Louvre Abu Dhabi: Neues Kunst-Mekka am Golf

Spektakulärer Museumsneubau: das Louvre Abu Dhabi. (Foto Mohamed Somji)

Im Emirat Abu Dhabi öffnet am 11. November 2017 mit dem Louvre Abu Dhabi ein neues kulturelles Mekka erstmals seine Pforten. Es ist das erste Museum seiner Art im Nahen Osten und richtet seinen Fokus auf gemeinschaftliche Erfahrungen der Menschheit über verschiedene Kulturen und Zivilisationen hinweg. Im Herzen von Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), entstand eine Museumsstadt, die von Jean Nouvel entworfen wurde und unter einer silbernen Kuppel ruht. Unter dem 180 Meter breiten Kuppeldach, das aus nahezu 8.000 einzigartigen Metallsternen in einem komplexen geometrischen Muster besteht, können Besucher durch die Promenadengänge mit Blick auf das Meer wandeln. Das einfallende Sonnenlicht erzeugt einen faszinierenden „Lichtregen“ unter der Kuppel, der an die ineinander verschränkten Palmblätter in den arabischen Oasen erinnert.

Ausgestellt wird die beachtliche Kunstsammlung des Museums, die aus zahlreichen Kunstwerken, Artefakten und Leihgaben führender französischer Museen besteht. Sie umfasst die gesamte menschliche Geschichte, von prähistorischen Objekten bis hin zu modernen, speziell für das Museum angefertigten Werken. Der Louvre Abu Dhabi hebt universelle Themen und Einflüsse hervor. Damit weicht er von der traditionellen Museumsgestaltung ab, bei der die Ausstellungsstücke zumeist nach ihrer Herkunft unterteilt werden. Zusätzlich zu den Galerien bietet das Museum diverse Wechselausstellungen, ein Museum für Kinder, ein Auditorium, ein Restaurant, ein Museumsshop und ein Café.

Das neue Museum, das auch architektonisch Akzente setzt, ist im wahrsten Sinne des Wortes nahe am Wasser gebaut. (Foto Mohamed Somji)

Der Louvre Abu Dhabi ist ein Element der Kulturstrategie Abu Dhabis, die unser reiches Vermächtnis schützen und unsere Kreativität beflügeln soll. Durch Investitionen in unser pulsierendes kulturelles Ökosystem unterstützen wir die wirtschaftliche Vielfalt und Entwicklung der VAE hin zu einer modernen, dynamischen Gesellschaft.

Die Geschichte des Museums beginnt im „Großen Vorraum“, wo den Besuchern das Konzept des Louvre Abu Dhabi vorgestellt wird. Dazu werden wichtige Themen wie zum Beispiel Mutterschaft oder Begräbnisrituale hervorgehoben. Der Dialog zwischen Kunstwerken aus verschiedenen geographischen Regionen, die zuweilen weit voneinander entfernt sind, zeigt trotz der unterschiedlichen Ausprägungen bestehende Gemeinsamkeiten zwischen ethischen Leitprinzipien auf. Verschiedene Kunstwerke sind in den Galerien und Szenen ausgestellt, die in zwölf Kapitel unterteilt und sowohl chronologisch als auch thematisch angeordnet wurden. Diese reichen von ersten bildlichen Kunstdarstellungen in Form einer „Baktrischen Prinzessin“, die gegen Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. in Zentralasien entstand, über Werke aus dem Zeitalter der ersten großen Imperien, veranschaulicht durch die Begräbnisrituale des alten Ägyptens anhand des liegenden Sarkophags von Prinzessin Hennutawi, bis hin zur Entstehung der neuen Weltwirtschaften, dargestellt durch eine „Dekadrachme“ aus Syrakus, die vom Künstler Euainetos signiert wurde.

Nicht nur Kunstliebhaber. sondern auch Architekturfreunde zeigen sich von Abu Dhabis neuem Prachtbau begeistert. (Foto Mohamed Somji)

Nachfolgend werden in einem Raum, der den universellen Religionen gewidmet ist, heilige Schriften ausgestellt, darunter eine „Seite aus dem Blauen Koran“, eine gothische Bibel, ein Pentateuch sowie Texte über den Buddismus und Taoismus. Der künstlerische Austausch auf den Handelswegen im Mittelalter und in der Moderne wird durch zahlreiche bedeutsame Keramikwerke veranschaulicht. Anhand der Handelsrouten zwischen Asien und dem Mittelmeer und nachfolgend zwischen Europa und Amerika können Besucher bewundern, wie sich der Horizont des Menschen durch Wissenschaft und andere Einflüsse allmählich erweiterte. Eine Reihe an Leinwandbildern aus Namban zeigt den Dialog zwischen Fernost und Europa.

Die Ausstellung stellt bildliche Darstellungen von Prinzen aus der gesamten Welt zur Schau, veranschaulicht durch einen bedeutenden osmanischen Streithelm in Form eines Turbans. Anhand einer außergewöhnlichen Kommode von Bernard II Van Risenburgh (BVRB, 1696 – 1766), die mit rotem Chinalack überzogen ist und in Frankreich entstand, gewährt das Museum einen intimeren Einblick in die neue Kunst des Lebens. Angekommen in der modernen Epoche können Besucher Édouard Manets (1832 – 1883) „Die Zigeuner“, Paul Gauguins (1848 – 1903) „Junge Ringkämpfer“ sowie Piet Mondrians (1872 – 1944) „Komposition mit Blau, Rot, Gelb und Schwarz“ entdecken. Die Ausstellung endet mit einem monumentalen Werk des Künstlers Ai Weiwei (1957) und der Hinterfragung des Konzepts der Globalisierung.

Stararchitekt Jean Nouvel entwarf das Louvre Abu Dhabi. (Foto Gaston Bergeret)

Diverse speziell für die Außenbereiche des Louvre Abu Dhabi angefertigte Kunstwerke von renommierten zeitgenössischen Künstlern stehen im perfekten Einklang mit dem Geist des Museums und dessen architektonischer Substanz. Die US-amerikanische Künstlerin Jenny Holzer (1950) kreierte drei mit Gravouren versehene Steinwände mit dem Titel „For Louvre Abu Dhabi“. Auf den Mauern befinden sich Auszüge aus der „Muqaddima“ von Ibn Khaldun, aus der zweisprachigen mesopotamischen „Schöpfungstafel“ (akkadisch/sumerisch) sowie aus der kommentierten Ausgabe der „Les Essais“ von Michel de Montaigne von 1588.

Der italienische Künstler Giuseppe Penone (1947) hat diverse Auftragsarbeiten speziell für den Louvre Abu Dhabi angefertigt. Das Werk „Leaves of Light“ ist ein ausladender Bronzebaum, in dessen Ästen Spiegel angebracht sind, um den „Lichtregen“ zu reflektieren. „Propagation“ ist eine Wand aus Porzellanfliesen, die handgezeichnete konzentrische Kreise darstellt. Die Linien des Bildes basieren auf dem Fingerabdruck von Scheich Zayed, dem Gründervater der VAE. Produziert wurde das Werk in Zusammenarbeit mit den Produktionswerkstätten der „Sèvres – Cité de la Céramique“ in Frankreich.

Abu Dhabis neuer Hingucker liegt auf einer Insel vor der Stadt. (Foto Mohamed Somji)

I.E., Mme. Françoise Nyssen, französische Kulturministerin: „Die Eröffnung des Louvre Abu Dhabi am 11. November 2017 stellt einen Meilenstein für die sich entwickelnde Partnerschaft zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Frankreich dar, zehn Jahre nach der Unterzeichnung des zwischenstaatlichen Abkommens durch unsere beiden Länder. Dieses Museum ist eines der ehrgeizigsten kulturellen Projekte der Welt in Gestalt des einzigartigen architektonischen Meisterwerks von Jean Nouvel. Frankreich ist besonders stolz darauf, durch die Bereitstellung der Expertise seiner Kultureinrichtungen und der Leihgaben aus seinen nationalen Kunstsammlungen einen derart bedeutsamen Beitrag zur Entstehung und zum Wirken des Louvre Abu Dhabi geleistet zu haben – und dies auch in Zukunft zu tun. Unser Land und der Louvre werden das Museum auch in den kommenden Jahrzehnten unterstützen.

In den 23 Galerien des Louvre Abu Dhabi werden bedeutende Leihkunstwerke aus 13 führenden französischen Museen ausgestellt. Zu den Highlights gehören Leonardo da Vincis (1452-1519) „La Belle Ferronnière“ (Leihgabe aus dem Musée du Louvre); ein Selbstporträt (Musée d’Orsay et de l’Orangerie) von Vincent van Gogh (1853-1890); ein seltenes Salzgefäß aus Elfenbein aus dem Königreich Benin (Musée du quai Branly – Jacques Chirac); ein Globus von Vincenzo Coronelli (1650-1718) aus der Bibliothèque nationale de France; zwei zusammengehörende Gui-Gefäße (Musée national des arts asiatiques Guimet); Jacques-Louis Davids (1748-1825) „Napoleon überquert die Alpen“ (Château de Versailles); Auguste Rodins (1840-1917) „Jean d’Aire“ aus dem Motiv der „Bürger von Calais“ (Musée Rodin); ein Reliquienschrein aus dem 13. Jahrhundert (Musée de Cluny – Musée national du Moyen Âge); ein chinesischer Wasserkrug im persischen Stil (Musée des Arts Décoratifs); ein Brustpanzer aus Marmesse (Musée d’archéologie nationale – Saint Germain en Laye); Primatices (1504-1570) Skulptur „Apollo von Belvedere“ aus dem Château de Fontainebleau; und Alberto Giacomettis (1901-1966) „Stehende Frau II“, bereitgestellt vom Centre Pompidou.

Spektakulärer Blickfang: der Lichtregen im Louvre Abu Dhabi. (Foto TDIC, Architect Ateliers Jean Nouvel)

Die Sonderausstellung zur Eröffnung mit dem Titel „From One Louvre to Another: opening a museum for everyone“ ist ab dem 21. Dezember 2017 öffentlich zugänglich und zeichnet die Geschichte des Pariser Musée du Louvre nach. Die in drei Teile gegliederte Ausstellung betrachtet zuerst die königlichen Kunstsammlungen im Schloss von Versailles unter König Ludwig XIV. Nachfolgend werden das Wirken der Akademie der Wissenschaften und Architektur sowie die diversen „Salons“, die in diesem Kunstpalast abgehalten wurden, ergründet. Vervollständigt wird das Bild durch die Entstehungsgeschichte des modernen Musée du Louvre. Insgesamt werden etwa 145 bedeutsame Gemälde, Skulpturen, dekorative Kunstwerke und andere Stücke aus den Sammlungen des Musée du Louvre und des Château de Versailles ausgestellt. Kuratoren der Ausstellung sind Jean-Luc Martinez, Direktor des Musée du Louvre und Juliette Trey, Kuratorin aus der Abteilung für Graphische Kunst des Musée du Louvre.  Weitere Informationen unter www.louvreabudhabi.ae.

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Karsten-Thilo Raab

berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.