Städel statt MoMa: Ein Tag in Mainhattan

Der Römerberg von Frankfurt wird von pittoresken Fachwerkhäusern gesäumt. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Der Römerberg von Frankfurt wird von pittoresken Fachwerkhäusern gesäumt. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Bequemes Schuhwerk, ein Tag Zeit, eine nette Begleitung – mehr braucht es nicht, um sich in der Mainmetropole Frankfurt einen schönen, kulturell und kulinarisch inhaltsvollen Tag zu bereiten. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Kulturelle so nah liegt? Wer das Metropolitan Museum in New York gesehen und das Louvre in Paris erkundet hat, der ist reif für die kulturellen Schatztruhen des eigenen Landes. Am besten, man startet im Städel Museum, dessen spektakulärer, im Frühjahr 2012 eröffneter Anbau für Aufsehen sorgte.

Die Frankfurter Skyline vom Main-Ufer aus. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Die Frankfurter Skyline vom Main-Ufer aus. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Nach Frankfurt kommt irgendwie jeder einmal. Sei es der zentralen Lage in unserem Land geschuldet, den ungezählten Konferenzen und Seminaren, die hier stattfinden oder einfach der Tatsache, dass viele Fernreisen über den Frankfurt International Airport abgewickelt werden. Es lohnt sich aber auch „Mainhattan“, wie es von den Einwohnern liebevoll genannt wird, einmal einen richtigen Städtetrip oder zumindest einen ganzen Tag zu widmen.

Wer mit der Bahn anreist, der kommt zügig in den Genuss des Flairs der 700.000-Einwohner-Stadt am Main. Nimmt man den Nebenausgang des altehrwürdigen Hauptbahnhofs und begibt sich über die Kaiserstraße auf dem direkten Weg zum Mainufer, so flaniert man bereits nach wenigen Minuten direkt am Wasser. Die vor Anker liegenden Flusskreuzfahrtsschiffe verstärken den fast maritimen Eindruck, den man hier von dieser Metropole gewinnt. Bereits an der nächsten Fußgängerbrücke, dem Holbeinsteg, wird dann der gemächlich dahin fließende Main überquert. Und da steht es dann auch schon zur Linken, das stolze, imposante und einfach schöne „Städelsche Kulturinstitut“, kurz Städel Museum genannt. Direkt am Mainufer gelegen, zählt es zu den renommiertesten Kunstsammlungen der Welt. Bereits im Jahre 1815 von Namensgeber Johann Friedrich Städel gegründet, gilt die Stiftung bis heute als eine der bedeutendsten Museumsstiftungen in Deutschland.

Auch im Vorgarten des Frankfurter Städel Museums mangelt es nicht an besonderen Blickfängen. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Auch im Vorgarten des Frankfurter Städel Museums mangelt es nicht an besonderen Blickfängen. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Die Fakten klingen erst einmal erschlagend: Rund 7.000 Quadratmeter umfassen die Ausstellungsräume, 2.900 Gemälde, 500 Fotografien, 600 Skulpturen und mehr als 100.000 Zeichnungen und Drucke haben hier ihr Zuhause gefunden. Der Bogen der künstlerischen Arbeiten spannt sich dabei vom Mittelalter über die Renaissance, den Barock, die klassische Moderne bis hin zur Gegenwartskunst. Wer bei so einem riesigen Angebot Sorge hat, den Überblick zu verlieren oder gar nicht erst den Zugang zu finden, dem sei ein Audio-Guide empfohlen. Die im Städel-Museum angebotenen Geräte gleichen in der Bedienung einem modernen Smartphone und haben mit den ständig knisternden und rauschenden Dingern von einst nichts mehr zu tun. Intuitiv wählt man entweder die Nummer des jeweiligen Bildes an, vor dem man stehen bleibt, oder man lässt sich mit spannenden Rundgängen hörbuchartig wahlweise in die künstlerische Welt der Liebe, des Schreckens oder der Trauer und des Verlust entführen.

Mit den praktischen Audio-Guides erschließt sich das Städel Museum in seiner voller Pracht. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Mit den praktischen Audio-Guides erschließt sich das Städel Museum in seiner vollen Pracht. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Klar, dass so viel Kunst auf einmal durchaus ermüdend wirken kann. Die Galerie der alten Meister sollte man sich für nach der Kaffeepause aufheben. Seine Erfrischung kann man wahlweise im schattigen Café und Restaurant Holbein einnehmen oder auf den ehrwürdigen Stufen des Museumseingangs.

„Nehmen Sie Ihr Tablett samt Kaffee ruhig mit raus“, lächelt die hübsche junge Verkäuferin, deren Gesicht an eine der auf den Bildern verewigten venezianischen Schönheiten erinnert, „Da schmeckt er doch noch viel besser!“ Recht hat sie. Beim Blick auf den Main, die flatternden Fahnen, die von kommenden und aktuellen Ausstellungen künden und auf die am Ufer joggenden, spazierenden und verweilenden Passanten entspannt es sich hervorragend.

Die umfangreiche Sammlung des Städel Museums umfasst Kunstwerke aus den verschiedensten Epochen. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Die umfangreiche Sammlung des Städel Museums umfasst Kunstwerke aus den verschiedensten Epochen. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Frisch gestärkt geht es dann in das erste Obergeschoss, wo die alten Meister warten. Nach der eher leichtfüßigen Kunst, der Sonderausstellung von Piero Manzoni, die wir mit beflügelnder Freude vorher genossen haben, wird es nun ernsthafter, wie es scheint. Während Manzoni, der bereits im Jahre 1963 im Alter von 29 Jahren verstarb, in Dosen abgefüllt „merda d’artista“, die Darmausscheidungen des Künstlers als Kritik an seinen Künstlerkollegen schuf, so geht es hier, wie es scheint, bei den alten Schinken um echte Themen.

Gleich im Treppenaufgang hängt rechte Hand das riesige Gemälde „ohan Hus zu Konstanz“ von Carl Friedrich Lessing aus dem Jahre 1842. Mit dem Aufgreifen dieses kirchlich umstrittenen Themas goss der Maler Öl in das Feuer der politischen Diskussionen seiner Zeit: Hus hatte das dekadente Leben des Klerus angeprangert und war daraufhin zum Tod durch Verbrennung auf dem Scheiterhaufen verurteilt worden. Entsprechend geteilt zeigten sich die Reaktionen auf das monumentale Bild: Gefeiert von den einen Zeitgenossen, empfahlen die anderen es als „Fraß für die Motten“.

Selbst der Treppenaufgang des Städel Museums erweist sich als besonderer Hingucker. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Selbst der Treppenaufgang des Städel Museums erweist sich als besonderer Hingucker. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Schreitet man weiter durch die Ausstellungsräume mit den farbstark gestalteten Wänden, so trifft man auf alte Bekannte: Ein Gemälde von Lucas Cranach d.J. zeigt einen fülligen Martin Luthers auf der linken Seiten. Ein Stück weiter erkennt man ein Anlitz, dass den älteren Besuchern sehr lieb und teuer ist, handelt es sich doch bei dem abgebildeten Herrm Urmiller, gemalt von Barthel Beham um den Kopf, der mehrere Jahrzehnte lang auf den guten alten 50-DM-Scheinen prangte. Durch den wirklich gut gemachten Audio-Guide erfährt der geneigt Kunstfreund, dass dieses Bild eine neue Epoche in der Portraitmalerei eingeläutet hat.
Der reiche Kaufmann ließ sich ohne wertvollen Schmuck, aber dafür mit seinem kleinen Sohn auf dem Schoss abbilden. Durch Einbeziehung des Kindes hat sich das typische Allianzbildnis des Spätmittelalters hier zum psychologisch durchdachten Familienbildnis gewandelt.

Nach so viel schönen Künsten wird es langsam Zeit für ein Mittagessen. Leichtfüßig flaniert man ein paar Schritte am Mainufer entlang, bis zur nächsten Fußgängerbrücke, dem Eisernen Steg. Dieser hat inzwischen seinen Namen im zweifachen Sinne verdient. Zum einen, weil diese Brücke im Jahre 1868 aus massivem Metall gefertigt wurde. Zum anderen, weil sie inzwischen Tausende von Schlössern, die meist den Namen oder Initialen der jeweiligen Verliebten beschriftet sind und von ewiger Verbundenheit zeugen sollen, behangen ist.

Der Eiserne Steg wurde von Liebenden als "Schlossallee" umfunktioniert. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Der Eiserne Steg wurde von Liebenden als „Schlossallee“ umfunktioniert. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Lässt man mit dem Eisernen Steg ein beliebtes Fotomotiv hinter sich, so hat man mit dem anderen Mainufer sogleich auch die Altstadt erreicht. Direkt hinter dem historischen Museum liegt der berühmte Römerberg mit seinem repräsentativen Rathaus das bereits seit über 600 Jahren Sitz der Stadtregierung ist. Der große Balkon erlangte bereits einige Male mediale Berühmtheit, diente er doch schon so mancher Fußballmannschaft als Jubelkulisse.

Vis á vis stehen herrlich restaurierte Fachwerkhäuser. Wer Lust auf ein weiteres Museum der Sonderklasse hat, der kann hier in die Schirn Kunsthalle abbiegen, die seit ihrer Eröffnung im Jahre 1986 ein kulturelles Aushängeschild der Stadt geworden ist. Auf einer Fläche von insgesamt 2.000 Quadratmetern lassen sich Kunstwerke des Dadaismus, Expressionismus sowie zum Jugendstil bewundern.

Fast schon obligatorisch: Der Besuch der Alten Wache. (Foto: Ulrike Katrin peters)
Fast schon obligatorisch: Der Besuch der Alten Wache. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Wer Lust auf einen Stadtbummel hat, dem bieten sich hier in der Fußgängerzone reichlich Möglichkeiten zum Bummeln und Geld ausgeben. Ein nicht zu verpassender kulinarischer Stopp sollte in der Hauptwache eingelegt werden. Je nach Wetterlage lässt es sich auf der beschatteten Terrasse oder im modernen Inneren dieses historisch bedeutsamen Gebäudes hervorragend Schlemmen. Zum Traditionsgericht Frankfurter Grüne Sauce, die aus Sauerrahm und zahlreichen frischen, gehackten Kräutern besteht und mit gekochten Eiern serviert wird, trinkt man in der Mainmetropole vorzugsweise ein Glas erfischenden „Ebbelwei“.

Wer diesem Getränk schon nach dem ersten Probieren verfallen ist, dem sei noch eine anschließende Fahrt im “ Ebbelwei-Expreß“ empfohlen. In dieser historischen Straßenbahn rattert man unter Musik und mit einem Bämbel, dem traditionellen Trinkgefäß für den Apfelwein, in der Hand an vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei, bevor es wieder zurück zum Bahnhof und in Richtung Heimat geht.

Informationen: Tourismus- und Congress GmbH, Kaiserstraße 56, 60329 Frankfurt am Main, Telefon 069-21238800, info@frankfurt-tourismus.de, www.frankfurt-tourismus.de

Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankurt am Main, Telefon 069-6050980, info@staedelmuseum.de, www.staedelmuseum.de. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 10 bis 21 Uhr

Apfelwein gehört zur Frankfurt wie der Main und die Skyline. (Foto: Ulrike Katrin Peters)
Apfelwein gehört zur Frankfurt wie der Main und die Skyline. (Foto: Ulrike Katrin Peters)

Schirn Kunsthalle, Römerberg, 60311 Frankfurt am Main, Telefon 069-2998820, welcome@schirn.de, www.schirn.de

Ebbelwei-Expreß, Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH
Kurt-Schumacher-Str. 8, 60311 Frankfurt am Main, www.frankfurt-tourismus.de

Essen&Trinken: Café Hauptwache, An der Hauptwache 15, 60313 Frankfurt, Telefon 069-21998627, http://web.cafe-hauptwache.de

Für Sommerabende empfiehlt sich zudem noch ein Drink in der Frankfurter Long Island Summer Lounge, die auf dem Dach eines Parkhauses gelegen, Karibik-Feeling versprüht. Mit Rundum-Blick auf die Skyline Mainhattens kann man hier sogar in zwei Pools plantschen: Parkhaus Börse, Kaiserhofstraße 12, 60313 Frankfurt am Main, Telefon 01516-1509889, www.longislandsummerlounge.de.

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