Macallan: Whisky-Genuss im gestrandeten UFO

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Das hypermoderne Besucherzentrum der Macallan Destillery setzt in jeglicher Hinsicht neue Maßstäbe. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Das mächtige, mit Gras bewachsene Dach ist optisch an die Form der umliegenden Bergkuppen von Speyside angelegt. Das Innere erinnert von den Ausmaßen eher an die Abflughalle eines Flughafens als an eine Fabrik. In der Tat stehen hier für nicht wenige himmlische Genüsse im Fokus. Denn im neuen, im Sommer 2018 eröffneten, ultramodernen Besucherzentrum der Macallan Distillery dreht sich alles um die Herstellung hochwertiger Single Malt Whiskys.

Und hier wird verglichen zu anderen Destillerien ein Quantensprung unternommen. Die gesamte Anlage ist großzügig geschnitten und Whiskyliebhaber können im Rahmen von Führungen einen Einblick in alle Bereiche der Herstellung erhalten. Lediglich das Heiligtum in Form der oberhalb des Besucherzentrums gelegenen Lagerräume bleibt bei der Tour außen vor. Dafür darf hier – im Gegensatz zu anderen Destillerien – überall fotografiert werden.

Macallan Visitor Experience – ein 160-Millionen-Invest

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Fast 200 Jahre Destillerie-Geschichte sind im Besucherzentrum anschaulich aufgearbeitet. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Dreieinhalb Jahre Bauzeit und stolze 140 Millionen Pfund, umgerechnet also knapp 160 Millionen Euro, verschlang die Fertigstellung des Vorzeigeobjekts. Im Dezember 2017 floss der erste Whisky durch die Brennblasen und im Juni 2018 öffnete das futuristische Besucherzentrum erstmals seine Pforten. Seither stimmen die Whisky-Liebhaber eindrucksvoll mit den Füßen ab; marschieren täglich zu Hunderten durch die sogenannte Macallan Visitor Experience.

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Das futuristische Besucherzentrum lässt kaum Wünsche offen. – Foto Karsten-Thilo Raab

Nicht von ungefähr kam dem stolzen Macallan-Boss Scott McCroskie bei der Eröffnung der Satz „like nothing else in the world“, also „vergleichbar mit nichts auf der Welt“, über die Lippen. Wobei er sich natürlich auf den Kosmos der Whisky-Hersteller bezog. Die gigantischen Brennblasen wurden von einem lokalen Kupferschmied gefertigt und sind darauf ausgelegt, bis zu 15,2 Millionen Liter Whisky pro Jahr produzieren zu können. Dank der hochmodernen Technologie bedarf es lediglich noch zwei Mitarbeitern, um den Herstellungsprozess zu überwachen. Insgesamt sind am Fabrikationsstandort und im Besucherzentrum 60 Stellen entstanden.

Whisky-Herstellung ohne Wasser aus dem River Spey

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Natürlich werden auch Single Malts verschiedener Jahrgänge vorgehalten. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Unter dem 14.000 Quadratmeter großen Dach des 120 Meter langen, 68 Meter breiten und bis zu 18 Meter hohen Vorzeigebaus, der nach Plänen von Graham Stirk errichtet wurde, erfolgt die Whisky-HerstellungWhisky-Herstellung nach dem bekannten Muster. Auch wenn es nahe liegen würde, das verwendete Wasser stammt nicht aus dem River Spey, der der Region den Namen gab, sondern aus einer eigenen Quelle. Gleichwohl nutzt Macallan das Flusswasser zur Kühlung. Und auch die Fischereirechte auf einer Länge von 1,5 Meilen liegen bei der Destillerie.

Bei Führungen erhalten interessierte Besucher Einblicke in alle Produktionsschritte. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Bei der Herstellung vermischt und erhitzt Macallan, das seit 1824 eine Lizenz besitzt, Quellwasser und gemahlenes Malzschrot. Dabei lösen sich die Zuckerbestandteile aus dem Malzschrot heraus. Die so entstandene Maischwürze wird zusammen mit Hefe in einem Behälter gefüllt, wo der Zucker zu Alkohol vergoren wird. Wenn die Gärung abgeschlossen enthält die flüssige Maische, der sogenannte Wash, etwa sieben bis acht Prozent Alkohol. Anschließend beginnt die eigentliche Destillation. Dabei wird das alkoholhaltige Gemisch in dem mächtigen Kupferkessel so lange erhitzt, bis der Alkohol verdampft. Der Dampf wird dann in eine Kühlanlage weitergeleitet, wo er kondensiert.

Sherry-Fässer garantieren Farbe und Aroma

Überaus beeindruckend sind die gigantischen Kessel und Brennblasen der Destillerie. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Nach einer zweiten Destillation steigt schließlich der Alkoholgehalt auf etwa 63 Prozent. Nun wird die Flüssigkeit in Holzfässer gefüllt und für mindestens acht Jahre eingelagert, bevor der Whisky für den Verkauf in Flaschen abgefüllt wird. Seine charakteristische Farbe und sein Aroma bekommt der Whisky nicht zuletzt während der Lagerung in alten Sherry-Fässern. Deren Produktion und Verwendung wird am Ende des Rundgangs in einer kleinen Ausstellung anschaulich dargestellt. Natürlich darf aber auch das obligatorische Tasting mit vier Macallan Sorten nicht fehlen.

Die Lagerung in Sherry-Fässer ist eng verbunden mit der besonderen geschmacklichen Note. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Derweil ist die in Sichtweite befindliche alte Macallan Distillery zu einer Geisterfabrik avanciert. Alles ist noch immer im Originalzustand, wird aber de facto nicht mehr genutzt.

Rekordsummen und filmischer Ritterschlag

Macallan weiß die Entstehung seines Single Malts geschickt in Szene zu setzen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Bei aller moderner Technologie bedurfte es jedoch auch viel Geduld und zahlreicher Feinjustierungen, ehe Macallan am neuen, nur 400 Meter entfernten Standort dieselbe Qualität sicherstellen konnte. Denn auch wenn die Zutaten identisch sind, dasselbe Wasser, dieselbe Gerste Verwendung finden, musste zunächst ein Feingefühl für die neuen Brennblasen entwickelt werden, um zu garantieren, dass das neue Macallan sich qualitativ und geschmacklich nicht vom alten, überaus erfolgreichen unterscheidet.

Natürlich darf am Ende des kurzweiligen Rundgangs das obligatorische Tasting nicht fehlen. – Foto Karsten-Thilo Raab

Ohnehin kann sich Macallan rühmen einen der exklusivsten Single Malt Whiskys der Welt zu erstellen. Im Jahre 2012 wurde ein 50 Jahre alter Macallan als das Lieblingsgetränk von James Bond in dem Kinohit „Skyfall“ geadelt. Und im Herbst 2018 wechselte eine Flasche „Macallan Valerio Adami 1926″ für sagenhafte 848.750 Pfund (rund 947.000 Euro) den Besitzer. Ein Ritterschlag für eine Destillerie, die dank des neuen Besucherzentrums schon längst für neue Höhenflüge gerüstet scheint. Weitere Informationen unter www.themacallan.com/en/distillery.