Book of Kells – das schönste Buch der Welt

Book of Kells
Das wohl schönste Buch der Welt lässt sich in der neuen Book of Kells Experience neu entdecken und erleben. – Foto: Irland Information Tourism Ireland

Auf das Gelände des Trinity College, ihres Zeichens älteste Universität Irlands, sollten sich auch diejenigen in Dublin wagen, die ihre Studienlaufbahn entweder noch vor sich oder bereits beendet haben. Hauptsache, sie interessieren sich für Literatur. Die ehrwürdige Bibliothek der über 425 Jahre alten Dubliner Uni glänzt nämlich nicht nur mit einer erlesenen Aura, sondern auch mit einem Bestand von Tausenden historischer Handschriften und mehr als 4,5 Millionen Büchern. Wobei einige herausragen, allen voran das „Book of Kells“.

Dabei handelt es sich um eine rund 680 Seiten starke Bibel-Handschrift aus dem 9. Jahrhundert. Das Besondere: Neben den Evangelien-Texten in lateinischer Schrift finden sich etliche, auch ganzseitige Bilder von mythischen Kreaturen, wilden sowie domestizierten Tieren, christlicher Ikonographie und keltischen Symbolen. Diese sind mitunter derart aufwendig gezeichnet, dass das auf irisch „Leabhar Cheanannais“ genannte Buch bereits in den Annalen von Ulster aus dem 11. Jahrhundert als „das kostbarste Objekt der westlichen Welt“ beschrieben wurde. Wow! Und noch heutzutage halten nicht wenige das einzigartige Dokument der irischen Buchmalerei für das schönste Buch der Welt, eines der wertvollsten Manuskripte der Geschichte ist es allemal. Wenig überraschend also, dass es die Unesco 2011 zum Weltdokumentenerbe adelte.

Neue Zugänge zu Büchern: digital und sinnlich

Das beste aus dem Gestern und dem Übermorgen vereint die neue Book of Kells Experience. – Foto: Irland Information Tourism Ireland

Auch wenn sich das großformatige Original nicht anfassen lässt – nachvollziehbar für ein solches Schmuckstück –, können es Besucher in einem separaten Raum immerhin in Augenschein nehmen. Und das ist erst der Anfang. Die neue „Book of Kells Experience“ eröffnet rund um das Kells-Buch (und andere wertvolle Manuskripte) eine ganze Reihe von digitalen Erlebnissen – teils immersiv, alle intensiv. So lassen sich in der digitalen Bibliothekssammlung hochaufgelöste Bilder vor allem des „Book of Kells“ von jeder einzelnen Seite ansehen. Ein Highlight: das früheste bekannte erhaltene Bild der Jungfrau und des Kindes in der westlichen Manuskriptkunst. Und das auf einem XXL-Screen.

Das Beste aber ist der nebenan befindliche speziell errichtete Pavillon. Dort treten Besucher nicht nur in einen eigenen Raum ein, sondern auch von der alten Bibliothekswelt, die sie vorab durchschritten haben, in die moderne Technikwelt des 21. Jahrhunderts. In der Sektion „Secret Life of the Collections“ etwa können sie mit temperamentvollen Bildschirm-Literaten wie Jonathan Swift und William Shakespeare interagieren. Dabei kommen auch Nicht-Literaten zu Wort und Bild, etwa die Mathematikerin Ada Lovelace und die Biochemikerin Rosalind Franklin. Unterhaltsam und informativ, Edutainment eben.

Neue Interpretation der Old Library

Schöner lässt sich das „schönste Buch der Welt“ kaum in Szene setzen. – Foto: Irland Information Tourism Ireland

Danach geht es bei „Book of Kells 360” rund, im wahrsten Sinne. Schließlich führt eine audiovisuelle 360-Grad-Reise durch die rund 1.200 Jahre alte Geschichte der Handschrift. Der folgen Zuschauer – sitzend oder stehend – von Iona in Schottland über die Irische See nach Kells in der Grafschaft Meath und weiter ins 70 Kilometer entfernte Dublin und somit in die Gegenwart. Dabei sorgen die überall im Raum projizierten und sich stets verändernden Bilder und Filme, unterlegt von Musik und den Erzählstimmen, für ein wahres Digitalfeuerwerk. Wohin man auch blickt: Überall bewegt sich etwas.

Allein die technische Umsetzung sorgt für Ahs und Ohs. Das gilt auch für Pavillon-Erlebnis Nummer drei, „Long Room Reimagined“. So lautet die immersive und spektakulär innovative digitale Rekonstruktion des Long Rooms, dem 65 Meter hohen ehrwürdigen Hauptsaal der imposanten Alten Bibliothek, der derzeit aufwendig restauriert wird. In allen Farben und Formen lässt sich die architektonische Entwicklung des einmaligen Raumes von 1732 bis heute nachvollziehen. Auch hier werden sämtliche Oberflächen digital bespielt und alle erdenklichen Technikregister gezogen.

Der besondere Tipp: Gaia

Nie war ein Bibliotheks-Besuch verlockender … – Foto: Irland Information Tourism Ireland

Wie der Long Room im Original aussieht, wissen die Besucher bereits – haben sie ihn doch auf ihrer „Book of Kells Experience“ schon durchschritten. Angesichts der großartigen Gewölbedecke aus Holz, den dunklen Eichenbalken, Marmorbüsten und natürlich den zig Buchreihen können sie daher auch nachvollziehen, warum das bedeutendste der insgesamt fünf aus dem 18. Jahrhundert stammenden Bibliotheksgebäude als eine der schönsten Bibliotheken der Welt gilt. Und für den Umstand, dass derzeit ein Großteil der Bücher aufgrund einer mehrjährigen Grundsanierung entfernt ist, erwartet sie eine starke Entschädigung: Gaia.

In der griechischen Mythologie ist das der Name von der personifizierten Erde. Und genau darum geht es auch bei der mehrere Meter Durchmesser großen Installation von Luke Jerram. Das Kunstwerk ist eine spektakulär beleuchtete Weltkugel, die mitten in der Halle „schwebt“. Dabei zeigt das Werk wechselnde hochaktuelle und hochaufgelöste NASA-Bilder von der Erdoberfläche – eine Erinnerung, so Jerram, wie schön unser Planet doch ist und wie sehr es sich lohnt, mehr auf ihn zu achten.

Der aktuelle Buchtipp

Viel umfangreicher und geballter findet sich wohl kaum (Reise-) Wissen über die Grüne Insel als in Inselspuren – Entdeckungstouren durch Irland und Nordirland (ISBN 978-3-939408-90-1) von Mortimer-Reisemagazin-Redakteur Karsten-Thilo Raab. Die dünn besiedelte Insel im Westen Europas hat zahllose Pfunde, mit denen sie wuchern kann: eine schier nie enden wollende Zahl an Mythen und Legenden. Hinzu kommen ebenso abwechslungsreiche wie grandiose Landschaften, die in mehr als 40 verschiedene Schattierungen von Grün getaucht sind, und ein Klima, das ganz wesentlich von den Ausläufern des warmen Golfstroms geprägt wird. Die zahlreichen Berge, Heidelandschaften, Seen, Flüsse, einsame Buchten und wildromantischen Küstenabschnitte sind ein Paradies für Naturliebhaber. Wanderer, Radfahrer und Reiter kommen hier ebenso auf ihre Kosten wie Freizeitkapitäne, Angler und Wassersportler. Der 388 Seiten starke Reiseführer ist für 19,99 Euro im Buchhandel oder versandkostenfrei direkt beim Westflügel Verlag erhältlich.