Kreuz, Bikinis und mehr – Benidorm is different

Benidorm
Abendstimmung in Benidorm. – Foto: Honza Klein

Am Morgen, wenn aus dem Meer langsam die Sonne heraussteigt, ist es vielleicht am schönsten in Benidorm, ziemlich in der Mitte der spanischen Mittelmeerküste. Die rund fünf Kilometer langen feinen Sandstrände sind noch fast menschenleer. Nur vereinzelt sind morgendliche Schwimmer in den sanft ans Ufer schlagenden Fluten zu entdecken. Auf den Promenaden, die übrigens immer wieder WiFi-Punkte haben, wird gejoggt oder einfach nur der Morgenspaziergang absolviert, am Strand strecken sich einige Yogajünger.

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Strahlendweiß präsentiert sich die Plaça del Castell. – Foto: Honza Klein

Dann geht es zum Kaffee. Einkehrmöglichkeiten gibt es reichlich. Sei es an der Playa de Levante, Playa del Mal Pas oder auch Playa de Poniente. An letzterem ist vor allem die Madness Speciality Coffee Rostery einer der Orte für die Jünger der gerösteten Bohnen. Und wer möchte, kann sich von den Mitarbeitern dazu noch eine kleine Schulstunde in Sachen Kaffeeanbau, Kaffeesorten und Kaffeezubereitung geben lassen. Vergleichbar mit einer Weinprobe.

In der Bodega Enrique Mendoza lässt sich die Vielfalt des einheimischen Weines genießen. – Foto: Honza Klein

Der Kaffee freilich stammt nicht aus der Region. Auch wenn es mit mehr als 300 Sonnentagen im Jahr fast zu vermuten wäre. Aber Kaffee benötigt Höhe. In Bergen bis zu 2.000 Metern über dem Meer gedeiht er in Kolumbien oder auch Äthiopien. Doch bleiben wir am Mittelmeer und der bereits erwähnten Weinprobe. Man will ja nicht den ganzen Tag lang faul am Strand liegen. Nur wenige Autominuten Richtung Berge ist beispielsweise die Bodega Enrique Mendoza beheimatet. Auf 85 Hektar gedeihen vor allem die für die Region typische Monastrell-Traube, aber auch Chardonnay, Merlot und Shiraz. Immerhin ca. 2.800 Jahre alt ist die Geschichte des Weinbaus in der Gegend. Eine Probe ist durchaus zu empfehlen.

Warme Wohltat selbst im Herbst

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Selbst im Herbst bestechen die Strände von Benidorm durch angenehme Temperaturen. – Foto: Honza Klein

Doch zurück nach Benidorm, zurück an den Strand. Dort ist es vor allem an der Playa de Levante inzwischen gut gefüllt, um es vorsichtig zu sagen. Selbst Ende Oktober, Anfang November sind die vielen Strandliegen gut belegt. Es sind immer noch um die 25 Grad Celsius und irgendwie mag man sich nicht so recht vorstellen, wie es in der Hochsaison im Sommer ausschaut. Die 42.000 Hotelbetten sind dann fast komplett belegt.  Vor Corona 2019 waren es immerhin 16,4 Millionen Übernachtungen, die verzeichnet wurden. Zum Vergleich: Im gleichen Jahr waren es in Berlin ca. 34 Millionen bei 145.000 Hotelbetten. Vor allem Briten, Portugiesen und Italiener, aber auch viele Niederländer und Polen sind Gäste. Deutsche eher weniger. Die gehen lieber nach Mallorca oder auf die Kanarischen Inseln.

Für jeden Geschmack findet sich der richtige Strand. – Foto: Honza Klein

„Das ändert sich aber gerade“, erzählt Jorge, der bei Benidorm Tourismus arbeitet. Mallorca und die Kanaren seien teurer geworden und so ist Benidorm eine Alternative. Zudem ist es mit ca. drei Flugstunden aus Deutschland über den Flughafen Alicante günstig zu erreichen. Es ist praktisch ein Ziel mit Wettergarantie das ganze Jahr hindurch. Gefragt, wann es das letzte Mal geregnet hat, muss der Taxifahrer einen Moment überlegen: „Das muss im März gewesen sein.“ So ist Benidorm gerade auch im Herbst und Winter, wenn im Rest Europas die vorherrschende Himmelsfarbe grau ist, ein beliebtes Ziel. Long-Stay wird immer beliebter und selbst im Januar sind es noch um die zehn Grad. Langeweile kann keine aufkommen. Die bereits erwähnte Weinprobe ist eine Abwechslung, es gibt fast 140 Kilometer Radwege und Mountainbike-Strecken, Golf, jede Art von Wassersport, Shopping, fünf Themenparks oder man flaniert einfach durch die Stadt. Das gastronomische Angebot ist riesig und vor allem günstig, gemessen an deutschen Preisen.

Meiste Wolkenkratzer pro Kopf

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Im Häusermeer von Benidorm finden sich einige architektonische Blickfänge. – Foto: Honza Klein

Apropos Stadt. Diese Bezeichnung ist eigentlich untertrieben. Benidorm wirkt eher wie eine Megacity. Der Ort zählt, gemessen an der Zahl der Einwohner (ca. 67.000) zu den Städten mit den meisten Wolkenkratzern pro Kopf. Man mag darüber streiten, ob das ein erstrebenswerter Rekord ist. Reiseleiter Jorge meint verschmitzt: „Es dauert immer eine Weile, die Schönheit der Skyline zu erkennen.“ Ein Journalistenkollege meint nach dem ersten Eindruck: „It‘s different“. Wobei einige der Häuser in der Tat eine gute Figur machen und irgendwie hat es auch eine ungewohnte Faszination. Es hat nur eben so gar nichts mit dem Spanienbild von Finca etc. zu tun. Die Natur ist aber nur wenige Minuten entfernt und es ist leicht, dem Trubel schnell zu entfliehen.

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Ein Hauch von Manhattan liegt über Benidorm. – Foto: Honza Klein

Etwa im Parque Natural Sirre Helada. Schöne Wanderwege mit beeindruckenden Aussichten auf die Skyline finden sich dort. Bei klarem Wetter kann man bis ins 130 Kilometer entfernte Ibiza blicken. Strecken für Mountainbiker und sogar zwei ziemlich menschenleere Buchten lassen sich entdecken. Und ein Kreuz, welches am Abend über der Stadt leuchtet. Gebaut wurde es im Jahre 1973. Anfang der 1970er Jahre begann so langsam der Tourismus. Immer mehr internationale Gäste kamen und wollten den Strand und das Meer genießen.

Bikini-Verbot áde

Kleine Hommage an den Bikini-Deal mit dem Diktator. – Foto: Honza Klein

Einziges Problem: In Spanien war der Bikini verboten. Zum Leidwesen der westlichen Sonnenanbeter. Doch der damalige Bürgermeister wollte nicht auf die Einnahmen durch die Gäste verzichten. So machte er sich auf nach Madrid zum damals noch herrschenden Diktator Franco. Er überzeugte ihn von der Wichtigkeit des Tourismus, rechnete ihm die Einnahmen vor und schließlich genehmigte Franco den Bikini. Damit war Benidorm der erste Ort in Spanien, an dem diese Badebekleidung erlaubt war. Bedingung des Diktators allerdings: der Bau eines Kreuzes. So eine Art diktatorischer Ablasshandel. In den folgenden Jahren begann der Bauboom und heute ist die Stadt zu fast 100 Prozent vom Tourismus abhängig. Die meisten Häuser beherbergen jedoch die Einheimischen oder es sind Ferienwohnungen. Hotels sind eher in der zweiten Reihe.

Aussichtsreiches Badevergnügen auf dem Dach des Barceló Benidorm Beach Hotel. – Foto: Honza Klein

Doch es gibt Ausnahmen. Neueste Adresse: Barcelo Benidorm Beach Hotel. Erst Anfang Oktober eröffnet. Im Stil der 1970er Jahre gestaltet, soll es an die touristischen Anfänge erinnern. Besonders die Dachterrasse mit Blick auf die Playa de Levante, die Skyline und den sensationellen Sonnenuntergang könnte gerade in der Sommersaison einer der Hotspots werden. Jedoch wie gesagt: Saison ist in Benidorm eigentlich immer. Weitere Informationen unter www.visitbenidorm.es.


Die Recherche fand auf Einladung/mit Unterstützung von Turespaña, dem Spanischen Fremdenverkehrsamt, statt.