Colli Euganei – Land der zwei Klimazonen

Colli Euganei
Colli Euganei, die Euganeischen Hügel in Norditalien, sind von Genusskultur geprägt. – Foto: Honza Klein

Es gibt Floskeln, die tauchen in etlichen Reiseberichten auf: Traumhotel oder auch Traumziel etwa. Aber ehrlich, wer träumt schon von Hotels oder Regionen. Nun ja, es sind Floskeln. Eine andere ist die vom Geheimtipp. Damit ist es schon etwas schwieriger. Möglicherweise wollen die Einheimischen, dass es nicht zu einer touristischen Überfüllung kommt. So wie an vielen Touristenhotspots der Welt. Ein anderer Grund könnte sein, dass die örtlichen Marketingleute nicht ganz so gut arbeiten. Möglicherweise liegt die zu erkundende Region aber auch wirklich etwas abseits. Damit sind wir in den Colli Euganei, den Euganeischen Hügeln. „Ja es ist leider so“, höre ich immer wieder bei Gesprächen mit Hoteliers oder auch Winzern in der Region.

Vulkankegel und Weinreben prägen das Landschaftsbild. – Foto: Honza Klein

„Die Touristen fahren allzu schnell an uns vorbei“, meint etwa auch Roberto Gardina, Präsident der Assoziation der Wine Route Colli Euganei. Gen Osten liegt Venedig nur gut eine Stunde entfernt, gen Westen ist es Verona, der Gardasee und ein Stück weiter Mailand. Dabei muss man nur von der A 4 bei Padua abfahren und nach ein paar Kilometern ist man in Abano Terme und damit mittendrin in der Hügellandschaft, die dafür sorgt, dass man auf der Nordseite kontinentales, auf der Südseite mediterranes Klima hat. Dies sorgt für eine üppige Flora und Fauna. Bereits vor mehr als 2.000 Jahren wurde Weinbau betrieben. So ist denn auch die Strada del Vino Colli Euganei einer der Anziehungspunkte. Aber eben noch nicht überlaufen. Stichwort Geheimtipp. Fast drei Dutzend Wein-Produzenten gibt es. Überall kann verkostet und gekauft werden.

Fruchtbare Vulkanböden

Ca’Lustra ist eines der Zentren der Weinherstellung. – Foto: Honza Klein

Etwa bei Ca’Lustra fast im Mittelpunkt der Region in Faedo die Cinto Euganeo. Ein Blick von dort in die pittoresk, liebliche Landschaft verrät neben dem Klima einen weiteren Grund für das gute Gedeihen der Reben. Typische Bordeaux-Reben wie Merlot und Cabernet werden kultiviert, dazu kommen weiße, venezianische Rebsorten, wie etwa Moscato Bianco, Fior d‘Arancia, Garganega, Tocai-Italico, Serprina, Malvasia sowie Pinella und Pedevenda. Sie alle wachsen auf Vulkanascheböden. Noch heute sind die Kegel der Vulkane, die sich vor 30 Millionen Jahren aus der Adria erhoben, gut zu erkennen. In manchen Teilen des Gebiets hat man die Anmutung der Toscana in anderen ist es wieder eher wie im Piemont.

Colli Euganei hat sich zu einer der namhaftesten Weinregionen in Italien aufgeschwungen. – Foto: Honza Klein

Nun will man sowohl touristisch als auch qualitativ zu den bekannteren Gegenden Italiens aufschließen. Das eben auch besonders beim Thema Rebensaft. „In den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren unsere Weine bestenfalls mittelmäßig“, erzählt Gardina. „Massenware ohne den Anspruch auf Qualität.“ Nun produziere man weniger, dafür hochwertiger, fügt er hinzu. Weniger trifft jedoch nicht auf den Prosecco aus der Region zu. Da sei gerade in den vergangenen Jahren eine regelrechte Explosion zu beobachten. Gut 750 Millionen Flaschen, vor allem aus dem Saft der Glera Trauben, gelangen Jahr für Jahr überwiegend auf die Britischen Inseln als Hauptabnehmer, gefolgt von Deutschland.

Zahllose Thermalquellen

Colli Euganei
Von klassischer Eleganz: Das Grand Hotel Trieste & Victoria. – Foto: Honza Klein

Doch eines bietet die Region, was so in keiner anderen Region Italiens, ja sogar Europas zu finden ist. Es ist die größte zusammenhängende Thermalwasser-Area Europas. Überall finden sich warme Quellen und so verwundert es nicht, dass schon im 8. Jahrhundert v. Chr. Priester über die Quellen herrschten, später um 50 v. Chr. aufwendige Bauprojekte entstanden und die Region nach und nach über die Jahrhunderte zu einem Kur-Mekka wurde. Fast 100 Spa-Hotels finden sich heute. Etwa das Grand Hotel Trieste & Victoria in dem noch ein wenig der Charme des beginnenden 20. Jahrhundert spürbar ist. Einst hatte hier sogar der italienische General Armando Diaz während des 1. Weltkrieges sein Quartier. Seine Suite ist zugleich Museum, wird aber auch für Gäste genutzt. Wie in allen der Hotels, zieht es die Gäste jedoch wegen der Kurbehandlungen und der warmen Pools (36 Grad) nach Abano und Umgebung.

Ein edler Tropfen darf in der Colli Euganei nicht fehlen. – Foto: Honza Klein

Die Annehmlichkeiten der warmen Quellen schätzten schon die Erbauer und Eigentümer der vielen klassischen Villen. Freilich sollte man dort nicht überall ins Wasser springen. So befindet sich etwa im Garten der Villa Salvatico aus der Mitte des 17. Jahrhunderts eine Quelle, die einen kleinen See auf 70 Grad erhitzt. Eine andere durchaus sehenswerte Villa ist die Villa dei Vescovi sowie das Castello del Catajo und Literaturfreunde sollten nach Arquà Petrarca fahren. Dort vor der Kirche steht der riesige Steinsarg des mittelalterlichen Dichters Francesco Petrarca (1304-1374). Würde man einen seiner Aphorismen wörtlich nehmen, so wäre doch die Region und vor allem der Aufenthalt dort etwas sehr untugendhaftes: „Durch Schlemmerei und Schlaf und Müßiggang, ward alle Tugend aus der Welt vertrieben“, schrieb er einst. Aber genau ist es wohl was nun die meisten Besucher, gerade in einem der Spa-Hotels suchen. Die Zeiten ändern sich.

Genussmoment im Colli Euganei

Colli Euganei
In der Ceramiche Porcellane Este lässt sich die Herstellung des hochwertigen Porzellans aus nächster Nähe in Augenschein nehmen. – Foto: Honza Klein

Eher beschaulich mutet jedoch wirklich die Arbeit in der Ceramiche Porcellane Este an. Jedes Teil wird per Hand gefertigt und auch per Hand bemalt. Das braucht Ruhe. Die Produkte gehen vor allem in die USA. Aber auch Restaurants wie das Incalmo nur wenige Schritte entfernt lieben die Keramik und verwirren damit mitunter die Gäste. Etwa bei der Präsentation der Pralinés zum Kaffee, wobei man sehr genau hinschauen muss, was essbar und was Keramik ist.

Colli Euganei
Luxardo steht für eine mehr als 200-jährige Tradition. – Foto: Honza Klein

Zum Schluss dieser kleinen Hügeltour noch ein Abstecher nach Torreglia, wo einer der ältesten europäischen Likör- und Spirituosenhersteller sein Werk hat. 2021 feierte man bei Luxardo den 200. Geburtstag und seitdem lockt auch ein sehenswertes Museum Gäste. Natürlich darf die anschließende Verkostung von Maraschino, Gin, Limoncello, Amaretto oder einem der anderen hochprozentigen Wässerchen nicht fehlen. Und wenn man Glück hat, zeigt einem Matteo Luxardo, der in sechster Generation das Unternehmen führt selbst die Ausstellung und erzählt aus der bewegten und nicht immer schönen Geschichte. Indes auch für die nicht so schönen Situationen finden sich bei Petrarca die passenden Worte: „Lerne zu vergessen und erinnere dich an alles Schöne.“ In den Hügeln von Euganei fällt das nicht all zu schwer. Weitere Informationen unter www.italia.it.