Clonmacnoise – Heiliges im Herzen Irlands

Clonmacnoise
Ohne Frage ist Clonmacnoise einer der wohl magischsten Orte auf der Grünen Insel.

Irland ist bekannt für seine vielen früh- bis spätmittelalterlichen Kloster- und Kirchenruinen. Eine der schönsten – und zugleich eine der meistbesuchten touristischen Attraktionen der grünen Insel – liegt in der Republik: Clonmacnoise im County Offaly ist eine der herausragenden Anlagen dieser Art. Sie entstand im 6. Jahrhundert an einem strategisch und logistisch perfekten Ort, am Schnittpunkt alter Handels- und Pilgerstraßen mit der bedeutendsten Binnenwasserstraße ihrer Zeit: am Ufer des großen Shannon. Bemerkenswerterweise sehr genau im Mittelpunkt der Insel nahe der Stadt Athlone.

Das wundert nicht. Denn ihr Gründer Ciarán von Clonmacnoise, auch Kieran der Jüngere – latinisiert Queranus – genannt, war als Mitschüler von Columban und Brendan von Finnian im Kloster Clonard ausgebildet worden. Als Eliteschüler der Iroschottischen Kirche wurde der hochgelehrte junge Mönch der Erzieher der Tochter des Königs von Cuala. Seine spätere Klostergründung wird auf das Jahr 548 datiert, als Queranus zugleich erster Abt des Klosters Clonmacnoise wurde. Doch schon vier Jahre später – am 9. September 544 – starb Ciarán im jungen Alter von nur 33 Jahren. Er wird vor allem in Irland als Heiliger verehrt und den Zwölf Aposteln von Irland zugerechnet.

Insbesondere vom Wasser aus erschließt sich die besondere Pracht der weitläufigen Anlage.

Clonmacnoise – auf einer Flussinsel gelegen – expandierte kontinuierlich über die kommenden Jahrhunderte. Es wurde zu einem spirituellen, kunsthandwerklichen und intellektuellen Zentrum Irlands, bis Cromwell im Namen seiner englischen Majestät kam und durch ihn die allumfassende Zerstörung der irischen Kirchenbauwerke. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Ruinen heute in einem weniger romantischen Licht. Seit 1877 ist Clonmacnoise ein National-Monument. Viele historische Quellen verweisen auf die hohe Bedeutung des Klosters und seine kunstfertigen Werkstätten. Aus ihnen gingen prunkvolle Artefakte der sakralen Kunst hervor: Reliquienschreine, Monstranzen und Bischofsstäbe. Im Scriptorium entstand u.a. die älteste erhaltene Sammelhandschrift in altirischer Sprache: das „Lebor na hUidre“. Das „Buch der dunkelfarbigen Kuh“ erzählt eine der zentralen Geschichten aus dem Sagenkreis des Ulster-Zyklus: den Rinderraub von Cooley.

Rundtürme, Ruinen und Hochkreuze dominieren die Anlage von Clonmacnoise. – Fotos Tourism Ireland

Auch die Architektur der Anlage umfasst seit frühchristlicher Zeit eine Vielzahl von Kunstschätzen. Die besonderen Sehenswürdigkeiten sind die keltischen Hochkreuze: das „Cross of the Scriptures“, das „North Cross“ und das „South Cross“. Beeindruckend zudem die herrlichen Rundtürme – und „The Whispering Arch“: Die alte Kathedrale aus dem Jahr 909 inmitten der Anlage ist umgeben von einem alten Friedhof, den ein Torbogen Richtung Shannon begrenzt. Eine Hohlkehle verläuft von der einen zur anderen Seite: the Whispering Arch“. Ein geflüstertes Wort auf der einen Seite des Tors ist über die Hohlkehle auf der anderen Seite deutlich zu verstehen, angeblich bis zur gegenüberliegenden Kirche. So konnten die Priester der Sage nach – besonders in infektiösen bis epidemischen Zeiten – Gläubigen, die an ansteckende Krankheiten litten, ungefährdet die Beichte abnehmen. Wer hätte in heutigen Zeiten nicht volles Verständnis für derlei Distancing. Weitere Informationen unter https://heritageireland.ie.

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