lassen. So trug er Zeit seines Lebens den Spitzenamen „Gettongi“, was so viel wie „Hundekot“ bedeutet. Als er schließlich zum Bürgermeister von Suwon ernannt wurde, änderte er seinen Spitznamen in „Mr. Toilet“, Herr Toilette. Was wohl nur bedingt besser klingt, aber gleichzeitig auch wie die Faust aufs Auge, oder besser gesagt, wie der Klodeckel auf die Toilettenbrille passte, da Sim Jae Duck sich in der Toilettenwelt engagierte.

Toilettenschilder aus allen Teilen der Welt sind in der Ausstellung zu sehen. (Foto: Hae-woo-jae)
Toilettenschilder aus allen Teilen der Welt sind in der Ausstellung zu sehen. (Foto: Hae-woo-jae)

In den 1980er Jahren stand Sim Jae Duck an der Spitze einer landesweiten Bewegung, die sich dafür einsetzte, den bis dahin überaus miserablen Standard der öffentlichen Toiletten in Südkorea zu verbessern. Er ließ öffentliche Toiletten mit Malereien und regelmäßig mit frischen Blumen verschönern. Zudem sorgte er während der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Südkorea dafür, dass es im Land des Co-Gastgebers (neben Japan) genügend saubere Toiletten für die Gäste aus aller Welt gab. Außerdem war Mr. Toilet Initiator und Mitbegründer der südkoreanischen sowie der World Toilet Association, der Welt-Toiletten-Vereinigung, zu deren erstem Präsidenten er auch prompt ernannt wurde.

Unverblümt gibt der Skulpturenpark den Blick auf Menschen beim Toilettengang frei. (Foto: Hae-woo-jae)
Unverblümt gibt der Skulpturenpark den Blick auf Menschen beim Toilettengang frei. (Foto: Hae-woo-jae)

Als oberster Grals- beziehungsweise Schüsselhüter der WTA wurde Sim Jae Duck nicht müde, auf die Gefahren mangelnder Hygiene und durch schlechte sanitäre Anlagen hinzuweisen. Gebetsmühlenartig betonte er, dass saubere Toiletten Millionen von Menschen vor Krankheit und Tod schützen könnten. Jährlich würden weltweit zwei Millionen Menschen sterben, weil sie keine oder nur unzureichende sanitäre Anlagen zur Verfügung hätten und sich über die mangelhafte Kanalisation todbringende Keime ausbreiten würden. Im gleichen Atemzug propagandierte Sim Jae Duck die Entwicklung Wasser sparender Toiletten, zumal weltweit gut die Hälfte des menschlichen Wasserverbrauchs in WC-Anlagen zum Spülen verschleudert würde.

Aber für Sim Jae Duck war die Toilette nicht nur ein Ort, um den menschlichen Bedürfnissen nachzugehen. Das langjährige Parlamentsmitglied, das auch als Lehrer tätig war, im WC auch ein Ort des Nachdenkens und der Besinnung, ebenso wie es das im Jahre 2010 eröffnete Museum mit dem knapp 2.000 Quadratmeter großen Außenanlagen auf dem Grundstück des ehemaligen Wohnhauses von Mr. Toilet heute sein soll. Zu sehen sind auf rund 360 Quadratmetern Ausstellungsfläche nicht nur verschiedene Formen und Fabrikate von Toiletten aus allen Teilen der Welt, sondern auch die unterschiedliche Zeichen und Schilder, mit denen diese Rückzugsorte öffentlich gekennzeichnet werden. Auch Kunstwerke, die im Zusammenhang mit dem kleinen oder großen Geschäft stehen, fehlen ebenso wenig wie europäische Bettpfannen.

Mit Denkerpose beim Toilettengang - Skulptur in Suwon. (Foto: Hae-woo-jae)
Mit Denkerpose beim Toilettengang – Skulptur in Suwon. (Foto: Hae-woo-jae)

Besucher können sogar, wenn sie denn auf Knopfdruck müssen, die einstige Toilette des Gründers antesten. Dieser besondere Lokus ist komplett mit einem durchsichtigen Spezialglas versehen, dass sich verdunkelt, sobald jemand, den Raum betritt. Zudem geht Musik an, damit keine Verdauungsgeräusche nach außen dringen. Derweil wirken die 30 überdimensionierten Figuren im umliegenden Park, die Menschen beim Toilettengang zeigen oder so, wie sie sich draußen sitzend oder hockend erleichtern, nicht unbedingt als Augenweide. Andererseits führen sie ein nur allzu menschliches Bedürfnis anschaulich vor Augen.

So oder so wird Sim Jae Duck Einsatz als eine Art Don Quijote der Toilettenwelt in dem ungewöhnlichen Museum im Hae-woo-jae weiterleben. Denn der Multimillionär hatte seiner Familie vor seinem Ableben das Versprechen abgerungen, dass sein einstiges Wohnhaus für alle Zeit als Symbol für eine Toilettenkultur erhalten bleiben soll. Und dies liegt nicht nur an der Form des Hae-woo-jae.

{google_map}Südkorea, Suwon{/google_map}

 

Informationen: Toilettenmuseum, Gyeonggi-do Suwon-si, Jangan-gu, Imok-Dong, 186-3, Südkorea, Telefon 0082-(0)31-271-9777, www.haewoojae.com.

Öffnungszeiten: Das Museum ist vom 1. März bis 31. Oktober dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr sowie vom 1. November bis 28. Februar dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.

How to shit in the woods CoverLage: Die Millionenstadt Suwon liegt knapp 50 Kilometer südlich der Hauptstadt Seoul und ist von dort mit der U-Bahn-Linie 1 bequem zu erreichen. Größte Attraktion der Hauptstadt der Provinz Gyeonggi-do, die 2002 auch Gastgeber von vier Spielen der Fußball-WM war, ist die mehr als 300 Jahre alte Hwaseong-Festung. Das Bollwerk mit vier Toren und einer ursprünglich 5,7 Kilometer langen Festungsmauer steht als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO. Weitere Informationen zu Suwon unter http.//eng.suwon.ne.kr

Buchtipp: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: How to shit in the woods, Conrad Stein Verlag, 2013, ISBN 978-3-86686-279-1. Erhältlich ist der Titel im Buchhandel oder unter www.conrad-stein-verlag.de.

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