Grandiose Wandlung für den Pizzakarton: Von der Lebensmittelverpackung zum Sportgerät mit WM-Status. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Achtung, jetzt kommt ein Karton! Und ganz ehrlich, alter Falter, diese Idee ist nicht von Pappe, auch wenn der feste Karton hier eine große Rolle spielt. Eben diesen Karton zusammenzusetzen, noch dazu in schnellst möglicher Zeit ist das Begehr. Was für unzählige Pizzabäcker zum Tagesgeschäft gehört, wird nun zur sportlicher Herausforderung: Das Zusammensetzen eines Pizzakartons. Tagtäglich werden Tausende diese faltbaren Pappen in diesem unserem Lande mit geschickten Handgriffen in eine Transportverpackung für warme Teigfladen samt Belag verwandelt. Für gewöhnlich hat der wenig beachtete Karton nur eine kurze Lebensdauer. Er ist kaum mehr als eine wärmende Ummantelung auf dem Weg der Pizza aus dem brutzelnden Ofen zum leeren Magen in heimischen Gefilden.
Dabei ist das Ablegen des duftenden Fladens mit der obligatorischen Tomatensausen- und Käseauflage der Anfang vom Ende für den Pappkameraden. Sobald die Haustür aufgeschlossen und der Teller nebst Besteck auf dem Tisch liegt, ist die Verpackung fast schon Geschichte. Bestenfalls hält sie noch als Tellerersatz her, dann aber geht es ab in die Tonne. Jetzt aber besteht für die Millionen von Pizzakartons die Chance auf mehr öffentliche Anerkennung. Denn sie sind zum Sportgerät auserkoren und stehen im Blickpunkt einer im wahrsten Sinne des Wortes packenden Weltmeisterschaft. Austragungsort des Sportspektakels der Superlative ist das rheinland-pfälzische Irsch.
Die Kleinstadt aus der Nähe von Trier schickt sich damit an, wie der Handyweitwurf in Finnland oder die Radkappenwurf-WM in Meppen einen Platz auf der Weltkarte der internationalen Topevents zu erobern. Auf Initiative von Giovanni Lorio und Alexander Becker findet in Irsch nämlich am 1. Juni 2013 die erste WM im Pizzakarton-Falten statt – was fraglos nach einem wahren Publikumsmagneten klingt. Vermutlich streiten sich schon jetzt Fernsehsender aus dem In- und Ausland um die Übertragungsrechte. Zumal bei den Welttitelkämpfen auch der bislang gültige Fabelweltrekord im Pizzakartonfalten nach Urzeiten endlich fallen soll.
Dabei gilt es den flachen, vorgestanzten Stückchen Pappe mehr als zwölf hübsche Pizzakartons binnen einer Minute zu zaubern und ohne Hilfsmittel ordentlich übereinander zu stapeln. Und das Beste daran: Nicht nur Giovanni Pizzabäcker & Co können sich um den WM-Titel bewerben, sondern auch jeder Pizzaliebhaber ab 14 Jahren oder auch jene, die gerne mal mit ihrem ungeahnten Leistungsvermögen ein weltweites Ausrufezeichen setzen möchten. Zum üben genügt es wahrscheinlich, acht- bis zehnmal pro Woche eine Bringpizza zu ordern und mit den mitgelieferten Pizzakartons die beste Falttechnik einzustudieren. Was fraglos eine tolle Idee für alle ist, die gerne in den Olymp des weltbesten Mafiatortenverpackungsfalters aufsteigen würden und auch sonst irgendwie verzweifelt nach Entfaltungsmöglichkeiten suchen.
Buchtipps: Karsten-Thilo Raab: Thekenbrust & Zackendruse, Westflügel Verlag, ISBN 978-3-939408-11-6, 12,50 Euro. Erhältlich ist das Buch im Buchhandel oder direkt beim Verlag.
Karsten-Thilo Raab: San Diego Waldfried, (ISBN: 978-84-9015-620-9). Erhältlich ist der Kolumnenband im Buchhandel, direkt beim Verlag oder online zum Preis von 20,90 Euro.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.