Mit dem Wohnmobil durch Schweden: Unterwegs zwischen Elchen und Tanzschweinen

Wohnmobil Schweden
Ein Stück Bilderbuch-Schweden: Bohusläns. (Copyright Udo Haafke)

Schweden, das Land von Elchtest, IKEA, von Nils Holgersson, Michel und Pippi Langstrumpf, gehört zu den Regionen Europas, die aufgrund ihrer grandiosen landschaftlichen Weite und Vielfalt geradezu prädestiniert sind für eine erholsame Reise mit dem Wohnmobil. Eine Vielzahl hervorragend ausgestatteter und auf die Bedürfnisse von Wohnmobilisten eingerichteter Campingplätze bieten eine ideale Ergänzung zu Rast und Übernachtung in freier Natur.

In Schweden existiert zwar das sogenannte Jedermannsrecht, das eine rücksichts- und verantwortungsvolle Übernachtung in der Natur gestattet, dies gilt jedoch nicht für Kraftfahrzeuge. Daher bemüht man sich im Lande um zusätzliche, günstig gelegene Rast- und Übernachtungsplätze, die eine Basisversorgung für das Husbil, so die schwedische Bezeichnung für ein Reisemobil, gewährleisten.

Mit dem Wohnmobil lässt sich Schweden im wahrsten Sinne des Wortes auf besondere Art und weise erfahren. (Copyright Udo Haafke)
Mit dem Wohnmobil lässt sich Schweden im wahrsten Sinne des Wortes auf besondere Art und weise erfahren. (Copyright Udo Haafke)

Und das Land ist groß, sehr groß. Die Schweden rechnen gerne in schwedischen Meilen, eine solche misst genau zehn Kilometer, da kann dann schon einmal Einiges an Fahrleistung zusammenkommen. Ein modernes Helferlein in Form eines Navigationsgerätes erweist sich hier hinsichtlich der Berechnung der Fahrtzeit zum Ziel als durchaus praktikabel. Darin sind natürlich nicht die Zeiten eingeschlossen, die man in zauberhafter Umgebung, an See oder Waldrand, in lauschigem Dorf oder für einen Stadtbesuch noch zusätzlich kalkulieren muss.

Grundsätzlich darf ein Wohnmobil mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen nur mit einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern unterwegs sein. Die Geschwindigkeitskontrollen mittels fest installierter, aber auch mobiler Radarüberwachung sind in Schweden sehr stringent und können die Reisekasse erheblich in ihrem Umfang reduzieren.

Die Höchstgeschwindigkeit für Wohnmobile liegt in Schweden bei 90 Stundenkilometern. (Copyright Udo Haafke)
Die Höchstgeschwindigkeit für Wohnmobile liegt in Schweden bei 90 Stundenkilometern. (Copyright Udo Haafke)

Das eigene Fahrrad kann zumeist problemlos am Heck des Wohnmobils befestigt werden. Dies erhöht die mobile Flexibilität während der Reise um ein Vielfaches, denn so lässt sich die gewählte Region noch viel intensiver erkunden. Allerdings ist auf den Straßen und Wegen Vorsicht geboten, denn auch hier lauert mitunter, meist in den Stunden der Dämmerung, der Elch, dessen Trägheit bisweilen zu Kollisionen mit tragischem Ausgang führen kann.

So geschehen dem Elchlederfabrikanten Göran Kallfeldt aus dem småländischen Nissafors im Herbst des Jahres 2001. „Ich war unterwegs mit meinem Rennrad, nahm an der Langstreckentour rund um den Vätternsee teil,“ erzählt Göran in seiner kleinen, unscheinbaren Manufaktur, die auf den Hinweisschildern stolz als Läderindustri angekündigt wird, „da stand er plötzlich vor mir. Es war schon ein bisschen dunkel geworden und wir haben uns beide viel zu spät gesehen. Ich steige voll in die Bremsen, verschreckt stolpert der Koloss, stürzt in den Straßengraben – und bricht sich das Genick.“

Ein nicht zu unterschätzende Gefahr: Die schwedischen Elche. (Copyright Udo Haafke)
Ein nicht zu unterschätzende Gefahr: Die schwedischen Elche. (Copyright Udo Haafke)

Dieser Zwischenfall hievte Göran in die Schlagzeilen. Tageszeitungen und Fernsehen berichten vom ersten Radfahrer überhaupt, der einen Elch auf der Straße niedergestreckt hat. Ein, zwar nicht für den Elch, glimpflicher Ausgang eines fatalen Vorfalls, der immer noch viel zu oft mit Tieren und Kraftfahrzeugen im Lande passiert.

„Komischer Zufall, nicht wahr? Ich verarbeite das gegerbte Fell des Tieres zu modischen Accessoires vom Portemonnaie bis zum Etui für Mobiltelefone und dann passiert mir sowas!“ In sich hinein lächelnd betrachtet er die gerahmten Zeitungsartikel an der Werkstattwand. „Mir wäre eine Publicity lieber gewesen, die sich mit meinen Produkten beschäftigt.“

Elchleder, das es in nur einer begrenzten Farbpalette aus hellen und dunkleren Braun- und Schwarztönen gibt, zeichnet sich durch eine besondere Weichheit bei hoher Stabilität aus. Es fühlt sich sehr angenehm an, ist aber auch vergleichsweise kostspielig. Doch aus ökonomischer Sicht ist die ausschließliche Verarbeitung der Elchhaut für seinen Betrieb nicht sinnvoll. So stehen im kleinen Laden der Kallfeldts denn auch ganz normale Lederprodukte. Diese allerdings teilweise in grenzwertig bunter Farbigkeit. „Die Jugend mag halt flippige und auffällige Utensilien. Eine IPad-Tasche in Lila, eine Hülle fürs SmartPhone in Pink – das ist eben trendy.“ lächelt Birgitta Kallfeldt achselzuckend.

Wohnmobil Schweden
Im Örtchen Gränna werden die Tanzschweine, die Polkapojkarna, hergestellt. (Copyright Udo Haafke)

Intensive Farben dominieren auch den kleinen Laden auf der Hauptstraße des Örtchens Gränna, das oberhalb des Vättern im nördlichen Småland liegt, zauberhafte Aussichten bietet und starke Ähnlichkeiten zu Astrid Lindgrens Bullerbü aufweist. Polkapojkarna steht in verspielten Lettern auf der Schaufensterscheibe. Ein verlockender, schwerer Duft strömt nach draußen, dazu dringt aufgeregtes Stimmengewirr hinaus.

„Der Verarbeitungsprozess muss sehr exakt verlaufen. Stimmen die Temperaturen nicht, dann gelingt die Zuckermixtur ebenfalls nicht.“ Frederic Agnhammar steht mitten in seiner kleinen Hexenküche, die durch Butzenfensterscheiben vom Ladenlokal aus einsehbar ist. Kindernasen drücken sich neugierig daran platt, große Kulleraugen verfolgen gespannt, wie zwei Gesellen aus einer kochend brodelnden, grauen Zuckermasse mit geschickten Bewegungen durch Ziehen und Walken zunächst einen beeindruckenden bunten Schlauch erstellen, der nach dem Erkalten zur ersehnten, traditionell rot-weißen Zuckerstange wird.

Echte Handarbeit: Die Tanzschweine. (Copyright Udo Haafke)
Echte Handarbeit: Die Tanzschweine. (Copyright Udo Haafke)

„Polkagriser heißt das bei uns, Tanzschweine. Das kommt ursprünglich von der Farbe, die ersten Zuckerstangen waren nämlich rosa, und von der drehenden Bewegung bei der Herstellung, die an eine Drehung beim Tanz erinnert.“ Im Angebot sind heute die unterschiedlichsten Geschmacksvariationen, nicht nur süß, sondern auch herb, scharf oder fruchtig. Gleich um die Ecke von Frederics gut frequentiertem Geschäft wartet Haglunds Konditori mit einer weiteren lokalen Spezialität auf, dem halbrunden, sehr dünnen und sehr würzigen Knäckebrot.

Wer den Luxus der Freiheit und Ungezwungenheit einer Reise mit dem Wohnmobil dann hin und wieder mit dem Luxus eines stilvollen Hotels tauschen möchte, dem stehen eine Vielzahl von exzellenten Hotelunterkünften in Schlössern oder ehemaligen Herrensitzen zur Verfügung. Das Jugendstilschloss Bjertorp bei Kvänum in Västergötland gehört dabei zu den besonders illustren Häusern.

Prachtbau: Das Jugendstilschloss Bjertorp bei Kvänum. (Copyright Udo Haafke)
Prachtbau: Das Jugendstilschloss Bjertorp bei Kvänum. (Copyright Udo Haafke)

Umgeben von weitläufigen Ländereien, einem malerischen Park und einem der in Schweden so populären Golfplätze, liegt Bjertorp erhaben am Ende einer langen Lindenallee. Ferdinand Boberg zeichnet für die beeindruckende Architektur mit vielen schönen Mobiliar- und Stuckdetails der Epoche, herrschaftlichen Zimmern und Räumlichkeiten sowie einem gigantischen Billardtisch verantwortlich.

In Stockholm stammt das berühmte Kaufhaus NK aus seiner Kreativabteilung oder auch der Palast von Prinz Eugen auf der Waldemarsudde. Erbaut für die wohlhabende Familie Littorin ranken sich einige, teilweise mysteriöse Geschichten um Haus Bjertorp. So entkam Knut Henrik, der Herr des Hauses, einem Anschlag während der russischen Revolution 1917, indem er seine Kleider mit denen seines Kutschers tauschte, der an seiner Stelle getötet wurde. Der Geist des braven Untertanen soll indes noch immer im Haus unterwegs sein und manchmal in einem der großzügig ausgestatteten Zimmer und Suiten sein Unwesen treiben.

Die Westküste besticht durch romantische kleine Häfen und Dörfer. (Copyright Udo Haafke)
Die Westküste besticht durch romantische kleine Häfen und Dörfer. (Copyright Udo Haafke)

An der schwedischen Westküste nördlich von Göteborg löst eine beschauliche Inselwelt aus unzähligen Schären die Dominanz des Waldes ab. Die roten Häuser jedoch bleiben. Sie stehen, nein, sie thronen dort eher auf mehr oder weniger großen Felsen und Gesteinsschichten, deren Substanz über viele Jahrzehnte der Steinindustrie Bohusläns ein erkleckliches Einkommen auch durch internationale Exporte bescherte. Die Dörfer und kleinen Städtchen schmiegen sich anmutig an die Ufer der Schäreninseln und bilden ein höchst idyllisches Szenario.

Umso verwunderlicher erscheint es, dass die Krimiautorin Camilla Läckberg gerade dieses Bild voller Harmonie als Kulisse ihrer Romane ausgewählt hat. So das beschauliche Fjällbacka, Läckbergs Geburtsort, mit seiner Granitkirche aus Bohuslän-Marmor oberhalb des Ortskerns zu welchem verwinkelte Gässchen zwischen zeitlosen Holzhäusern hinabführen. Dort, unmittelbar an der Hafenpromenade, steht die steinerne Büste von Ingrid Bergman, deren Blick auf ihr Lieblingseiland Dannholmen gerichtet ist. Dort verbrachte die berühmte Schauspielerin oft ihre freie Zeit.

Nicht wenige schwedische Campingplätze bestechen durch ihre landschaftlich reizvolle Lage. (Copyright Udo Haafke)
Nicht wenige schwedische Campingplätze bestechen durch ihre landschaftlich reizvolle Lage. (Copyright Udo Haafke)

Die Campingplätze Schwedens liegen überwiegend in landschaftlich reizvoller Umgebung mit kurzen Wegen zum Meer oder Zugang zu Seen oder Freizeitparks. Ihre Ausstattung umfasst meist ein Restaurant mit Veranstaltungsbereich und unterschiedlichste Freizeiteinrichtungen vom Minigolf über Schwimmbad bis zur Sauna. Zudem stehen komfortable Hütten inklusive Satelliten-TV und Internetzugang zur Verfügung. Hier bestehen reichlich Möglichkeiten, um mit den Schweden und den anderen Gästen des Platzes ins Gespräch zu kommen oder u fachsimpeln mit den Chauffeuren weiterer Husbilar.

Insbesondere wenn Mitte August das gemeinsame, traditionelle Krebsfest (Kräftskiva) ansteht, herrscht ausgelassene Stimmung, die an eine drollige Mischung aus Martinsfest und Karneval erinnert. Von der Decke oder in den Bäumen baumeln die Laternen der Mondgesichter, der Tisch ist bunt dekoriert, alle Gäste tragen Plastik-Schlabberlatz und lustige Pappmütze.

Wohnmobil Schweden
Das traditionelle Krebsfest (Kräftskiva) ist eine Mischung aus Martinsfest und Karneval. (Copyright Udo Haafke)

Auf dem Tisch türmen sich in tiefem Rot die frischen Schalentiere, die es auf rituelle Weise zu knacken und zu verzehren gilt. Nach dem Genuss einer jeden Krebsrunde wird ein ausgelassenes Trinklied angestimmt und der fröhliche Gang mit einem tiefen Schluck Aquavit abgeschlossen. Krebs will schließlich schwimmen.

Mit der einjährigen Kampagne Entdeckerland Schweden sind folgerichtig der schwäbische Hersteller Hymer, in den 1960er Jahren Wegbereiter des mobilen Hauskonzeptes, und das skandinavische Königreich zu einer gemeinsamen Marketingstrategie zusammen gekommen. Diese beinhaltet unterschiedliche Angebote von Tourenvorschlägen bis hin zu konkreten Programmen mit dem eigenen oder dem gemieteten Reisemobil. Das geliehene Fahrzeug ist dann natürlich nicht mehr das eigene Heim, sondern mehr das mobile Ferienhaus.

Information: Schwedisches Fremdenverkehrsamt Visit Sweden, www.visitsweden.com, germany@visitsweden.com, Telefon 069-2222 3496

Hymer-Entdeckerland Schweden

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