Little Britain – ein Kuriosum im Rheinland

Little Britain
Little Britain im Kasbachtal ist eine Hommage an das Vereinigte Königreich. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Die Queen sitzt scheinbar teilnahmslos auf einer Holzbank. Krone im Haar, mit Pailletten besticktem Kleid und weißen Handschuhen. Überall um sie herum flattern Union Jacks im Wind. Ein wenig wirkt es, als seien die Feierlichkeiten zum bemerkenswerten 70-jährigen Thronjubiläum der britischen Königin noch nicht abgeschlossen. Ein majestätischer Löwe scheint ein wachsames Auge auf die Monarchin zu werfen, während es sich Mr. Bean nur wenige Meter entfernt ebenfalls auf einer Parkbank bequem gemacht und sein schelmisches Lächeln aufgelegt hat.

In Kalenborn lockt das kleine Stück Großbritannien die Massen an. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Auf dem gepflegten Rasenstück vor ihm fallen eine typisch rote Telefonzelle sowie ein roter Briefkasten ins Auge, während in der Einfahrt ein grünes Rolls Royce Cabrio scheinbar abfahrtbereit parkt. Tatsächlich befindet sich diese Szenerie nicht irgendwo auf den Britischen Inseln, sondern im kleinen Örtchen Vettelschoß an der Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Hier hat der Brite Gary Blackburn mit „Little Britain“ eine museale, augenzwinkernde Hommage an seine Heimat geschaffen.

Little Britain
Ein riesiger Löwe scheint ein wachsames Auge auf die Queen zu werfen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Dabei bedient sich das „kleine Großbritannien“ als eine Art freizugängliches Freilichtmuseum gängiger Klischees, präsentiert vieles von dem, was die meisten wohl unweigerlich mit ihren Vorstellungen vom Vereinigten Königreich in Verbindung bringen. Der Bogen spannt sich von markanten roten Doppeldeckerbussen, den legendären Roadmastern, über Figuren von Bobbys und dem britischen Seefahrer-Helden Lord Nelson bis hin zu blauen Notrufboxen für die Polizei. Hinzu kommen gut ein Dutzend weiterer historischer Fahrzeuge – von Polizeiwagen-Oldtimern bis zum legendären Mini (-Nachbau) von Mr. Bean alias Rowan Atkinson.

Little Britain
Der Panzer am Little Britain sorgt für kontroverse Diskussionen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Ein mulmiges Gefühl – insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen kriegerischen Auseinandersetzung in der Ukraine – beschwört derweil fast unweigerlich der Anblick eines Panzers herauf. Das Kettenfahrzeug ist in den Farben des Union Jacks ganz in Weiß, Rot und Blau gehalten und (ein weiterer) Mr. Bean rekelt sich, verschmitzt lächelnd, zwischen Kanonenrohr und dem drehbaren Geschützturm herum.

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Das Little Britain präsentiert eine stolze Oldtimer-Sammlung. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Ein Stückweit hat „Little Britain“ seinen Standort eben jenem Centurion-Panzer aus dem Jahr 1953 zu verdanken. Denn das vom Betreiber gerne als „Monument für Freiheit und Frieden“ bezeichnete Gefährt, war – wenig überraschend – auch ein Stein des Anstoßes. Ursprünglich hatte Baumpfleger Gary Blackburn das 52 Tonnen schwere Gefährt im Jahre 2016 auf seinem Firmengelände in der Nachbargemeinde Unkel aufgestellt.

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Seeheld Lord Nelson hält neben einer Telefonzelle Ausschau. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Dort sorgte der ausrangierte britische Panzer, für den Blackburn stolze 30.000 Euro hinblätterte, jedoch für wenig Begeisterung. Insbesondere auch, weil sich im nahegelegen Remagen die Reste der berühmten Brücke als Erinnerung an eine der dunkelsten Stunden des Zweiten Weltkriegs am Ufer des Rheins erheben. Proteste aus der Bürgerschaft sorgten entsprechend dafür, dass sich zwischenzeitlich sogar der rheinland-pfälzische Landtag mit dem Aufstellen des Panzers beschäftigte.

Auch die klassischen Roadmaster-Busse sind in Vettelschoß zu finden. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Kurzum wurde der Freizeitpark ins wenige Hundert Meter Luftlinie entfernte Kalenborn, einem Ortsteil von Vettelschoß im Kreis Neuwied, verlegt. Mit Erfolg. Die Proteste verstummten, stattdessen stimmen seither insbesondere die anglophilen Massen und Freunde britischer Lebensart eindrucksvoll mit den Füßen ab und pilgern in Scharen nach „Little Britain“.

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Pub und Restaurant sind ebenfalls „very British“ gestaltet. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Auch, weil das Freizeitareal nun über ein britisches Pub und Restaurant mit herrlich angelegtem (Bier-) Garten verfügt. Umgeben von Konterfeis der Queen und wedelnden britischen Flaggen munden hier ein original „Full English Breakfast“ mit Toast, Eiern, Speck, Tomaten, Pilzen und Baked Beans (weißen Bohnen in süßlicher Sauce) oder eine klassische Tea-Time mit Sandwiches, Cornish Pasties, Scones und Clotted Cream gleich doppelt gut.

Ein Wildschweinschild in Union-Jack-Farben weist den Weg durch das Kasbachtal. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Holzbänke mit Widmungen an Mitglieder des Königshauses oder zu besonderen Ereignissen der britischen Geschichte säumen den Weg durch den Garten, wo sich zudem Figuren aus Märchenklassikern wie „Alice im Wunderland“ zwischen den Sträuchern ducken. Komplettiert wird „Little Britain“ durch ein eigenes kleines Themenhotel mit acht unterschiedlich gestalteten Zimmern. Andrea Montermann, besser bekannt unter dem Künstlernamen AndyMo, schuf mit ganzflächigen wie originellen Wandbilder unter anderem einen „Queen‘s Room“, einen „Harry Potter Room“ sowie einen „Sherlock Holmes Room“.

Das Kasbachtal ist wunderbar wanderbar. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Vom „Little Britain“ führt übrigens ein Wanderpfad, der augenzwinkernd in Anlehnung an den Freizeitparkinitiator auch als „Blackburn’s Way“ ausgeschildert ist, talwärts durch das malerische Kasbachtal mit seinen urwüchsigen Bäumen und steilen Hängen. Dort wartet mit der Alten Brauerei ein weiteres Kuriosum.

Die Alte Brauerei in Kasbach besticht durch ihre urige Atmosphäre. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Unzählige Schilder und Reklametafeln aus längst vergangenen Zeiten sowie historische Fahrzeuge sorgen hier neben Brauhausspezialitäten für einen besonderen Genuss. Zurück geht es dann, für alle, die nicht mehr wandern können oder wollen, bequem mit der Kasbachtalbahn. Der historische Schienenbus verkehrt zwischen März und Mitte Dezember fahrplanmäßig zwischen Linz und Kalenborn und schafft so die Verbindung zu zwei ungewöhnlichen Orten.

Kuriose Schilder zieren die Wände der Alten Brauerei. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Informationen: Little Britain Inn, Bahnhofstraße 14, 53560 Vettelschoß, Telefon 02645-97561, www.thelittlebritaininn.com und www.therobinhoodinn.com. „Little Britain“ ist das ganze Jahr über kostenlos geöffnet – und das Tag und Nacht.

Alte Brauerei, St. Severinsberg 1, 53547 Kasbach-Ohlenberg, Telefon 02644-980780, www.alte-brauerei-kasbachtal.de

Der Schienenbus der Kasbachtalbahn verbindet Linz mit Kalenborn. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Kasbachtalbahn: Der Schienenbus verkehrt von März bis Dezember an den Wochenenden und feiertags sowie mittwochs stündlich zwischen Linz und Kalenborn mit Halt in Kasbach und an der Alten Brauerei. Die einfache Fahrt kostet 6 Euro bzw. für Kinder 3 Euro, Hin- und Rückfahrt liegen bei 10 Euro, für Kinder bei 5 Euro. Weitere Informationen unter Telefon 02644-80900, www.zugtouren.de.