Isle of Man – Insel mit zwei Gesichtern

Isle of Man
Das Laxey Wheel gehört zu den markantesten Landmarken auf der Isle of Man. – Foto Karsten-Thilo Raab

Die Isle of Man gilt als die Insel der zwei Gesichter. Sie ist eine Oase der Ruhe inmitten der bisweilen stürmischen Irischen See. Sie ist dünn besiedelt und verfügt über eine Reihe bemerkenswerter Naturschauspiele sowie einer beeindruckenden landschaftlichen Vielfalt. Das andere Gesicht, ein ungleich lauteres, zeigt sich immer dann, wenn sich die gecheckte Fahne für den Start der Tourist Trophy senkt. Die wohl berühmteste Motorsportveranstaltung der Welt lockt jährlich mehr als 40.000 Besucher auf die Insel, auf der dann für 14 Tage eine Art Ausnahmezustand herrscht. Besonders am Mad Sunday, dem traditionellen Höhepunkt des Rennspektakels, wird die Kapitale Douglas zur Partymeile für Motorsportfreaks aus aller Herren Länder. Gummiabrieb auf den Straßen, qualmende Auspuffrohre und ausgelassne Feierstimmung begleiten die Motorradrennen, das seit weit mehr als 100 Jahren Motorradfans aus aller Welt anlockt.

Im Hafen der Inselhauptstadt Douglas dümmeln Segelboote im seicten Wasser. – Foto Karsten-Thilo Raab

An der Premierenveranstaltung am 28. Mai 1907 nahmen 19 Rennfahrer teil und sahen Charlie R. Collier auf einer Matchless Maschine als strahlenden Sieger Motorsportgeschichte schreiben. Eine Kultveranstaltung war geboren, die bis heute nichts an Faszination eingebüßt hat. Die Besonderheit der Tourist Trophy liegt in der Tatsache, dass dieses nicht auf einem speziellen Rennkurs, sondern auf ganz normalen Straßen stattfindet, die eigens für das Training und die Rennen abgesperrt werden. Start und Ziel des Rundrennens über knapp 61 Kilometer ist die Hauptstadt Douglas, wobei die Starter zeitversetzt auf die Strecke über den Snaefell Mountain geschickt werden.

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Ein geschiochtsträchtiger Ort: Castle Rushen in Castletown. – Foto Karsten-Thilo Raab

Doch die Isle of Man hat weit mehr zu bieten als Wochen voller aufheulender Maschinen und qualmender Reifen. Überaus lohnenswert ist beispielsweise ein Abstecher nach Castletown (Balla Cashtal). Die ehemalige Hauptstadt gehört fraglos zu den attraktivsten Flecken auf Man. Weite Teile der 3.200-Seelen-Gemeinde liegen auf einem erloschenen Vulkan. Im Herzen der historischen Altstadt erhebt sich Castle Rushen, eine Festung, die zum Großteil zwischen 1340 und 1350 erstellt wurde. Im nahe gelegenen Old House of Keys tagte von 1709 bis zum Jahre 1869 das Parlament der Insel. Besucher können hier an simulierten Sitzungen teilnehmen und einen Hauch der Inselpolitik live miterleben.

Blick auf Castletown von Castle Rushen aus. – Foto Karsten-Thilo Raab

Die Geschichte der Seefahrt wird im Nautical Museum anschaulich aufbereitet. Im Keller des voll gestopften Museums ist die „Peggy“ zu finden, ein Segelschiff, das dort für 150 Jahre völlig unentdeckt vor sich hinschlummert, nachdem der Zugang zum Hafen zugemauert wurde. Das Schiff gehörte George Quayle (1751-1835), der – obwohl 51 Jahre lang Parlamentsmitglied und Mitbegründer der ersten Bank auf Man – einen florierenden Schwarzhandel betrieb und sein Haus mit einem ungewöhnlichen Einbau ausstattet. Sein Büro, der so genannte Cabin Room,  gemahnte an das Innere eines Schiffes und besticht durch eine Vielzahl an geheimen Türen, Verstecken und Fluchtwegen.

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Ein historischer Ort: Rushen Abbey. – Foto Karsten-Thilo Raab

Daneben hatte der erfindungsreiche Quayle im benachbarten Bridge House einen spektakulären, über eine Waage gesteuerten Safe errichtet. Um diesen zu öffnen, musste aus einem Stapel von unterschiedlich großen Kanonenkugeln die Richtige ausgewählt werden. Im Zickzackkurs rollte die Kugel über eine 15 Meter hohe Holzkonstruktion von oben nach unten. War die Kugel zu schwer, rutschte sie schlichtweg durch, war die Kugel zu leicht, passierte gar nichts. Sechs Minuten benötigte die richtige Kugel, um unter riesigem Gepolter den Öffnungsmechanismus auszulösen.

Ein besonderes Fahrgefühl vermittelt die historische Snaefell Mountain Railway. – Foto Karsten-Thilo Raab

Einen ganz anderen Charakter weist Cregneash im Südwesten der Insel auf. Das Museumsdorf bereitet anschaulich das oftmals entbehrungsreiche Leben der Farmer im 19. Jahrhundert auf. Das besondere an dem Museumsdorf ist, dass einige Häuser noch heute bewohnt sind und in dem Freilichtmuseum noch immer nach alter Handwerkstradition geschmiedet und Wolle gesponnen wird. Hier leben auch die seltenen Manx Loaghtan Schafe, die vier, teilweise sechs Hörner haben. Nur einen Steinwurf vom ältesten Dorf der Insel entfernt liegt mit dem Calf Sound der wohl spektakulärste Küstenabschnitt auf Man. An dem von tosenden Wellen umspülten südlichsten Zipfel der Insel tummeln sich nahezu ganzjährig graue Seehunde.

Filigran verarbeitet ist das Celtic Cross in Maughold. – Foto Karsten-Thilo Raab

Und während auf dem Friedhof von Maughold vier Kreuze aus dem 7. Jahrhundert von der keltischen Besiedlung zeugen, zieht in Laxey (Laxaa) ein Industriedenkmal die Besucher in seinen Bann: Das Lady Isabella Wheel, das größte funktionierende Wasserrad der Welt. Das technische Wunderwerk aus dem Jahre 1854 diente dazu, das Wasser aus den Blei-Minen zu pumpen. Bei der Namensgebung stand Lady Isabella Hope, die Gattin des damaligen Gouverneurs, Pate. Bei einem Umfang von 84 Metern und einem Durchmesser von 23 Metern konnten mit Hilfe des Wasserrads bis zu 1.140 Liter Wasser aus 330 Meter Tiefe gepumpt werden.

Prächtig und geschichtsträchtig: Peel Castle. – Foto Karsten-Thilo Raab

Einen Besuch wert ist auch Peel (Purt ny Hinshey), die viertgrößte Stadt auf der Isle of Man, die ganz im Zeichen der vorgelagerten St. Patrick´s Isle mit dem mächtigen Peel Castle steht. Die weitläufige Festung aus dem 14. Jahrhundert war lange Sitz der Könige von Man. In der Krypta der Kathedrale war die beim englischen König Heinrich VI. in Ungnade gefallene Duchess of Gloucester, die in Shakespeares Meisterwerk Henry VI verewigt wurde, für 14 Jahre eingekerkert. Ein Muss ist auch der Besuch des mehrfach ausgezeichneten House of Manannan. In dem modernen Museum ist es kein geringerer als der legendäre Meeresgott Manannan, der die Besucher bei einer multimedialen Zeitreise durch die Geschichte der Insel von den heidnischen Kelten über die Christianisierung und die Vorherrschaft der Wikinger bis in die Neuzeit begleitet. Prunkstücke der Ausstellung sind unter anderem der Nachbau eines Langschiffes der Wikinger und ein keltische Rundhaus.

Wildromantisch gibt sich das Sound of Calf. – Foto Karsten-Thilo Raab

Wer tiefer in die Geschichte der Insel einsteigen möchte, für den ist ein Besuch des Manx Museums in der Kapitale Douglas Pflicht. Die Gralshüter der Inselhistorie  arbeiteten hier in 15 unterschiedlichen Themenbereichen multimedial die 10.000 Jahre alte Geschichte der Insel und ihrer Bevölkerung auf. Dabei darf auch ein Blick auf die Kultur der Insel, die alten Industrieformen und vor allem auf die Tourist Trophy mit ihren Helden wie Joey Dunlop nicht fehlen, auch wenn hier keine Motoren aufheulen oder Gummireifen quietschen…

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Das prächtige Niarbyl, Cottage diente bereits als Filmkulisse. – Foto Karsten-Thilo Raab

Noch ein Kuriosum sollte nicht unerwähnt bleiben: An der A27 zwischen Ronague und der Kreuzung Round Table befindet sich der Magnetic Hill. Ein weißer Stein, der halb verdeckt in einer Senke am Straßenrand liegt, markiert diese Stelle. Wer hier den Motor seines Autos abstellt und den Gang raus nimmt, saust wie von Geisterhand beflügelt, den Hügel hinauf um dann langsam auf halber Strecke zum Stehen zu kommen. Erklärt wird das Phänomen durch den stark erzhaltigen Untergrund, der wie ein Magnet wirkt.  Weitere Informationen unter www.visitisleofman.com.