Grüne Insel, braunes Wasser, schwarzes Bier – mit dem Hausboot auf dem Shannon unterwegs

Ein Traum für Freizeitkapitäne: Eine Bootstour über den Shannon in Irland. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Ein Traum für Freizeitkapitäne: Eine Bootstour über den Shannon in Irland. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Keine Frage, auf dem Shannon und seinen Seen weht ein anderer Wind. Teilweise sogar ein rauer. Und im Augenblick kommt dieser direkt von vorne. Mit dem Effekt, dass die Wellenkämme sich auftürmen wie im Spätherbst in der Nordsee. Am Bug spritzt das Wasser meterhoch über die Bordwand. Schon kommen Zweifel auf, ob es am Wellengang liegt oder ob es gestern Abend doch ein Stout zu viel war.

Mühsam kämpft sich die „Achadh“, die wir am Vortag nach einer kurzen Einführung am Killinure Point übernommen haben, über den fast 30 Kilometer langen und bis zu sieben Kilometer breiten Lough Ree.

Und nicht nur wegen des hohen Wellengangs ist uns ein wenig mulmig. Schließlich hatte uns Glenda, aus deren Händen wird das Hausboot, Marke Pénichette, übernommen haben noch gewarnt: „Auch wenn es weniger bekannt ist als Nessie, so treibt im Lough Ree das eigentlich einzig wahre Seeungeheuer der Welt sein Unwesen“, versicherte Glenda mit dem Brustton der Überzeugung.

Irgendwie scheint es rückblickend, als sei der hübschen Blondine bei diesen Worten ein verschmitztes Lächeln über die Lippen gehuscht. Unbeirrt fuhr sie jedenfalls fort, berichtete, dass im Mai 1960 drei Priester während einer Angeltour das Monster erstmals gesehen hätten. Und als ob Kirchenmänner ohnehin nicht schon glaubwürdig genug wären, ergänzte Glenda, dass einer der Priester geistesgegenwärtig zu Block und Stift gegriffen und das Monster skizziert habe. Außerdem hätten die Gottesdiener präzise Größenangaben machen können. Demnach ist das Wesen rund 1,80 Meter lang. Seither wollen immer wieder Angler das Monster gesichtet haben.

Trotz teilweise mäßigen Wetters zeigt sich der Shannon - wie hier in den Abendstunden in Carrick-on-Shannon - von seiner besten Seite. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Trotz teilweise mäßigen Wetters zeigt sich der Shannon – wie hier in den Abendstunden in Carrick-on-Shannon – von seiner besten Seite. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Und immer wieder hat es während der Fahrt mit seinem Kopf unter den Rumpf von Booten geklopft“, riet uns Glenda, nicht überrascht zu sein, wenn das Lough Ree Monster plötzlich vor uns auftaucht. Doch statt des Monsters türmen sich vor uns nur monstermäßige Wellen auf, die der Wind gegen den Bug prescht. Aber vielleicht ist es ja auch das Monster, das so einen Wirbel macht.

Unmittelbar vor der Brücke der Doppelgemeinde Lanesborough–Ballyleague am Nordende des Lough Ree legen wir an, um Frischwasser aufzufüllen. Die markante Brücke mit ihren sieben Bögen trennt das auf der Ostseite des Shannon gelegene Lanesborough von Ballyleague auf der Westseite. Getrübt wird die Uferidylle mit dem hoch aufragenden Schilfgras und den sanften Hügeln durch das weithin sichtbare Torfkraftwerk, das seit 1957 die gesamte Region mit Energie versorgt.

Die Fahrt über den vom Wind mächtig aufgewühlten Lough Ree hat ein wenig von großem Abenteuer. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Die Fahrt über den vom Wind mächtig aufgewühlten Lough Ree hat ein wenig von großem Abenteuer. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Viel Sehenswertes gibt es in den Zwillingsorten wenig, sieht man einmal von den Ruinen einer alten Burg ab. In Sichtweite des Anlegers findet sich ein eigentlich hübsches Haus, dessen Fenster, warum auch immer, zugemauert sind. Im schönsten Gebäude der Stadt, einem weißgetünchten, reetgedeckten Cottage ist eine kleine Modelleisenbahnausstellung untergebracht.

Beliebter Treff für Freunde des gepflegten Bieres und irischer Folkmusik ist Clarke’s Pub an der Main Street in Lanesborough, wo montags, mittwochs und samstags Livemusik auf dem Programm steht. Nur gut, dass Samstag ist, und die Band nur so vor Spielfreude trotzt. Was natürlich nicht nur die Stimmung hebt, sondern auch Durst macht.

Tief schwarze Wolken hängen über dem Shannon bei Lanesborough. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Tief schwarze Wolken hängen über dem Shannon bei Lanesborough. Der totfhaltige Untergrund verleiht dem Wasser eine braune Farbe. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Na ja, von wegen „Guinness is good for you“. Da fehlt eindeutig die Mengenangabe. Auf jeden Fall schwankt alles in dem für einen Zwei-Meter-Riesen doch etwas schmal geratenem Bett dezent. Könnte an einem Pint zu viel gelegen haben – oder es liegt am Wind, der den Shannon immer noch kräftig aufwühlt. Auch die Geräuschkulisse trägt ungeachtet der großen Müdigkeit ein Übriges dazu bei, dass irgendwie an Schlaf nicht zu denken ist. Es gluckert und brummt. Die Befestigungsseile zerren lautstark am Steg und der Bordwand, und ein paar letzte Kneipengänger haben noch ein fröhliches Lied auf den Lippen.

Am nächsten Morgen scheint Wettergott Petrus ein wenig gelinder gestimmt. Doch wir trauen dem Braten nicht. Ob dies ein Zeichen ist? Die Schwalben jedenfalls kreisen nur Zentimeter über der Wasseroberfläche. Könnte natürlich Durst sein. Könnte aber auch erklären, warum sich vor uns plötzlich wieder pechschwarze Wolken auftürmen. Doch das Ziel bleibt der Weg. Und so fahren wir weiter nördlich auf dem extrem kurvenreichen Shannon und vorbei an Tarmonbarry durch den Lough Forbes Richtung Roosky.

Das Schleusenwie hier am Albert Lock stellt für Landratten vor allem bei Wind eine kleine Herausforderung dar. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Das Schleusenwie hier am Albert Lock stellt für Landratten vor allem bei Wind eine kleine Herausforderung dar. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Obwohl Irlands größter Fluss zumeist eine stattliche Breite von 70, 80 Metern hinlegt, gibt es immer wieder Engstellen, die lediglich von einem Boot in Langsamfahrt bewältigt werden können. Da muss der Gegenverkehr schon mal ein Päuschen einlegen. Am grünen Ufer ducken sich in meterhohen Schilf unzählige Schwanen-Paare, dahinter lassen sich Rinder die saftigen Gräser schmecken.

Am Roosky Lock wartet dann die nächste Herausforderung: Die Schleuse ist geschlossen und wir sind gezwungen am Wartesteg anzulegen. Doch der starke Wind macht uns einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen treiben wir Richtung Schleusenmauer, wo wir uns mit Mühe und Not sowie ein paar Tauen halten können, bis wir in die Schleuse einfahren dürfen.

Auch die zum Teil engen Brückendurchfahrten fordern vor allem bei starkem Wind wie hier in Lanesborough voller Konzentration. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Auch die zum Teil engen Brückendurchfahrten fordern vor allem bei starkem Wind wie hier in Lanesborough voller Konzentration. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Sowohl in Roosky als auch nach dem Tarmonbarry Lock, ein weiteren Schleuse, gilt es eine „Lifting Bridge“ zu durchfahren. Dazu wird gegen eine Gebühr von 1,50 Euro der Autoverkehr kurz gestoppt und ein Brückenteil hydraulisch waagerecht nach oben in den Himmel geschoben.

Über den Lough Bofin, den Lough Bodberg und Lough Tap sowie den recht engen Jamestown Canal, der maximal zwei Booten nebeneinander Platz bietet, schippern wir mit gemächlichen Tempo Richtung Carrick-on-Shannon.

Überaus charmant gibt esich Carrick-on-Shannon mit seiner markanten Brücke über den Fluss. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Überaus charmant gibt esich Carrick-on-Shannon mit seiner markanten Brücke über den Fluss. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Warum Carrick-on-Shannon zu den beliebtesten Anlaufstellen am Shannon gehört, wird schnell klar. Nur einen Steinwurf vom Anleger entfernt, erhebt sich das alte Gerichtsgebäude. In dem Gemäuer aus dem 19. Jahrhundert ist heute mit dem Docks Arts Centre eines der beliebtesten Kunst- und Kulturzentren des Landes mit einem kleinen Theater und drei Gallerien untergebracht.

Ein besonderes Kleinod ist auch die winzige Costello Church. Das 1879 errichtete Gotteshaus schmiegt sich an zwei Wohn- und Geschäftshäuser und gilt mit einer Länge von fünf Metern und einer Breite von 3,5 Metern als zweitkleinste Kapelle der Welt.

Eine der Landmarken in Carrrick-on-Shannon: das Old Court House. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Eine der Landmarken in Carrrick-on-Shannon: das Old Court House. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Für 25 Euro ersteht Patrick bei der Tour durch die Innenstadt von Carrick eine Angel samt Köder und einer Dose Würmer. Der geschäftstüchtige Verkäufer verspricht, nachdem er kurz die Grundzüge des fachgerechten Angelns umrissen hat, dass es keine zehn Minuten dauern würde, bis der erste Fisch an der Angel zappeln würde. Vor allem Hecht, Schleie und Brasse würden hier förmlich darum betteln, an Land gezogen zu werden.

Entsprechend optimistisch planen wir das Abendessen. Nach zweieinhalb Stunden, in denen Patrick lediglich ein paar Pflanzenreste an Land gezogen hat, satteln wir um, entscheiden doch lieber im Pub eine Kleinigkeit zu uns zu nehmen. Dann eben morgen oder übermorgen. Vielleicht hatten die Fische einfach schon Feierabend. Um es vorweg zu nehmen: Auch an den nächsten beiden Tagen können wir die Fangquote nicht wirklich erhöhen. Gekaufter Fisch schmeckt aber auch. Und man muss nicht so lange am Ufer ausharren.

Stimmungsvoll liegt die Shannon-Brücke in Carrick-on-Shannon im Abendlicht. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Stimmungsvoll liegt die Shannon-Brücke in Carrick-on-Shannon im Abendlicht. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Today’s rain is tomorrow’s Guinness“, lacht der Barkeeper in Gings Bar direkt am Ufer des Shannon, als wir platschnass ins Pub stürmen. Ja, der Regen von heute ist das Guinness von morgen. So gesehen muss es morgen ganz viel frisch gezapftes von dem markanten schwarzen Bier mit dem weißen Schaumkragen geben. Heute wurden der lang anhaltende Regen im Wesentlichen nur durch gelegentliche Schauer unterbrochen. Aber zumindest ist nun klar, warum dieser Teil Irlands so herrlich grün ist.

Carrick-on-Shannon markiert den nördlichsten Punkt auf unserer einwöchigen Tour. Nun winkt der – hoffentlich sonnigere – Süden. Wir folgen dem Flusslauf zurück zum Lough Ree, der sich diesmal fast schon aalglatt gibt, was uns nach dem Rüttelmanöver der Hinfahrt durchaus recht ist.

Ein Blick zurück auf die Uferpromenade in Carrick-on-Shannon. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Ein Blick zurück auf die Uferpromenade in Carrick-on-Shannon. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Direkt vor uns schwimmt ein Kamikaze-Schwan. Mit aller Seelenruhe guckt er zu, wie unser Boot immer näher auf ihn zukommt. Erst als das die „Achadh“ vielleicht noch 20, 25 Meter von ihm entfernt ist, entscheidet er sich, mit zwei, drei Flügelschlägen doch noch in Sicherheit zu flattern, nicht aber ohne uns vorwurfsvoll hinterher zu gucken.

Unser nächstes Ziel ist Athlone, das fast genau den geografischen Mittelpunkt Irlands markiert. Die Attraktionen der 8.000-Seelen-Gemeinde liegen alle dicht bei dicht. Die Kirche St. Peter & Paul zeigt mit ihrem Hauptportal zur einst stolzen Burg. Direkt angrenzend präsentiert die Luan Gallery zeitgenössische Kunst. Athlones winziges Kneipenviertel im Schatten des alt-ehrwürdigen Castles lockt die Feierlustigen gleich scharenweise an. Ob im Snug oder im Castle Inn – überall herrschen drangvolle Enge und beste Stimmung.

Con Carrick-on-Shannon geht es wieder südwärts nach Athlone, dem zentralen Mittelpunkt Irlands.. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Con Carrick-on-Shannon geht es wieder südwärts nach Athlone, dem zentralen Mittelpunkt Irlands.. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Fast schon ein Muss ist der Besuch von Sean’s Bar, dem ältesten Pub Irlands. Seit dem Jahre 900 fließt hier das Bier in Strömen. Scheinbar so sehr, dass der geflieste Boden täglich neu mit Sägespänen überschüttet wird, um die verschütteten Gerstensaftströme einzudämmen. Und wie in fast allen Traditionshäusern des Landes erklingt hier allabendlich Livemusik.

Perfekterweise haben wir einen Liegeplatz direkt am Hinterausgang von Sean’s Bar ergattert. Es sind nur 20 Schritte bis zum Guinness und zum Craic – dem irischen Wort für großen Spaß. Leider ist der Spaß in dem historischen Pub an diesem Tag noch lange nicht vorbei. Auch nicht lange nach Mitternacht, als wir längst in der Koje liegen. Als die Musik, das Gegröle und Gelächter endlich verstummen, beginnen die Möwen mit ihrem frühmorgendlichen Geschrei. Guter Schlaf wird einfach überbewertet.

Kult: Sean's Bar in Athlone, wo seit dem Jahre 900 das Bier in Strömen fließt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Kult: Sean’s Bar in Athlone, wo seit dem Jahre 900 das Bier in Strömen fließt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Dafür liegen wir direkt in der Polposition, um als erstes Boot am nächsten Morgen durch die Schleuse stromabwärts zu fahren. Wir folgen den unzähligen Windungen des Shannon durch eine weite, flache Ebene nach Clonmacnoise. Nach Tagen auf dem Boot und in verträumten Dörfern oder Kleinstädten wirkt das im Jahre 545 vom Heiligen Ciaron gegründete Clonmacnoise faszinierend und schockierend zugleich.

Faszinierend ob der imposanten Klosterruinen und Hochkreuze direkt am Shannon-Ufer, die noch heute von der einstigen Bedeutung als geistliches Zentrums Irlands zeugen; schockierend wegen der Touristenmenge, die busladungsweise einfällt und ein fotografieren ohne Arme, Beine und Köpfe vor der Linse quasi unmöglich macht.

Eine der Landmarken am Shannon-Ufer in Athline: die St Peter and Paul Church. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Eine der Landmarken am Shannon-Ufer in Athline: die St Peter and Paul Church. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Auf der Fahrt weiter gen Süden passieren wir Shannonbridge, dessen markante Bogenbrücke aus dem Jahre 1757 bei der Namensgebung Pate stand. Am Westufer sorgt das Old Fort für einen weiteren Blickfang, während am Ostufer das weithin sichtbare Torf-Kraftwerk die Landschaft verschandelt. Beliebter Anlaufpunkt ist hier Lukers Pub, dessen Tradition bis in das 18. Jahrhundert zurückgeht.

Weiter geht es nach Banagher. Die mehr als 160 Jahre alte Shannon-Brücke mit ihren sieben engen Bögen trennt die Grafschaften Offaly und Galway. Direkt am Ufer erheben sich ein gut erhaltener Martello Turm und die Ruine von Cromwell’s Castle als stumme Zeugen einer langen Vergangenheit. Am Ufer der Marina steht der „Gourmet Food Van“, ein mobiler Imbissstand, der für sein gutes Preis-Leistungsverhältniss von Freizeitkapitänen geschätzt wird.

Shannonbridge mit der gelichnamigen Brücke und dem Old Fort. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Shannonbridge mit der gelichnamigen Brücke und dem Old Fort. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Das Städtchen selber hat schon bessere Zeiten gesehen. Davon zeugen leer stehende Ladenzeilen und Hotels. Gleichwohl findet sich an der Hauptstraße von Banagher mit dem JJ Houghs ein Kult-Pub, der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Hinter der weiß getünchten Fassaden mit den rot lackierten Fensterläden öffnet sich die Tür zu einer Kneipe, deren Inneneinrichtung zum großen Teil aus dem Sperrmüll stammen könnte.

Ein Sammelsurium aus unterschiedlichen Stühlen, die nicht unbedingt vertrauenswürdig ausschauen, ergänzt die Sammlung von kniehohen Hockern. Die Wände sind über und über voll mit Bildern, Visitenkarten, ausgestopften Köpfen toter Tiere und allerlei Kuriositäten.

Ein Relikt aus längst vergangegen Tagen am Shannon Ufer in Banagher: das kleine Banagher Castle. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Ein Relikt aus längst vergangegen Tagen am Shannon Ufer in Banagher: das kleine Banagher Castle. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Dafür sorgt hier (fast) abendlich eine zweibeiniges Kuriosum für beste Stimmung: John Bracken, in Banagher und Umgebung bekannt wie ein bunter Hund, gibt irische Lieder zum Besten. Und der in Ehren ergraute John ist selber ein Unikum. Seine Kappe ist tief ins Gesicht gezogen, sein zu langes Resthaar quillt wild unter der Krempe hervor. Ein bisschen wirkt er wie Professor Hastig.

Ein gräulicher Schnäuzer ziert die Oberlippe und lenkt ein wenig davon ab, dass die Kauleiste des passionierten Musikers doch große Lücken aufweist. Oben fehlen ihm sämtliche Schneidezähne. Nach einer Knie- und Hüft-Operation kann er sich zudem nur mühsam auf den Beinen halten, gleichwohl ist er mit Feuereifer dabei – begleitet am Piano von einer älteren Dame mit vollem Haar und Dutt.

Ein singendes Original: ohn Bracken im JJ Houghs in Banagher. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Ein singendes Original: ohn Bracken im JJ Houghs in Banagher. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Am nächsten Morgen heißt es, Abschied zu nehmen und den Rückweg Richtung Killinure Point anzutreten. Eine Fahrt, die abermals zum Geduldsspiel wird. Denn der „Apritober“ hält weiter an. Gemeint ist jene Mischung aus Aprilwetter garniert mit zum Teil üblen Herbststürmen und dem Effekt, dass das Boot nachts so durchgeschüttelt wird, dass an Schlaf wieder einmal kaum zu denken ist.

Auch der Versuch, auf der Rückfahrt erneut in Clonmacnoise anzulegen, scheitert kläglich. Rund 30 Minuten lang versuchen wir es wieder und wieder. Doch der Wind drückt uns stets vom Steg weg. Jede neue Annäherungstaktik ist zum Scheitern verurteilt. Na ja, was soll´s? Wir waren ja schon auf dem Hinweg in Clonmacnoise. Und nach einer Woche auf dem Shannon kann so etwas einen Hobby-Seemann nun wirklich nicht (mehr) erschüttern.

Malerisch in einer Shannon-Biegung gelegen: die Klosterruine in Clonmacnoise- (Foto Karsten-Thilo Raab)
Malerisch in einer Shannon-Biegung gelegen: die Klosterruine in Clonmacnoise- (Foto Karsten-Thilo Raab)

Anreise: Aer Lingus bietet von allen größeren deutschen Flughäfen ab 69 Euro Direktflüge nach Dublin an. Bus Eirrean verkehrt fahrplanmäßig einmal die Stunde mit der Buslinie 20 zwischen dem Flughafen Dublin und dem rund 140 Kilometer entfernten Athlone. Die Fahrzeit beträgt 120 Minuten. Die einfache Fahrt kostet 13,50 Euro. Vom Bahnhof in Athlone geht es mit dem Taxi zur 14 Kilometer entfernt liegenden Quigley’s Marina (Telefon 00353-90-6485716) am Killinure Point unweit von Glasson. Die Fahrkosten liegen bei etwa 15 Euro pro Strecke.

Bootsverleih: Locaboat Holidays, Postfach 867, 79008 Freiburg, Telefon 0761-207370, info@locaboat.de, www.locaboat.com/de. Je nach Größe und Saison bietet Locaboat komplett ausgestattete Hausboote für eine Woche für Preise zwischen 651 und 3.450 Euro an. Die Boote bieten je nach Typ Platz für bis zu zwölf Personen.

Hochkreuz-Romantik in den Ruinen von Clonmacnoise. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Hochkreuz-Romantik in den Ruinen von Clonmacnoise. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Reisegeschwindigkeit: Die Boote schaffen eine Spitzengeschwindigkeit von ca. 15 Stundenkilometern. Ein Führerschein wird nicht benötigt.

Shannon: Mit 370 Kilometern ist der Shannon der längste Fluss der britischen Inseln. Zusammen mit seinen Seen, Seitenflüssen und Kanälen bedeckt er fast 20 Prozent der Landesfläche Irlands. Freizeitkapitänen stehen hier rund 800 Kilometer befahrbare Wasserwege zur Verfügung.

Essen & Trinken: Sean’s Bar, 13 Main St, Athlone, County Westmeath, Telefon 00353-90-6492358, www.seansbar.ie. Der älteste Pub in Irland wartet allabendlich mit Livemusik auf.

Kunterbunte Häuserzeile unweit der Burgh in Athlone. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Kunterbunte Häuserzeile unweit der Burgh in Athlone. (Foto Karsten-Thilo Raab)

The Sister’s Bistro, Main Street, Lanesborough, County Longford, Telefon 00353-43-3327700. Kleines Café mit gutem Frühstücksangebot und Mittagskarte.

Mother India, The Docks, Athlone, County Westmeath, Telefon 00353-90-6498658. Beliebtes indisches Restaurant direkt neben Athlone Castle am Shannon gelegen.

Beshoff, 5-7 Lower O’Connell Street, Dublin 1, Telefon 00353-1-8724400. Einer der traditionsreichsten Fish & Chips Läden der Stadt unweit des General Post Office.

The Temple Bar, 47/48 Temple Bar, Dublin 2, Telefon 00353-1-6725286, www.thetemplebar.com. Einer der beliebtesten und traditionsreichsten Pubs in Dublins Vergnügungsviertel – mit viel Live-Musik.

Das Hausboot der Marke Pénichette bietet Platz für sechs bis acht Personen. (Foto Patrick Schnatmann)
Das Hausboot der Marke Pénichette bietet Platz für sechs bis acht Personen. (Foto Patrick Schnatmann)

Übernachten: Glen Guesthouse, 84 Lower Gardiner Street, Dublin 1, Telefon 00353-1-8551374, www.glenguesthousedublin.ie. Einfache Pension unweit der O’Connell Street.

Glenshandan Lodge Guest House, Dublin Road, Swords, County Dublin, Telefon 00353-1-8408838. Einfache Pension mit gutem Frühstück in Flughafennähe.

Buchtipp: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Oh, diese Iren, Conrad Stein Verlag, ISBN 978-3-86686-804-5. Das Buch ist im Buchhandel oder direkt unter www.conrad-stein-verlag.de erhältlich.

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