Abu Dhabi – der Vater der Gazelle

Bis in die 1960er Jahre standen hier kaum mehr als Lehmhütten. Ackerbau und Viehzucht waren in dem weitgehend unfruchtbaren Land ein wenig lukratives Unterfangen. Sonne und Sand im Überfluss zwangen viele, ihren Lebensunterhalt als Fischer oder Perlentaucher zu bestreiten. Andere suchten ihr Glück im Bau der Dhows, jener traditionellen Segelboote, die heute noch vielfach im Persischen Golf zu finden sind. Ein hartes und bisweilen überaus entbehrungsreiches Leben, das 1958 quasi über Nacht mit der Entdeckung der riesigen Ölvorkommen ein Ende fand. Das schwarze Gold weckte Abu Dhabi aus dem Dornröschenschlaf und ließ das Emirat binnen weniger Jahre zu einem der reichsten Länder der Erde werden.

Die Petro-Dollar sicherten Wohlstand und ließen eine bis heute ungebrochenen Bauboom folgen. Neben herrlichen Sandstränden, weitläufigen Boulevards und fast zwei Dutzend großzügigen Parkanlagen bestimmen Baukräne das Stadtbild. Wohn- und Bürogebäude, aber vor allem Hotelkomplexe aus Glas, Stahl und Beton schießen wie Pilze aus dem Boden. Denn das größte und reichste Scheichtum der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) tritt mit Siebenmeilenstiefeln an, um aus dem touristischen Schatten des benachbarten Dubais zu treten. Wohl auch, weil die Ölquellen allmählich versieden. In zehn bis 15 Jahren dürften nach Einschätzungen von Experten in Abu Dhabi, dessen Name übersetzt soviel wie “Vater der Gazelle” bedeutet, die Ölvorräte erschöpft sein. Eine Tatsache, die dazu führt, dass die Hauptstadt der VAE nun verstärkt ihre weiteren Trümpfe ausspielen will, die das heißen: Sonne, Sand und Meer.

Besonders abseits des europäischen Sommers ist das Scheichtum am Persischen Golf ob der idealen klimatischen Bedingungen ein Paradies für Sonnenhungrige; ein Traumziel in der arabischen Welt, das neben den wohlig warmen Temperaturen hohe Hygienestandards, nahezu nicht vorhandene Kriminalität und eine in Teilen westlich orientierte Lebensart in die Waagschale werfen kann; ein Wunderland am Wüstenrand, das einerseits mit der unendlichen Stille der Wüste, schroffen Gebirgszügen und üppig grünen Oasen aufwarten lässt, andererseits den Zauber und die Mystik Arabiens mit den Annehmlichkeiten einer modernen Metropole vereint. Wie die anderen reichen Golfanrainer auch, setzt Abu Dhabi, das bei einer Fläche vergleichbar der Größe Belgiens knapp 1,6 Millionen Einwohner zählt, auf Luxus und Prestigeprojekte.

Aushängeschild von Abu Dhabi City ist ein orientalisches Märchenschloss wie aus 1001 Nacht: Das Emirates Palace. Das gigantische Luxushotel ist die neueste Attraktion am Prachtboulevard Corniche. “Eine Einordnung in der üblichen Sternekategorie würde dem Ambiente und der Ausstattung wohl nicht gerecht”, schrieben die Zeitungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten nach dem so genannten “soft opening” im Februar 2005. Tatsächlich setzt der Luxustempel, der eigens für den Gipfel der Golfstaaten für rund drei Milliarden US-Dollar errichtet wurde, nicht nur in punkto Ausstattung so manchen Superlativ. Mehr als einen Kilometer lang ist das palastähnliche Gebäude, das an allen erdenklichen Stellen mit Blattgold verziert wurde und über 114 Kuppeln verfügt, deren größte selbst den Petersdom in Rom in den Schatten stellt.

Farblich ist das monumentale Bauwerk in den typischen Farben des arabischen Wüstensands gehalten. 1002 Kristallleuchter von Swarovski, feinster Marmor und dicke Teppiche sind eine Selbstverständlichkeit, ebenso Plasmabildschirme in den 302 luxuriösen Zimmern und 92 Suiten. Danben nennt das Emirates Palace, das von Kempinski, Europas ältester Luxushotelgruppe, betrieben wird, das größte Konferenzzentrum des mittleren Ostens sein eigen. Obwohl die offizielle Eröffnung des Palastes erst im Herbst 2006 erfolgte, gaben sich hier bereits namhafte Persönlichkeiten aus aller Herren Länder wie Bundeskanzler Gerhard Schröder, US-Präsident George W. Bush, Franz Beckenbauer oder die Fußball-Nationalmannschaft Brasiliens im Vorfeld ein Stelldichein. Neben Prunk und Luxus sorgen ein eigener Sandstrand, zwei weitläufige Pool-Landschaften, ein 80 Hektar großer Park mit 8000 südafrikanischen Dattelpalmen, 18 Restaurants und mehr als eintausend Angestellte aus 50 Nationen dafür, dass sich hier nicht nur reiche Wüstensöhne überaus wohlfühlen. Wer sich die Übernachtung in dem Luxustempel nicht leisten kann oder möchte, der kann für an einer Führung mit anschließendem Kaffeetrinken teilnehmen oder in einem der grandiosen Restaurants des Hotels speisen.

Einen Kontrastpunkt zu der Welt der Schönen, Reichen und Mächtigen bildet das angrenzende Heritage Village. Hier geben Beduinenzelte, alte Fischerhütten und traditionelle Souks einen Einblick in das Leben Abu Dhabis vor dem Ölreichtum. Sehenswert ist auch Fort Qasr Al Hosn, der einstige Sitz der Herrscherfamilie aus dem Jahre 1793, der nach aufwändiger Restaurierung seit 1983 das Nationalarchiv beheimatet. Am Ittihad Square fällt eine Sammlung riesiger Skulpturen ins Auge. Darunter eine überdimensionale Dallah-Kaffeekanne, die als Symbol arabischer Gastfreundschaft gilt. Und im malerischen Dhow-Hafen liegen bis zu 200 dieser grazilen Segelboote vor Anker, bei deren Herstellung sich die Werftarbeiter in der Bateen Shipyard bereitwillig über die Schulter schauen lassen.

Entspannung und Vergnügen finden Besucher und Wüstensöhne gleichermaßen bei den traditionellen Kamelrennen, die von Dezember bis Ende April bei freiem Eintritt immer donnerstags und freitags ab 7 Uhr stattfinden. Überaus empfehlenswert ist daneben ein Abstecher in die Wüste. Hier stehen vor allem Wüstensafaris mit Wadi Bashing (einer rasante Fahrt mit dem Geländewagen durch die Dünenlandschaft) und Sand-Boarden hoch im Kurs. Letzteres ist quasi Abu Dhabis Antwort auf das Wintersportvergnügen in den Alpen. Fast immer endet der Downhill-Spaß für Scheichs und Touristen mit einem Bad im Sand. Eben jenem Sand, aus dem ein Teil der (touristischen) Zukunft Abu Dhabis gebaut ist.

Informationen: Abu Dhabi Tourism Authority, Goethestraße 27, 60313 Frankfurt, Telefon: 069-299253920, germany@adta.ae, www.visitabudhabi.com.

Einreise: Für Urlauber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wird am Flughafen ein kostenloses Visum ausgestellt. Dazu sind ein noch sechs Monate gültigen Reisepass und ein bestätigtes Rückreiseticket notwendig.

Reisezeit: Die beste Reisezeit für Abu Dhabi ist zwischen November und Mai, wenn die Temperaturen im Durchschnitt bei 25 bis 30 Grad Celsius liegen. In den übrigen Monaten steigen die Temperaturen oft weit über 40 Grad Celsius.

Sprache: Die offizielle Landessprache ist Arabisch, jedoch wird von weiten Teilen der Bevölkerung Englisch gesprochen.

Zeitunterschied: Abu Dhabi ist der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ) drei Stunden voraus.

Gesundheit: Der Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amts empfiehlt Schutz gegen Tetanus, Diphtherie, Polio und Hepatitis A, bei Langzeitaufenthalt über drei Monate auch Hepatitis B.

Alkohol: Alkohol wird lediglich in Hotels und lizenzierten Restaurants ausgeschenkt.


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