Übernachten an der Emscher: Nachtlager als Teil eines Kunstwerkes

Teil der Emscherkunst: Eine Installation mit 1.000 Zelten von Ai Weiwei, in denen übernachtet werden kann. (Foto: Ai Weiwei)

Unter dem Titel „Aus der Aufklärung“ entwickelte der chinesische Künstler und Architekt Ai Weiwei für die EMSCHERKUNST.2013 ein ganz besonderes Projekt: 1.000 farbige Igluzelte für je zwei Personen laden Besucher und Anwohner an zehn ausgewählten Zeltplätzen entlang der Emscher zum Campen ein. Mit zehn unterschiedlichen Designs der Außenhülle bezieht sich Ai Weiwei auf einige seiner früheren Arbeiten. Ausgestattet sind die temporären Zeltplätze mit einfachen sanitären Anlagen. Zu buchen sind die Zelte gegen eine geringe Leihgebühr von 12 Euro je Zelt für zwei, maximal drei Personen unter www.emscherkunst.de. Mit der Übernachtung erhalten Besucher außerdem die Möglichkeit, an der Verlosung der 1.000 Zelte im Anschluss an die Ausstellung teilzunehmen.

Ai Weiwei in Peking mit den Zeltenentwürfen für sein Projekt "Aus der Aufklärung". (Foto: Galerie Urs Meile)
Ai Weiwei in Peking mit den Zeltenentwürfen für sein Projekt „Aus der Aufklärung“. (Foto: Galerie Urs Meile)

Ai Weiwei, der seine Heimat China weiterhin nicht verlassen darf, berichtete in einem Email-Dialog mit EMSCHERKUNST-Kurator Florian Matzner über seine Idee zu den Zelten: „Ein wichtiger Bestandteil des Projekts EMSCHERKUNST ist es, der Natur zurückzugeben, was ihr einst von der Industrie genommen wurde. Das Ziel von „Aus der Aufklärung“ ist es, den Menschen eine Gelegenheit und die Inspiration zu bieten, Zeit mit der Luft, dem Wind und den Jahreszeiten zu verbringen. Das Projekt kann eine sinnliche und einfühlsame Beziehung sowohl zur Ökologie der Umgebung wie auch zu den Benutzern haben.“

Ai Weiwei auf die Frage, welche Verbindung die Zelte zum Ruhrgebiet haben sollen: „Die Motive und Muster auf den Zelten vermitteln eine bestimmte Botschaft. Sie sollen ganz andere Empfindungen hervorrufen als die, die mit der früheren industriellen und kapitalorientierten Geschichte der Region assoziiert werden, welche sich dauerhaft auf die Ökologie im Ruhrgebiet ausgewirkt hat. Es war wichtig, dass das Projekt farbenfroh und unbeschwert sein sollte, und besonders wichtig war es, dass nichts dauerhaft zurückbleiben sollte. Es geht in diesem Projekt um Kommunikation und Interaktion, nicht um Produktion.“

„Fluss wird Wolke“ von Reiner Maria Matysik an der Emschermündung in Dinslaken .(Foto: Reiner Maria Matysik)

Insgesamt 1.000 Zelte hat der Künstler in Peking für dieses Projekt herstellen lassen, 20 davon behält Ai Weiwei selbst. Der Titel „Aus der Aufklärung“ bezieht sich dabei auf die historische Zeit der europäischen Aufklärung und stellt gleichzeitig einen Bezug zu der großen deutschen Ausstellung „Kunst der Aufklärung“ her, die 2011 in Peking initiiert wurde. Zeitgleich wurde damals Ai Weiwei durch chinesische Behörden inhaftiert und 81 Tage festgehalten.

Dem Wunsch des Künstlers entsprechend sollen die Zelte nach Ende der Ausstellung in der Region verbleiben und im Rahmen einer Lotterie, an die Bevölkerung und Besucher übergeben werden.

Auf zehn Zeltplätzen innerhalb des 47 Quadratkilometer großen Ausstellungsparcours zwischen Gelsenkirchen und Dinslaken können die Besucher ab Ausstellungsbeginn campen. Die Plätze werden für die gesamte Ausstellungsdauer in Dinslaken, Oberhausen, Bottrop und Gelsenkirchen eingerichtet.

Neben den Zelten von Ai Weiwei besteht während der Ausstellung die Möglichkeit, in zwei weiteren Werken der EMSCHERKUNST zu übernachten. Auch in diesem Jahr können Gäste in der Brückenskulptur „Warten auf den Fluss“ der niederländischen Künstlergruppe Observatorium die Nacht verbringen und gemeinsam „produktiv Warten“. Nach der Ausstellung 2010 abgebaut und eingelagert, wird die Brücke in Oberhausen auf dem Holtener Feld, einer zukünftigen Auenlandschaft der Emscher, wieder aufgebaut.

Weiterhin wird es in der von Reiner Maria Matysik an der Emschermündung angesiedelten Wolkenstation im Rahmen des Projekts „Fluss wird Wolke“ eine Übernachtungsmöglichkeit für zwei Personen geben. Detaillierte Informationen zu den Übernachtungsmöglichkeiten sowie Reservierungsmöglichkeiten finden sich unter www.emscherkunst.de.

Ungewöhnliche Schlafstatt: "Fluss wird Wolke" von Reiner Maria Matysik an der Emschermündung in Dinslaken. (Foto: Reiner Maria Matysik)
Ungewöhnliche Schlafstatt: „Fluss wird Wolke“ von Reiner Maria Matysik an der Emschermündung in Dinslaken. (Foto: Reiner Maria Matysik)

Zum Hintergrund: Die Ausstellung EMSCHERKUNST.2013 läuft noch bis zum 6. Oktober 2013 findet. Der „Ausstellungsraum“ ist die Emscher-Insel zwischen Gelsenkirchen und Oberhausen sowie das Emscherdelta bei Dinslaken und Duisburg mit der Mündung des Flusses in den Rhein.

Die internationale Ausstellung EMSCHERKUNST im nördlichen Ruhrgebiet begleitet als Triennale bis 2020 eines der größten Renaturierungsprojekte Europas – den Umbau des Abwasserflusses Emscher hin zu einer natürlichen Flusslandschaft. Während der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 war die EMSCHERKUNST.2010 das größte Kunstprojekt im öffentlichen Raum und begeisterte 200.000 nationale und internationale Besucher.

Buchtipps: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: 99 x Ruhrgebiet wie Sie es noch nicht kennen, Bruckmann Verlag, ISBN 978-3-7654-6538-3. Erhältlich ist der Titel für 12,99 Euro im Buchhandel oder direkt beim Bruckmann Verlag

Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Ruhrgebiet für eine Hand voll Euro, Westflügel Verlag,  ISBN 978-3-939408-01-7. Erhältlich ist das Buch zum Preis von 13,90 Euro im Buchhandel oder direkt beim Verlag.