Hemer: Höhlen, Felsen und Pflanzpracht

Hemer
Der Jübergturm ist die markanteste Landmarke im Sauerlandpark in Hemer. – Foto: Karsten-Thilo Raab

„Wo die Misthaufen qualmen, da gibt’s keine Palmen“, skandierte „Zoff“ Anfang der 1980er Jahre in ihrem größten Hit „Sauerland“. Bis heute ist der Song der Neuen-Deutschen-Welle-Formation um Leadsänger Reiner Hänsch so etwas wie die (heimliche) „Nationalhymne“ der gleichnamigen Region zwischen Ruhrgebiet, Sieger- und Wittgensteiner Land. Damals ahnte die Band wohl nicht, dass im neuen Jahrtausend tatsächlich doch Palmen im Sauerland gedeihen würden – zumindest in Hemer. Denn in der 35.000-Seelen-Gemeinde entstand ab dem Jahre 2007 auf dem Gelände der ehemaligen Blücher-Kaserne das Areal für die nordrhein-westfälische Landesgartenschau 2010.

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Liebevoll angelegt sind die unterschiedlichen Pflanzbereiche im Sauerlandpark. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Seither avanciert das 27 Hektar große Areal, das unmittelbar an einen 300 Hektar großen, ehemaligen militärischen und wunderbar wanderbaren Standortübungsplatz angrenzt, als „Sauerlandpark“ zu einem Mekka für Pflanzenliebhaber, Naturfreunde und Familien. Liebevoll angelegte Themengärten und Pflanzbereiche mit exotischen Gewächsen, Blumen und Kräutern stehen je nach Jahreszeit prachtvoll in Blüte. Derweil verleiht ein Arboretum mit gut zwei Dutzend, eigentlich im Sauerland nicht heimische Baumarten der an einen Hang gebauten grünen Oase eine besondere Note. Darunter Blauglocken- und Trompetenbäume oder auch die Hopfenbuche.

Himmelsspiegel und Museumsvielfalt

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Für Pflanzenliebhaber und Naturfreunde ist der Sauerlandpark eine perfekte Anlaufstelle. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Angrenzend an die (letzten) verblieben Kasernengebäude erstreckt sich mit dem sogenannten Himmelsspiegel eine knapp 850 Quadratmeter große Wasserfläche. Diese bildet mit ihren Wasserfontänen und Nebeldüsen nicht nur einen besonderen Blickfang, sondern lädt gerade an warmen Tagen Groß und Klein zu einem erfrischenden Spontanbad ein. Da wird dann nach Herzenslust geplantscht und rumgespritzt, mitunter auch zwischen Wasserstrahlen getanzt.

Auch ungewöhnliche Pflanzen sind im Sauerlandpark zu bestaunen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Wen mehr der Wissensdurst plagt, der kann einen Blick in die drei kleinen, angrenzenden Museumsbereiche werfen. Im Bundeswehr Traditionsraum werden mittels zahlreicher Exponate und Fotos Erinnerungen an die Blücher-Kaserne und den einstigen Bundeswehr-Standort wach, während im Stalag Gedenkraum ein dunkles Kapitel der Stadtgeschichte erzählt wird: Hemer erlangte zur Zeit des NS-Regimes traurige Berühmtheit als hier das mit mehr als 200.000 Menschen vornehmlich aus der damaligen UdSSR, aber auch aus Polen, Frankreich, Belgien und Italien größte Kriegsgefangenenlager im Dritten Reich entstand. Die Inhaftierten im sogenannten „Stalag VI A“ wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht und überwiegend als Zwangsarbeiter im Bergbau eingesetzt.

Hinauf zum Jübergturm

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Die Himmelstreppe ist nur an besonderen Tagen illuminiert. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Komplettiert wird die kleine museale Landschaft durch das „Puck“. Im Fokus steht hier die Tradition des Eishockeysports im Sauerland, als dessen namhafteste Vertreter die Iserlohn Roosters aus der gleichnamigen Nachbarstadt gelten. Die Wurzeln der DEL-Puckjäger aus der Waldstadt lagen indessen 1953 in Hemer, genauer im Stadtteil Deilinghofen, wo Kanadier eine Eisbahn bauten und den Kufensport aus der Taufe hoben.

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Blick vom Jübergturm auf Hemer. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Doch zurück zum Sauerlandpark. Vom Himmelsspiegel führt der Weg vorbei am Rosengarten und den verschiedenen Themengärten zur Himmelsleiter. Diese führt über 343 Stufen hoch hinaus auf ein Plateau, auf dem der weithin sichtbare, 23 Meter hohe Jübergturm thront. Alternativ ist dieser über einen rollstuhlgerechten Zick-Zack-Weg zu erreichen. Gleichwohl bleibt der Aufstieg durchaus schweißtreibend. Erst recht, wenn auch das Wahrzeichen selber noch erklommen werden soll. Denn hier warten weitere 125 Stufen bis hinauf zur oberster Aussichtsplattform. Doch der sich nun offerierende Panoramarundblick auf das umliegende Sauerland entschädigt in Sekundenschnelle für die Mühen.

Felsenmeer in Hemer

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Zwischen ehemaligem Truppenübungsplatz und Sauerlandpark wartet ein besonderer Hingucker. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Vom Jübergturm ist es nur ein Katzensprung bis in das ehemalige Truppenübungsgelände, das sich besonders bei Wanderern großer Beliebtheit erfreut. In dem 300 Hektar großen Areal sind tierische Begegnungen mit grasenden Pferden, Rinder und Ziegen fast schon an der Tagesordnung. Komplettiert wird der liebevoll angelegte Sauerlandpark durch den 17.000 Quadratmeter großen „Park der Sinne“ mit seinem Klang-, Duft-, Tast- und Irrgarten.

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Bizarre Gesteinsformationen prägen das Felsenmeer in Hemer. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Nur wenige Hundert Meter entfernt lockt mit dem berühmten Felsenmeer eine weitere Besonderheit: Auf einer Fläche von zwei Quadratkilometern ducken sich hier zum Teil bizarre Gesteinsformationen und bilden enge Schluchten und Spalten. Der Anblick ist atemberaubend und lässt die Fantasie auf Reisen gehen. Die Felsen bestehen hauptsächlich aus Quarzit, einem harten Gestein, das im Laufe der Zeit durch Verwitterung und Erosion zu den markanten Gebilden geformt wurde, die heute bewundert werden können. Einige der Felsbrocken sind so groß, dass sie wie gigantische Puzzlestücke wirken, die scheinbar willkürlich übereinander gestapelt wurden. Fast sieht es so aus, als ob sich die Steinkolosse in tosender See auf und ab bewegt hätten und im größten Sturm zur Ruhe gekommen wären.

Besuch beim Höhlenbären

Mächtig groß sind die Brocken im Felsenmeer in Hemer. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Wanderwege schlängeln sich durch das Areal und laden dazu ein, die einzigartige Umgebung zu erkunden. Die vielfältige Flora und Fauna bietet Lebensraum für seltene Pflanzen- und Tierarten, die in dieser einzigartigen Umgebung gedeihen. Es ist ein Ort, an dem man sich verzaubern lassen kann und gleichzeitig die Kraft der Natur hautnah erleben kann.

Die Heinrichshöhle kann auf einer Länge von gut 300 Metern erkundet werden. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Die kleine Reise vom Pflanzenreich über die felsige Erdoberfläche lässt sich mit einem Gang in die Unterwelt abrunden. Im Hemeraner Stadtteil Sundwig wartet die Heinrichshöhle mit zahlreichen Tropfsteinen und über 20 Meter hohen Klüften auf. Allerdings sind nur knapp 300 Meter des über drei Kilometer langen Höhlensystems für die Öffentlichkeit zugänglich. Heimlicher Star ist das 2,35 Meter lange Skelett eines Höhlenbären, das in einem klimatisierten Glaskasten ausgestellt wird. Insgesamt wurde in der Heinrichshöhle bis dato allein 18 komplette Skelette von Höhlenbären gefunden. Mehr Naturerlebnisse auf kleinem Raum als rund um den Sauerlandpark finden sich zwischen Ruhrgebiet, Sieger- und Wittgensteiner Land wohl kaum …