Queensland an der Ostküste Australiens: Ja, natürlich, die Wasserwelten des Great Barrier Reefs! Aber die Trails und die Kunst der Aborigines, die Tropenwälder und Fraser Island mit XXL-Strand sind mindestens ebenbürtig.
Man hat sich wahrlich nicht gelangweilt bisher. Hat die Glass House Mountains gesehen, für die Aborigines von spiritueller Bedeutung; hat auf Australiens größtem Markt „Eumundi“ gestöbert nach Kunst der Aborigines und bunter Kleidung; hat versucht, den Didgeridoo zu blasen. Auf dem Coastal Track im Noosa National Park hielt man Ausschau nach Koalas im Eukalyptuswald.
In der Hervey Bay wurde jeder auftauchende Buckelwal euphorisch beschrien und beklatscht. Den Fotografen zuliebe zog die Cessna Extraschleifen über Fraser Island im smaragden- bis azurschimmernden Pazifik, flog über die kristallklaren Seen, über unberührte Flüsse und Creeks, so sauber wie vor Jahrtausenden. Aber die nächsten Tage übertrafen alles.
Das Kreischen der Vögel ist eindringlicher Weckruf. Rasch ist das Moskitonetz aufgerollt, die Hängematte auf dem Campground Rainbow Beach gespannt, der „Good-morning“-Tee serviert. Die Sonne zeichnet die Uferlinien am Inskip Point messerscharf; weißer Sand und blaues Wasser, soweit das Auge reicht. In Gedanken sind wir aber beim Vorabend: bei den Delphinen, die vor uns übers Wasser sprangen; den Brillenpelikanen, die sich am Strand in den glutroten Strahlen der untergehenden Sonne in Szene setzten.
Als nach einem Barbecue mit Meeresgetier und heimischem Chardonnay uns der Himmel leuchtete und wir Camp-Gäste – die Zeltbetten verschmähend – draußen saßen ums Lagerfeuer bis tief in die Nacht. Unter dem hellen, breiten Band der Milchstraße, fern von Europas Industrie-Dunst, in den Himmel träumend. – Ungebändigtes Australien, hier, ja hier, scheint die Freiheit noch grenzenlos.
Scott Harvey, ein gut gelaunter Aussi, lädt die Gruppe in sein schwarzes, panzerähnliches Allrad-Geländefahrzeug ein. Bevor er das ‚Monster‘ auf die winzige Fähre nach Fraser Island jongliert, fährt er noch zur Sand Blow-Düne am Ende des Rainbow Beach. Sensationell die Masse an Sand, wunderschön der Panoramablick auf die weite, im Morgenlicht golden schimmernde Sichelbucht!
Endlich rollen wir auf die größte Sandinsel der Welt am Südende des Barrier Reefs. Sie ist 120 Kilometer lang und sieben bis 25 Kilometer breit, Nationalpark und Unesco-Weltnaturerbe. Mangroven, Regenwald und bis zu 250 Meter hohe Dünen überziehen die Insel. Wohl nirgendwo sonst kann man eine Wanderdüne, einen Süßwassersee und den Pazifik gleichzeitig sehen.
Auf und ab geht es über die zerfurchte Sandpiste des berühmten „75 Mile Beach“ – das ist Spaß pur! Jetzt weiß jeder, warum hier einzig Jeeps zugelassen sind. Der circa 100 Meter breite Strand an der östlichen Küste ist in den Landkarten offiziell als Highway ausgewiesen, ohne Asphalt, ohne Verkehrsschilder! Aber es gelten Linksverkehr und 80 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit.
Der Strand aus besonders festem, goldgelben Sand ist der einzige Highway des Landes, der nur alle sechs Stunden für weitere sechs Stunden genutzt werden kann, denn bei Flut schluckt das Meer weite Teile der „Piste“. Nur das Wrack der „Maheno“, eines vor 80 Jahren hier gestrandeten Passagierdampfers, zeichnet sich scharf gegen die leuchtend rotbraunen Sandklippen ab.
So herrlich, so einzigartig der pudrig weiße Sandstrand ist: hier badet niemand. „Die Hai-Gefahr ist zu groß“, sagt Scott. Aber der beliebteste Strand liegt ohnehin im Inselinnern: schneeweißer feiner Sand, auf dem die türkisblauen Mini-Wellen des Lake McKenzie ausrollen, das Wasser weich und warm – ein Traumstrand ganz ohne Risiko.
Scott führt uns zu Fuß durch den 800.000 Jahre alten Regenwald im Pile Valley. Er ist der älteste auf Sand, der Daintree im Norden von Queensland der älteste der Welt. Vorbei geht es an leuchtendgrünen Parasitenpflanzen, riesigen Farnen und Würgefeigen, die sich mit skurril aussehenden Schlingästen um Bäume wickeln und sie irgendwann ersticken. Aus dem Dickicht schreien Papageien, bunte Schmetterlinge flattern lautlos um die weißen Stämme der Rosegum-Gummibäume.
Gut zwei Stunden braucht es für den Luftsprung von Brisbane nach Cairns, nördlicher Boomtown an Queenslands Küste. Das Großartige dieses Kontinents erfüllt uns, die unendliche Weite, ja, die „Rückkehr“ in die verlorene, die alte heile Welt. Ohne Ängste vor Tropenkrankheiten, Terror und Kriminalität.
Himmlisch ist der Blick nach unten auf undurchdringlichen Regenwald, auf riesige Zuckerrohrfelder und Bananenhaine unten in der Ebene, auf einen endlosen, beigefarbenen Strand davor, auf die Kräuselung über dem Barrier Reef. In der Ferne schieben sich die Whitsundays unter Wattewolken.
Das Ineinander von Wasser- und Urwaldwelten ließ die Unesco die „Wet Tropics“, Queenslands „feuchte Tropen“, und die Korallengärten des Riffs auf die Weltnaturerbeliste setzen.
Zwischen Cairns und Townville, eine knappe Autostunde südwestlich der Weltklassestrände um Mission Beach, beginnt der Janbanbarra Jirrbal Dschungel im Tully Valley. Die Wandergruppe folgt Caroline, einer Aborigine vom Stamm der Jirrbal, hinein in die Wildnis, an Sandpapierfeigen vorbei und stockgeraden Walkingstick-Palmen. Mit jedem Schritt auf dem schmalen One-way „Acre Creek Trail“ bringt uns die 35-Jährige die Natur und das Leben ihrer Ahnen näher.
Sie pflückt Blätter, die Seifenschaum erzeugen, wenn man sie zerreibt; Halme, aus deren Saft eine Art Sprühpflaster wird. Mit der weißen Milch des Milky Pine-Baumes haben sie Totems auf ihre Körper gemalt. Fisch wurde in ein Blatt des blauen, aromatischen Ingwer eingepackt. Die Rinde des Umbrella Trees hilft gegen Zahnschmerzen. „Der Regenwald sicherte meinen Vorfahren Leben und Überleben in der harschen Natur“, erzählt die Guide von Aboriginal Ingan Tours. Und schlägt dabei wieder und wieder mit ihrer Machete auf Baumstämme, die quer auf dem Pfad liegen. „So verjage ich Schlangen“.
Unser Ziel ist der 40 Meter hohe „Echo Creek Fall“. Über Felsstufen werden die Steigungen bewältigt, beim Durchqueren der Wasserläufe von Stein zu Stein sind Mut und Geschicklichkeit gefragt. Und oben wird auch uns der Wasserfall in der ursprünglichen Natur zum magischen Ort.
Caroline setzt sich abseits auf einen Felsen, schaut verloren auf das herabstürzende, tosende Wasser, versinkt augenscheinlich in die „Dreamtime“ – Traumzeit, die Vergangenes beschwört und ins Gegenwärtige bindet. Wir erahnen den engen Kontakt der Ureinwohner zur Natur.
Oft sind es nur wenige Schritte aus dem undurchdringlichen Dschungel an den Pazifik. Von Port Douglas, nördlich von Cairns, braucht das Schnellboot gut zwei Stunden in die tropische Inselwelt. Und dann Schnorcheln oder Tauchen am Great Barrier Reef, dem größten Korallenriff der Welt!
Schwärme von papageienbunten Fischen, die sich anfassen lassen. Mit Algen bewachsene Riesenmuscheln, die sich majestätisch öffnen und schließen. Königsblaue Seesterne. Bei köstlichem Seafood an Bord gleiten die Gedanken zum Anfang der Reise – zum Eumundi Market… auf der Suche nach einem Bumerang…
Allgemeine Informationen: www.australiasnaturecoast.com.au; www.queensland.com
Anreise: Mit Singapore Airlines dreimal täglich ab Frankfurt und München über Singapur nach Brisbane
Einreise: Der Reisepass muss noch sechs Monate gültig sein. Deutsche Reisende benötigen ein Visum in Form einer sogenannten elektronischen Einreiseerlaubnis (ETA). Reisebüros beraten.
Ausflüge: Eumundi Markets im Hinterland
Mystic Mountain Tours in die Glasshouse Mountain-Area mit Ureinwohner-Führer
Whale Watching Tour auf einem Luxus-Katamaran in der Hervey Bay
Relaxing und gutes Essen bei „Enzo on the Beach“, Hervey Beach
Zwei-Tagestour auf Fraser Island mit „The Discovery Group“
Rainforest Aboriginal Walk mit Ingan Tours – im Besitz der Aboriginal Grant Familie;
Dinner und Aufführung einer „Dreamtime Legend“ der alten Aboriginal Kultur mit Tänzen und Didgeridoo-Einlagen
Tauch- und Schnorcheltour zum Barrier Reef mit Speedboot der Quicksilver Group, Port Douglas;
Traditionelles Krabben-Fischen mit Speeren im Mangrovenwald am Cooya Beach
Spannender Ngadiku Dreamtime Walk mit einem Kuku Yalanji-Guide im Daintree Wald. Dabei werden Legenden erzählt, alte Überlebenskünste und Körperbemalung demonstriert
Übernachten: An der Sunshine Coast: 5-Sterne-Sheraton Noosa Resort im Zentrum des Lifestyle-Ortes
Ramada Hervey Bay in Hervey Bay; guter Ausgangspunkt für eine JetSki-Tour und Whale-watching-Tour
Rainbow Beach Ultimate Camping am Inskip Point: komfortable, feste Zelte direkt am Strand.
Im Herzen der Glasshouse Mountains liegt die privat geführte Glasshouse Mountains Ecolodge – mit Zimmern in alten Bahnwaggons und einer Holzkapelle
Mission Beach Resort am Wongaling Beach
Peppers Beach Club & Spa, Palm Cove, am Coastal Drive und Daintree Regenwald gelegen,
Peninsula Boutique Hotel Port Douglas; zwei Minuten bis in quirligen Tropenort Port Douglas
Veranstalter: 16-Tage-Selbstfahrertour „Best of Queensland“ bei FTI ab 1.549 Euro inklusive Mietauto, Ausflüge
Buchtipp: „Australien“ aus der Reihe Polyglott on tour – mit großer Faltkarte, 80 Stickern für die individuelle Planung sowie einer kostenfreien, persönlichen App für 12,99 Euro
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Katharina Büttel
lebt und arbeitet als freie Reisejournalistin in Berlin. Über 30 Jahre reist sie für ihre Reportagen und Fotos um die Welt – seit vielen Jahren veröffentlicht sie auch im Mortimer-Reisemagazin.