Danke, Emirates! Du gibst vor, eine überaus renommierte Airline zu sein und ein Komfortangebot am Himmel vorzuhalten. Womit wir bereits direkt beim eigentlichen Problem wären. Mit Blick auf den Komfort liegt eine fundamentale Fehleinschätzung deinerseits vor, die auf einem völlig falschen Eigenverständnis fußt. Es mag Komfortzonen an Bord deiner Maschinen geben. Diese liegen nahezu ausnahmslos in der First und Business Class. Der überwiegende Teil der Sitzplätze entfällt jedoch auf die Economy Class. Und hier kann von Komfort keine Rede mehr sein. Im Gegenteil.
Die Sitze selber orientieren sich von der Breite eher an der Hüfte eines 13-jährigen Teenagers. Der Sitzabstand erfüllt allenfalls die Erwartungen eines Zwergkaninchens mit Hut. Ansonsten bedarf es einer ausgefeilten Origami-Falttechnik im Hüft- und Kniebereich, um überhaupt in die Sitzreihe zu gelangen. Selbst ein zwergengroßer Limbotänzer hätte arge Schwierigkeiten, den zugewiesenen Platz mühelos anzutanzen. Für Beleibtere oder größer gewachsene Zeitgenossen, deren Zahl ja seit Jahren rasant zunimmt, ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, sich überhaupt auf dem Platz niederzulassen.
Waberndes Welkfleisch
Danach ist jegliche Bewegung der unteren Extremitäten für die Dauer des Fluges komplett ausgeschlossen. Dabei empfehlt ihr, liebe Emirates, dem geneigten Passagier doch, regelmäßig Knie- und Fußgelenke zu bewegen, um einer Thrombose vorzubeugen. Aber erst mal können vor Lachen, oder besser gesagt, vor Enge.
Für den Vordermann bedeutet dies, dass er die Rücklehne nicht runterfahren kann, obschon er es schmerzlicher Weise immer wieder probiert. Wenn dann noch der zufällig zugewiesene Nachbar von Mutter Natur in punkto Leibesfülle deutlich übervorteilt wurde, wird es im wahrsten Sinne des Wortes eng. Speck und Welkfleisch wabern unter und über der Sitzlehne herüber und sorgen für jede Menge ungewollten Körperkontakt.
Win-Win-Situation
Dabei wäre die Sache so einfach, liebe Emirates. Ihr baut in der Holzklasse einfach eine Sitzreihe, vielleicht auch zwei, heraus, zieht die übrigen Sitzreihen etwas auseinander und jeder hätte etwas mehr Beinfreiheit. Da ihr, liebe Emirates, auch Geld verdienen wollt und sollt, würdet ihr einfach die Ticketpreise für die wegfallenden Sitze auf alle anderen Passagiere umlegen. Die würden zwar einen kleinen Aufpreis zahlen, aber das Mehr an Komfort wäre es wohl den meisten wert.
Was im klassischen Sinne eine Win-Win-Situation wäre. Ihr, werte Emirates, würdet dieselben Einnahmen verbuchen und gleichzeitig Getränke sowie Mahlzeiten an Bord sparen. Durch das geringere Gewicht aufgrund der leicht reduzierten Passagierzahl und deren Gepäck würdet ihr zudem noch etwas Kerosin sparen, was auch noch der Umwelt zugutekäme. Und die Passagiere müssten sich nicht länger eingepfercht wie die Ölsardinen fühlen.
Technische Mängel
Gut, wirst du nun sagen, werte Emirates, wer möchte, kann schon jetzt gegen einen Aufpreis mehr Beinfreiheit buchen oder sich für die First oder Business Class entscheiden. Nun kann und will sich nicht jeder den mindestens vier- bis achtfachen Preis für die höherwertigen Kategorien leisten. Daher gibt es Menschen, die bereit sind, einen durchaus stolzen Aufpreis für etwas mehr Beinfreiheit in der Holzklasse zu zahlen, wo es einige wenige Plätze – meist auf Höhe der Notausgänge – gibt, die dieses Kriterium erfüllen.
Dass am Sitzplatz der USB-Anschluss nicht funktioniert – geschenkt. Dass die Kopfstütze immer unters Schulterblatt absackt – ebenfalls geschenkt. Dass die emsigen Stewardessen bereits eine Stunde vor der Landung die ausgelegten Decken einsammeln und mit den prall gefüllten Säcken jede zweite Toilette der Boing okkupieren, obwohl jeder zweite Passagier sich vor der Landung erfahrungsgemäß noch mal das Näschen pudern muss – ebenfalls geschenkt.
Mangelnde Kundenorientierung
Was allerdings überhaupt nicht geht, werte Emirates, ist die Monate vor der Flugreise für gut 100 Euro Zusatzgebühr pro Sitz gebuchten und fest reservierten Plätze nicht vorzuhalten, sondern gleich doppelt zu vergeben! Ein schlichtes „sorry“ des zugegebenermaßen freundlichen Bordpersonals reicht da einfach nicht aus. Vor allem, wenn dann noch minutenlang so getan wird, als ob man ernsthaft eine Lösung suche, und dem geprellten und verärgerten Passagier dann noch zu einer kleinen Märchenstunde einlädt.
Da beteuert die Stewardess, es sei alles voll, während in der Business Class tatsächlich weniger als die Hälfte der Sitze belegt sind. Als ob der geneigte Passagier keine Augen im Kopf hätte. Dabei geht es nicht darum, ein Upgrade zu erschleichen oder hochwertigere Getränke zu konsumieren, sondern um eine Art Wiedergutmachung einer Airline, die nicht in der Lage ist, teuer bezahlte und ein Vierteljahr im Voraus gebuchte Zusatzleistungen tatsächlich wie bestätigt vorzuhalten.
Profitgier statt Kundenzufriedenheit
Selbst wenn die einkassierte Gebühr voll zurückerstattet würde, entschädigt dies nicht für die Käfighaltung sowie massive Knie- und Rückenschmerzen am Ende eines mehr als sechsstündigen Fluges von Deutschland nach Dubai. Nein, Emirates, ihr seid kein Komfortflieger, sondern wie die meisten Airlines wenig am Komfort der Gäste, sondern nur am Profit interessiert. Und das ist ganz sicher nicht empfehlenswert. In diesem Sinne: Danke für nichts!
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.