Royal Lochnagar – Whisky mit königlicher Note

Das Tasting ist fester Bestandteil zum Abschluss der Tour durch die Royal Lochnagar Destillerie. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Das Tasting ist fester Bestandteil zum Abschluss der Tour durch die Royal Lochnagar Destillerie. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Wohl nur die wenigsten dürfen sich rühmen, eine Königsfamilie zum Nachbarn zu haben. Noch dazu eine, die ganz nebenbei auch seit gut 160 Jahren zu den Stammkunden zählt. Und eben jene ansonsten nur selten zu sehenden Blaublüter, die gerne auf ihrem großzügigen Anwesen rund um das prächtige Balmoral Castle ihre Ruhe und Abgeschiedenheit genießen, ließen es sich wiederum nicht nehmen, den Nachbarn auf eine besondere Art zu adeln. Denn niemand Geringeres als die bis heute hoch verehrte Queen Victoria verlieh der kleinen Destillerie bereits im Jahre 1848 das Prädikat „Royal“.

Eine Art Ritterschlag, die den erst drei Jahre zuvor durch John Begg gegründeten Whiskyhersteller noch immer mit großem Stolz erfüllt und seither Teil des Markennamens der Royal Lochnagar Destillerie aus dem Dörfchen Crathie in der schottischen Grafschaft Aberdeenshire ist.

Prinz Charles hat eigenes Fass eingelagert

Ein Whisky-Fass vor der im Jahre 1845 gegründeten Destillerie. (Foto Karsten-Thilo raab)
Ein Whisky-Fass vor der im Jahre 1845 gegründeten Destillerie. (Foto Karsten-Thilo raab)

„Wir sind sehr gute Nachbarn“, lacht Destillerie-Mitarbeiterin Clair Fraser mit Blick auf die knapp zwei Kilometer flussaufwärts am River Dee gelegene Sommerresidenz der britischen Königsfamilie. Gleichzeitig räumt sie ein, dass Thronfolger Prinz Charles in der kleinen Fabrik, bei deren Namensgebung der nahegelegene Berg Lochnagar Pate stand, ein privates Fass mit Whisky besitze und eingelagert habe.

„Royal Lochnagar ist eine der mit Abstand kleinsten Brennereien in Schottland“, zieht Clair einen Vergleich zu den großen Destillerien. Während in Crathie gerade einmal 400.000 Liter im Jahr gebrannt werden, produzieren große Destillerie wie Glenfiddich zwölf Millionen Liter per anno.

Whisky-Herstellung in Handarbeit

Vom besucherzentrum der Royal Lochnagar Destillerie starten die aufschlussreichen Touren. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Vom Besucherzentrum der Royal Lochnagar Destillerie starten die aufschlussreichen Touren. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Außerdem ist bei uns alles noch echte Handarbeit. Nichts ist computergesteuert“, ergänzt die passionierte Whisky-Trinkerin, deren Vater schon in der Destillerie arbeitete. Im Schichtbetrieb vollziehen die gerade einmal sechs Mitarbeiter noch heute jeden Arbeitsschritt haargenau so wie zu Zeiten von Gründer John Begg.

„Ein jeder von uns muss viel für sich alleine arbeiten“, betont Clair, dass zum Anforderungsprofil für die Brennerei-Mitarbeiter neben einer guten Nase und einem ausgeprägten Geschmackssinn vor allem gute mathematische Grundkenntnisse gehören, um die Maße richtig kalkulieren zu können. Denn schon geringste Abweichungen von der Norm würden genügen, um den charakteristischen Geschmack, das Aroma und die Farbe des Whiskys entscheidend zu verändern.

Kein Filtersystem für das Wasser

Natürlich hält die Brennerei Whiskies verschiedener Jahrgänge vor. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Natürlich hält die Brennerei Whiskys verschiedener Jahrgänge vor. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Unser naturbelassenes Quellwasser stammt aus den nahe gelegenen Scarnock Springs“, räumt Clair ein, dass Lochnagar kein Filtersystem für das Wasser besitzt. Dies sei auch nicht notwendig, da die Qualität des Wassers exzellent sei. Zudem würde es im Laufe des Herstellungsprozesses dreimal gekocht. Hinzu komme die alkoholische Gärung. Lediglich grobe Stücke wie Äste, Stöcke und Blätter würden daher herausgefischt.

Als Grundbestandteil für den Whisky werden eben dieses Quellwasser und gemahlenes Malzschrot in einem Bottich vermischt und erhitzt. Dabei lösen sich die Zuckerbestandteile aus dem Malzschrot heraus. Die so entstandene Maischwürze wird zusammen mit Hefe in einem speziellen Holzbehälter gefüllt, wo der Zucker zu Alkohol vergoren wird. Nach ungefähr zwei Tagen ist die Gärung abgeschlossen, die gegorene flüssige Maische, der sogenannte Wash, enthält nun etwa sieben bis acht Prozent Alkohol.

Mit 63 Prozent Alkoholgehalt ins Fass

Fast wirkt es so, als sei die Zeit in der Royal Lochnagar Destillerie stehen geblieben. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Fast wirkt es so, als sei die Zeit in der Royal Lochnagar Destillerie stehen geblieben. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Anschließend beginnt die eigentliche Destillation. Dabei wird das alkoholhaltige Gemisch in einem Kupferkessel so lange erhitzt, bis der Alkohol verdampft“, gibt Clair einen Einblick in den Herstellungsprozess. Der Dampf wird, so Clair weiter, in eine Kühlanlage weitergeleitet, wo er kondensiert.

Nach einer zweiten Destillation steigt schließlich der Alkoholgehalt auf etwa 63 Prozent. Nun wird die Flüssigkeit in Holzfässer gefüllt und für mindestens acht Jahre eingelagert, bevor der Whisky für den Verkauf in Flaschen abgefüllt wird.

Fässer verleihen dem Whisky die Farbe

Nicht nur Zweibeiner scheinen sich für den schmackhaften Single Malt zu begeistern... (Foto Karsten-Thilo raab)
Nicht nur Zweibeiner scheinen sich für den schmackhaften Single Malt zu begeistern… (Foto Karsten-Thilo raab)

„Seine charakteristische Farbe und sein Aroma bekommt der Malt Whisky nicht zuletzt während der Lagerung in den alten Bourbon- oder Sherry-Fässern“, weiß die Expertin zu berichten. Je länger der edle Tropfen lagert, umso dunkler wird der Whisky und in der Regel auch etwas milder.

Nachweislich reichen die Spuren der Whisky-Herstellung in Schottland bis in das Jahr 1494 zurück. Damals durfte ein jeder Schotte das „Wasser des Lebens“, wie Whisky in Anlehnung an die gälische Bezeichnung „uisce beatha“ genannt wird, selber produzieren. Doch als die Gerste im ausgehenden 16. Jahrhundert knapp wurde, trat 1579 ein Gesetz in Kraft, welches das Brennen von Whisky ausschließlich dem Adel und einer Gruppe privilegierter Landbesitzer erlaubte.

Kampf gegen Schwarzbrennereien

Noch heute werden in Schottland zahlreiche hochwertige Whisky-Sorten hergestellt. (Foto Karsten-Thilo raab)
Noch heute werden in Schottland zahlreiche hochwertige Whisky-Sorten hergestellt. (Foto Karsten-Thilo raab)

„Spätestens als 1644 unter Oliver Cromwell eine Alkoholsteuer erhoben wurde, schossen die Schwarzbrennereien wie Pilze aus dem Boden“, wagt Clair einen kurzen Streifzug durch die Geschichte des Scotchs.

Nicht weniger als 14.000 illegale Destillen sollen zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Schottland existiert haben. Vergeblich bemühte sich die Regierung, dem Wildwuchs Einhalt zu gewähren, ehe sie 1823 im Kampf gegen die sprichwörtlichen Windmühlen mit der Einführung eines neuen Gesetzes resignierte.

Mindestens 40 Prozent Alkohol

Beim Tasting sind verschiedenes Whisky-Sorten im Ausschank. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Beim Tasting sind verschiedenes Whisky-Sorten im Ausschank. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Das Herstellungsverbot wurde aufgehoben, stattdessen wurde gegen eine Zulassungsgebühr von zehn Pfund pro Jahr sowie einer geringen Abgabe für jede Gallone Whisky offizielle Lizenzen vergeben. Mit Erfolg – denn binnen kürzester Zeit verschwanden nahezu sämtliche Schwarzbrennereien, während im gleichen Atemzug viele der heutigen Produzenten ihre Geburtsstunde erlebten. So eben auch 1845 Royal Lochnaggar.

„Schottischer Whisky ist wirklich einmalig“, verweist Clair auf die Tatsache, dass der edle Tropfen mindestens drei Jahre in Schottland gereift sein und einen Alkoholgehalt von mindestens 40 Prozent aufweisen muss, um als Scotch Whisky bezeichnet werden zu dürfen. Dabei werden im Wesentlichen drei Sorten unterscheiden: der aus reinem Gerstenmalz hergestellte Malt Whisky, der aus verschiedenen Getreidearten produzierte Grain Whisky sowie Blended Whisky, ein Verschnitt aus verschiedenen Sorten.

Unterschiede zu irischem Whiskey

Auch Royal Lochnagar produziert verschiedene Whiskies. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Auch Royal Lochnagar produziert verschiedene Whiskys. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Besonders hoch im Kurs stehen die sogenannten Single Malts. Dahinter verbirgt sich das Produkt einer einzigen Destillerie, das durchaus ein Gemisch aus verschiedenen Jahrgängen sein kann und in der Regel wenigstens acht Jahre alt ist“, unterstreicht Clair, dass stets das Alter des jüngsten Jahrganges das Etikett einer Flasche ziert.
Wichtig ist es Clair auch, noch einmal den Unterschied zwischen schottischem Single Malt Whisky und irischen Whiskey herauszuarbeiten.

Abgesehen von dem zusätzlichen „e“ in der Schreibweise unterscheidet sich der irische Whiskey nämlich durch zwei Wesensmerkmale vom Scotch: Zum einen wird die gemalzene Gerste in Schottland über einem Torffeuer getrocknet, was einen rauchigen Geschmack zur Folge hat, während in Irland ein geschlossener Ofen ohne Rauchzusatz verwendet wird. Zum anderen wird Scotch nur zweimal destilliert, während irische Whiskeys zumeist dreifach gebrannt werden.

Der Anteil der Engel

Aus den Türen der Lagerhäuser strömz der Geruch des Whiskies. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Aus den Türen der Lagerhäuser strömz der Geruch des Whiskys. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Wie in allen Destillerien in Schottland ist den Besuchern in Lochnagar auch nur ein kurzer Blick in die Lagerhäuser gestattet. Wer dabei zu tief einatmet, kann schnell besoffen sein, heißt es. Denn durch das Holz der Fässer verdunstet ein kleiner Teil des Alkoholgehaltes, der liebevoll „Angels share“, der „Anteil der Engel“, genannt wird.
„Whisky ist komplett eine Sache des individuellen Geschmacks“, unterstreicht Clair beim obligatorischen „Tasting“, wie die Kostprobe zum Abschluss der kleinen Brennereitour genannt wird.

„Der eine mag es eher lieblich, der andere eher kräftig – und für jeden gibt es garantiert irgendwo in Schottland den richtigen Whisky“, rührt Clair auch noch ein wenig die Werbetrommel für die Konkurrenz im eigenen Land. Denn sie weiß, Whisky ist nicht nur der berühmteste Exportschlager ihrer Heimat, sondern auch ein Besuchermagnet, was ihr tagtäglich in Royal Lochnagar eindrucksvoll demonstriert wird. Kombinieren doch nicht wenige den Besuch von Balmoral Castle mit einem lohnenswerten Abstecher in die kleine Brennerei mit der königlichen Note.

Wissenswertes u Royal Lochnagar in Kurzform

Natürlich stehen die Whiskies der Brennerei auch zum Verkauf. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Natürlich stehen die Whiskys der Brennerei auch zum Verkauf. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Allgemeine Informationen: www.visitscotland.com

Informationen: Royal Lochnagar Distillery, Balmoral, Crathie, Ballater, Aberdeenshire AB35 5TB, Schottland, Telefon 0044-13397-42700,  www.malts.com

Seit gut 160 Jahren wird in den alt-ehrwürdigen gemäuern das "Wasser des Lebens" hergestellt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Seit gut 160 Jahren wird in den alt-ehrwürdigen gemäuern das „Wasser des Lebens“ hergestellt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Besichtigung: Destillerie-Führungen mit anschließenden Tasting werden ab 8 Britischen Pfund angeboten und zwar im Januar und Februar montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, im März montags bis samstags von 10 bis 16 Uhr, von April bis Juni sowie im September und Oktober montags bis samstags von 10 bis 17 Uhr und sonntags von 12 bis 17 Uhr, im Juli und August montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, sonntags 10 bis 17 Uhr sowie im November und Dezember montags bis samstags von 10 bis 17 Uhr.

Torf und Gerste gehören zu den wichtigsten Bestandteilen bei der Herstellung eines schottischen Whiskys. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Torf und Gerste gehören zu den wichtigsten Bestandteilen bei der Herstellung eines schottischen Whiskys. (Foto Karsten-Thilo Raab)

{google_map}Royal Lochnagar Destillery{/google_map}