Überraschend: Weine in der Wallonie

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Überraschend in der Wallonie sind die unterschiedlichen Weinanbaugebiete. – Foto: Susanne Timmann

Wenn sich ein neugieriger, zukünftiger Weinbauer, der aus einer Bauernfamilie der Wallonie stammt, in die Champagne aufmacht, können prickelnde Begegnungen stattfinden. So geschah es Anfang der 2000er Jahre tatsächlich. Nicht nur die Liebe zum traditionellen, zart perlenden Schaumwein entfachte sich. Nein, auch die Liebe zur bezaubernden Tochter eines Winzers war entbrannt.

Doch um gemeinsam in ein Gläschen des selbst gekelterten Prickelwassers schauen zu können, fehlte etwas ganz Existenzielles. Kein Weinberg zum Anbau der wertvollen Reben war in der Champagne zu bekommen. So musste das junge Glück zurück in die Wallonie. Was zuerst Sorgen bereitet hatte, entwickelte sich schnell zum Segen. Zurück in Belgien fand sich ein riesiges Kartoffelfeld unter brachialen Windrädern. Genau dieses sollte es sein, fanden sich doch kalkhaltige Bodenverhältnisse wie in der Champagne.

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Wein unter Windrädern beim Domaine du Chant d’Eole . – Foto: Susanne Timmann

Welch glücklicher Zufall. Und so begann der Anbau der zarten, jungen Weinreben, die sich im Wind der Rotoren prächtig entwickelten. Denn offenbar hat die Luftzirkulation zur Folge, dass der Frost im Boden später eintritt. Und so fand um 2011 die lang ersehnte erste Weinlese statt. Die Domaine du Chant d’Eole, „Gesang des Windgottes Äol“, unter den Windrädern war gegründet. Benannt nach dem benachbarten Windradpark von Quévy.

Positiver Blick in die Zukunft

Das Domaine du Chant d’Eole ist beeindruckend modern und zukunftsorientiert. – Foto: Susanne Timmann

Heute wird eine beachtliche Fläche von 450 Hektar in Quévy, südlich von Mons in Wallonien mit traditionellen Rebsorten wie Chardonnay (2%), Pinot Noir (1%) und Pinot Blanc (52%) unter Leitung von Laurent Etienne bewirtschaftet. Stolze circa 180.000 Flaschen werden jährlich im Durchschnitt abgefüllt. Und dies so erfolgreich, dass es eine lange Warteliste für den Kauf der aktuell nur drei Sorten Brut Blanc de Blancs, Brut Rosé und den Likör Elixier St-Georges, dessen Flaschen der Drachen ziert, gibt.

Bei der Sektprobe mit Rozane Duez wird gerne zugegriffen. – Foto: Susanne Timmann

Selbst auf dieser heiß begehrten Warteliste können nur maximal sechs Flasche geordert werden. So bietet sich ein persönlicher Besuch des Weinguts an. Geplant ist allerdings ein weiterer Ausbau des Weinguts. So wäre in den Räumlichkeiten schon heute Platz genug, um eine Million Flaschen zum Reifen zu bringen.

Wo die Liebe eben hinfällt

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Mitbringsel als schöne Erinnerung. – Foto: Susanne Timmann

Vor Ort können die leckeren Tröpfchen jederzeit in der La Brasserie d’Eole oder in L’Impératif d’Eole, dem Feinschmeckerrestaurant, probiert werden. Auch bei einer Führung kann ein Schlückchen erhascht werden. Oder es findet sich ein Mitbringsel im angegliederten Shop, in dem auch Kosmetik aus den Extrakten der Weinrebenstämme zum Kauf angeboten werden. Welch wunderbare Liebesgeschichte unter Windrädern in der Wallonie.

Weinliebe aus dem Nachbarland

Jeannette Vandersteen erzählt über die Geschichte des Weinguts Château Bon Baron. – Foto: Susanne Timmann

Auch die Liebe hat Jeannette Vandersteen mit ihrem Mann Piotr aus Holland in die Wallonie getrieben. Zuerst die Liebe zu den zwei Kindern, die die Eltern häufiger sehen wollten. So wurde ein Haus gekauft mit viel Platz und einem großen Grundstück. Ziel war es, ein gemütliches bed and breakfast aufzubauen. Mit viel Zeit für gemeinsame Momente mit der Familie. Und viel Zeit für gemeinsames Kochen und genießen mit Freunden. Am besten mit einem guten Schluck Wein. Was liegt da näher, als einfach einmal selbst ein paar Reben anzupflanzen? Das Grundstück war ja groß genug.

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In jedem Fass verbirgt sich ein leckerer Tropfen. – Foto: Susanne Timmann

Laut lachend erzählt die dynamische, mitreisende Jeannette: „Wir haben ganz einfach angefangen, so entstand unsere Liebe zu unserem eigenen Wein, viel gelernt, viele Fehler gemacht. Immerhin haben wir mit sieben unterschiedlichen Reben begonnen. Dabei hatten wir keine Ahnung vom Weinbau und konnten noch nicht mal Französisch!“. Jeannette nippt bei unserer Weinprobe zufrieden an ihrem Gläschen.

Vom Amateur zur Profiliga

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Im Château Bon Baron wird circa 70 Prozent Rotwein angebaut. – Foto: Susanne Timmann

Dann schwelgt sie weiter in den Anfängen. „Ich war schon immer sehr wissensbegierig und so habe ich mir alles beigebracht, mit Freunden, mit Unmengen an Büchern. Und dann war es soweit. Wir hatten mehr Weinflaschen, als wir mit unseren Freunden trinken konnten. Selbst in unserem Keller konnten wir die 2.000 Liter Wein nicht mehr stapeln. So sind wird auf Restaurants zugegangen, die so mutig waren, unsere Flaschen ihren verwöhnten Gästen anzubieten.“

Jeannette in ihrem Element. – Foto: Susanne Timmann

Inzwischen werden sage und schreibe 14 verschiedene Rebsorten angebaut im Weingut Château Bon Baron zwischen Profondeville und Dinant im oberen Maastal. Raum und Material für die wunderbarsten Kombinationen. Wobei circa 70 Prozent Rotwein angebaut wird. Alle Weine werden von Jeannette selbst gemacht, liegen zunächst in separaten Fässern. Und in diese Fässer kommt nur höchste Qualität. Im Weingut Château Bon Baron werden die Reben per Hand gelesen. Nachhaltigkeit steht hoch im Kurs, so trägt das Weingut als erstes in Belgien das Label „Fair’n Green“ für nachhaltigen Weinbau.

Nachhaltigkeit wird groß geschrieben

Wahrlich viele Auszeichnungen zieren die Wände. – Foto: Susanne Timmann

Jeannette ist inzwischen gefragte Beraterin in punkto Weinbau. Sie und ihr großes Wissen rund um den Wein in Belgien ist hoch geschätzt. Man hilft zusammen, wenn neue Winzer anfangen wollen. Mit Lesungen zum Thema Nachhaltigkeit unterstützt sie gewinnbringend den ökologischen Weinanbau. Selbst zum Thema welcher Korken denn nun der beste sei, hat sie unglaubliche 20 Bücher gelesen. Mit dem Ergebnis, das bei ihren Tropfen Korken aus Abfällen von Rohrzuckerstangen „made in Belgien“ auf den Flaschenhals kommen. Dieser ist nochmals recycelbar und hat keinen ungeliebten Korkgeschmack. „Früher,“ erzählt Jeannette augenzwinkernd weiter, „haben viele gesagt, nein, belgischen Wein will ich noch nicht mal kosten, da bin ich immer ein bisschen böse geworden und das sind heute meine besten Kunden.“

Neue Entdeckungen bei der Weinprobe. – Foto: Susanne Timmann

Alle, die gemütlich bei der Weinprobe sitzen, lachen mit. „Und wenn ich koche, möchte ich immer den neuen Wein versuchen, dann muss mir mein Mann einen aus dem Fass raus lassen.“ Zum Abschluss hebt die ausgebildete Sommelière das letzte Gläschen, stößt nochmals mit allen an und meint: „Schöner Wein, schönes Essen und Musik ist Glück im Quadrat.“ Übrigens: das geplante bed and breakfast ist nie zustande gekommen.

Herrschaftliches Château de Bioul

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Wunderschönes Ambiente im Château de Bioul. – Foto: Susanne Timmann

Idyllisch im Tal der oberen Maas, nicht weit von Namur, liegt der elf Hektar große Weinberg von Château de Bioul. Herrschaftlich wird der kurze Weg zum Gehöft, durch eine alte Doppelallee mit Lindenbäumen, zurückgelegt. 1906 kaufte François Vaxelaire, der mit einem Supermarkt reich wurde, das Anwesen. Noch heute ist es im Besitz der Familie: Andy und Vanessa Vaxelaire widmen sich mit Leidenschaft dem Weinbau.

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Die Weinprobe im Château de Bioul ist besonders köstlich. – Foto: Susanne Timmann

Seit 2020 ist ihre Produktion mit acht verschiedenen Rebsorten bio-zertifiziert. Eine kleine, spannende Ausstellung führt durch die lange Geschichte des Weinguts. Danach schmeckt die Weinprobe im wundervollen Wintergarten oder im Sommer draußen nochmal so gut. Der riesige, sehr gepflegte Garten steht allen Besuchern offen. Ein wunderbares Ambiente für ein Picknick mit einem Fläschchen Wein. In der Wallonie lässt es sich einfach gut leben. Weitere Informationen zur Wallonie unter www.visitwallonia.de.


Die Recherche fand auf Einladung/ in Zusammenarbeit mit Visit Wallonia statt.