Kontraste zwischen Sahara und Strand

Sahara
Die Sahara dominiert große Teil Ägyptens. – Foto: Klaus Pfenning

Wo im Osten Ägyptens die Sahara endet, beginnt das Rote Meer. Nahtlos. Oder zumindest fast. Ein kaum mehr als 300 Meter breiter Streifen ist eine Art Sonderzone. Oft in weiten Abständen finden sich unmittelbar am Meer mehr oder weniger luxuriöse Ferienanlagen, die so illustre Namen wie Hilton, Steigenberger, Radissson Blu oder Mövenpick tragen. Eine Welt des Überflusses, in der es an nichts, aber auch an gar nichts mangelt. Mit Palmen, grünem Rasen und überbordenden Buffets. Für meist nicht wenig Geld. Vor den streng gesicherten Eingangstoren verläuft eine nur schwach befahrene Straße, die von Hurghada im Norden bis an die sudanesische Grenze im Süden führt. Vom Badeort bis in das schwer gebeutelte Bürgerkriegsland sind es kaum 400 Kilometer. Hinter der Straße beginnt die Wüste, nahtlos.

Ein jähen Kontrast zur Wüstentristesse bilden die luxuriösen Hotelanlagen. – Foto: Klaus Pfenning

Aber auch hier: zumindest fast. Ein paar Minuten muss man sich schon durchkämpfen durch eine Mischung aus Sandgruben, Lagerplätzen für Bauschutt und oft auch Müllkippen. Aber dann: 6.000 Kilometer weit zieht sich die Sahara nach Westen bis zum Atlantik. Mit einer Fläche von zehn Millionen Quadratkilometern ist sie größer als Europa oder Australien. Und, von Ausnahmen wie dem Niltal abgesehen, staubtrocken und oft knallheiß dazu. Sand, Staub, Geröll, Schutt, Felsen, Gebirge und sonst kaum etwas.

Bewegte Vergangenheit

Sahara
Wie ein stilles Mahnmal in der Sahara mutet der zurückgelassene Reifen an. – Foto: Klaus Pfenning

Die einzige nennenswerte Besiedlung südlich von Hurghada ist El Quseir. Die 25.000 Einwohner zählende Stadt ist eine der ältesten des Landes. Ägypter, Griechen, Römer, Türken, Franzosen, Portugiesen und Engländer haben hier ihre Spuren hinterlassen. Wirklich sehenswert ist sie deswegen nicht, von einem halb verfallenen Fort der Osmanen einmal abgesehen. Genau genommen: die Stadt ist hässlich. Entstanden ist sie vor 5.000 Jahren deswegen, weil es von hier aus die kürzeste Verbindung zur Lebensader Ägyptens gibt, dem Nil.

Neben Sand und Geröll finden sich in der weitläufigen Wüste auch einige wenige Pflanzen. – Foto: Klaus Pfenning

Sehenswürdigkeiten sind rar gesät, die Nebenstraßen vollgemüllt, selbst die in Reiseführern gepriesene Uferpromenade schreit eher nach Abriss. Wo der historische der Hafen war, die Verbindung nach Saudi-Arabien, in den Jemen und nach Indien, liegt heute das luxuriöse Mövenpick-Resort. Direkt daneben, ein paar Meter von der Straße nach hinten versetzt, patrouillieren Polizisten. Die Läufe ihrer Maschinengewehre zeigen in beide Richtungen der Fahrbahn.

Der Teilzeit-Wüstensohn

Ahmed verdient statt als Lehrer als Tour-Guide seine Brötchen. – Foto: Klaus Pfenning

El Quseir ist die Heimat von Ahmed, dem Quad-Guide. Er ist 38 Jahre alt, sieht älter aus, hat eine Frau, drei kleine Kinder und spricht erstaunlich gut Englisch. An der Universität der Großstadt Hurghada hat er Englisch studiert, wollte eigentlich Lehrer werden. Der ägyptische Staat gibt sein knappes Geld aber lieber für Megaprojekte wie etwa den Bau einer neuen Hauptstadt in der Wüste östlich von Kairo aus als für Schulen und Lehrer.

Sahara
Hier und da wirkt die Sahara wie eine Mondlandschaft. – Foto: Klaus Pfenning

Also arbeitet Ahmed seit 15 Jahre als Quad-Guide für einen örtlichen Tauch- und Safarianbieter. Fährt nahezu jeden Tag mit einer Gruppe von meist deutschen Touristen auf einem der vierrädrigen, geländegängigen Motorräder hinein in die Wüste. Fast immer sind es dieselben Strecken. Ob ihm die Wüste gefalle? „Mal mehr, mal weniger“, sagt er. Ein Job eben. Quad fahren. Die Wüste mit allen Sinnen zu Fuß erleben, die Stille, die Weite, die Farben, das wolle keiner. In 15 Jahren habe niemand danach gefragt. Lieber mit lautem Geknatter in einer Staubwolke den anderen hinterher.

Galoppierende Inflation

Mortimer-Reisemagazin-Mitarbeiter Klaus Pfenning bei der Recherche in Ägypten.

Ahmed ist ein intelligenter, reflektierter Mensch. Einer der recht offen spricht. Und der anderswo sicher zu mehr gebracht hätte als zum Quad-Guide nahe des hässlichen El Quseir. Er verdiene gut 3.000 Ägyptische Pfund im Monat, gibt er von sich aus preis. Noch vor einem Jahr waren das umgerechnet 100 Euro, heute sind es gerade noch 60. Plus Trinkgeld.

In der Sahara haben sich einige Fahrrouten etabliert. – Foto: Klaus Pfenning

Das Ägyptische Pfund wurde im Frühjahr 2023 drastisch abgewertet, Einfuhren aus dem Euroraum kosten nun fast das Doppelte. Die Inflation in dem Wüstenstaat am Nil liegt bei fast 30 Prozent. Überall ächzen und stöhnen die Menschen. Nicht wegen der Hitze, die sind sie gewohnt. Sondern wegen der galoppierenden Preise. Zwar sind die Lebenshaltungskosten in Ägypten nur etwa ein Fünftel so hoch wie in Deutschland. Aber dennoch kommen viele kaum noch über die Runden.

Hungerlohn und Trinkgeldbonus

Nahezu täglich unternimmt Ahmed mit kleinen Gruppen Touren in die Wüste. – Foto: Klaus Pfenning

Als Lehrer würde er kaum mehr verdienen, sagt Ahmed. Aber eben ohne Trinkgeld. Dann lieber Quad fahren. Zum Vergleich: in Deutschland liegt das Durchschnittseinkommen bei gut 4.300 Euro – mehr als 70 Mal so hoch. Ahmed bekommt bei dieser Zahl große Augen. Die meisten, die es in Ägypten mit Touristen zu tun haben, erhalten mehr Trinkgeld als Arbeitslohn. Nicht nur Ahmed, auch Kellner, Reinigungskräfte, Fahrer, Strandwächter. Die Hotelbetreiber wissen das, können die Löhne deswegen niedrig halten. In der neuen Hauptstadt koste eine 100 Quadratmeter große Wohnung 7,5 Millionen Pfund, sagt Ahmed, umgerechnet 150.000 Euro. In Heidelberg oder an der Bergstraße wäre das ein Schnäppchen. Für Ahmet ist eine solche Summe schlichtweg unvorstellbar.

Sahara
Die Sahara bietet immer wieder auch Überraschendes. – Foto: Klaus Pfenning

Aber er ist ein Kämpfer, was bleibt ihm auch anderes übrig. Deutlich wird dies besonders im Fastenmonat Ramadan, den er als gläubiger Muslim strikt befolgt. Der Zeitraum der Fastenzeit ändert sich jedes Jahr, angelehnt an den Arabischen Kalender. In diesem Jahr dauert er von Ende Februar bis Ende März, da geht es noch mit den Temperaturen. Es kann aber auch schon mal Hochsommer sein, wie zuletzt 2015. Dann, wenn es am Roten Meer oft 45 Grad hat, im Schatten wohlbemerkt.

Erschwerte Bedingungen in der Fastenzeit

Wasser ist in der Sahara ein besonders kostbares Gut. – Foto: Klaus Pfenning

Nur: an Ahmeds Arbeitsplatz, der Wüste, gibt es so gut wie keinen Schatten. Die Temperaturen steigen dann schnell auf bis zu 60 Grad Celsius. Zu Sommerbeginn Ende Juni steht die Sonne hier am Mittag nahezu senkrecht. Ramadan heißt: von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nichts essen und auch nichts trinken. Nichts trinken! Etwa 14 Stunden lang, bei Temperaturen wie in einer Bio-Sauna. „Es geht“, sagt Ahmed, „man gewöhnt sich daran.“

Stimmungsvoller Sonnenuntergang in der Wüste. – Foto: Klaus Pfenning

An besonders heißen Tagen sehe er das als „Challenge“. Viele Touristen fragten ihn, ob er nach Sonnenuntergang nicht sofort sehr viel trinke. „Nein“, antwortet er dann, „nur in kleinen Schlucken und auch nicht sehr viel.“ Fast scheint es, als hätten diese Ägypter ein 13. Sternbild, das „Sternbild Kamel“. Auch beim Essen hält er sich zurück. Ja, vermutlich nehme er in dieser Zeit ein paar Kilo ab, sagt er. So genau wisse er das nicht. „Andere nehmen sogar einige Kilo zu“, meint er und lächelt. Seinem Körper würde die Fastenzeit jedenfalls guttun. Und seinem Durchhaltewillen auch.

Besserung nicht in Sicht

Der Faszination Wüste kann sich wohl kaum jemand entziehen.

Die Zeiten in Ägypten sind für die Einheimischen in den letzten Jahren deutlich härter geworden. An der Spitze des Staates steht ein Präsident, der sich zunehmend vom Autokraten zum Diktator wandelt. Die Chancen, dass es für die mehr als 100 Millionen Menschen im Land bald besser wird, stehen nicht gut. Ahmed spricht nicht gern über Politik. Das sei in der heutigen Zeit in Ägypten gefährlich, sagt er.

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Auch Begegnungen mit den höckerigen Wüstenschiffen sind an der Tagesordnung.

Zum Abschied geben wir ihm fünf Euro Trinkgeld. Etwa so viel kostet ein Bier in Deutschland. Für Ahmed ist es doppelt so viel wie ein durchschnittlicher Tageslohn. Inschallah!

Buch- und Geschenktipp für Outdoor- und Abenteuerfans: How to shit in the woods

How to shit in the woods Copyright Karsten-Thilo RaabShit happens – im echten Leben und auch in freier Wildbahn daher die Frage How to shit in the woods? Und früher oder später wird jeder Outdoorer erkennen, dass es weit komplizierter sein kann als vermutet, sein kleines oder großes Geschäft an der frischen Luft zu erledigen. Dieser Ratgeber nähert sich dem Thema mit viel Humor und ohne Berührungsängste. Kurze Ausflüge zur Toilettenkultur in verschiedenen Ländern leiten unterhaltsam zum eigentlichen Thema des Buches über: praxistauglichen Tipps zur Verrichtung des Geschäfts in freier Wildbahn. Erhöht wird der Nutzwert des handlichen und trotz allen Humors ernst gemeinten Ratgebers durch zahlreiche Produkttipps für praktische Hilfsmittel – vom Klappspaten bis zur faltbaren Papptoilette. Auch der perfekte Geschenktipp …

Pressestimmen
„Das handliche Buch hält neben allerlei Historischem und Kuriosem vor allem Unmengen an Tipps rund ums Defäkieren und Urinieren außerhalb des geschützten Rahmens der heimischen Toilette bereit – eine echte Leseempfehlung für alle, die tiefer ins Thema einsteigen wollen“, urteilte die Saarbrücker Zeitung

„Der ultimative Klo-Ratgeber für Natur-Liebhaber“, befand die Hamburger Morgenpost. „How to shit in the woods (…) erklärt auf 96 Seiten viel Einleuchtendes zur Theorie des Sich-Erleichterns“, schrieb Die ZEIT; „eine gleichermaßen nützliche wie vergnügliche Lektüre“ lautete das Fazit der Wanderlust und „allerhand Tipps für das dringende Bedürfnis in der Wildnis“, wertete die Bild-Zeitung.

Karsten-Thilo Raab berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen gemacht als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführer sowie Bildbänden.

Erhältlich ist How to shit in the woods (ISBN: 978-3-86686-824-3,  7. Auflage) von Karsten-Thilo Raab und Ulrike Peters für 9,90 Euro im Buchhandel oder online bei allen gängigen Versandbuchhändlern wie www.conrad-stein-verlag.de

Klaus Pfenning

arbeitete jahrzehntelang in der Unternehmenskommunikation. Statt über Druckmaschinen, Schaltanlagen oder Gabelstapler schreibt er heute lieber über andere Dinge: guten Wein, tolles Essen, spannende Reisen.