Landschaft und Industrie sind in vielen Teilen im spanischen Asturien historisch eng miteinander verwoben. Im Lauf der Jahrhunderte hat sich eine Industrie- und Lebenskultur entwickelt, die diese Region zu einem interessanten Referenzpunkt für Liebhaber des Industrietourismus macht. Ein ausgedehntes Netz an Ressourcen und Anlagen, Wanderrouten, spezialisierten Unternehmen und Führern steht zur Verfügung, um die für das Selbstverständnis von Asturien wichtigen Industriegüter zu verstehen. Fördertürme, die gen Himmel ragen; Schienen, auf denen Dampfeisenbahnen fahren; Ortschaften, die dank des industriellen Paternalismus mit seiner besonderen Unternehmenskultur und Herrschaftstechnik entstanden sind: Alle zeugen von den Ressourcen, die in der Erde, den Flüssen und auf dem Meeresgrund Asturiens zu finden sind.
Die Bändigung der Natur zu industriellen Zwecken steht im großen Gegensatz zum ländlichen Asturiens des 19. Jahrhunderts, das vom Feldbau und der Viehzucht lebte und nur über einige Konserven- und Waffenfabriken aus dem 18. Jahrhundert verfügte. Mit der Industrialisierung stieg der Bedarf an Brennstoff rasant und die reichen Kohlelagerstätten waren nun äußerst begehrt. Die Kohleförderung setzte eine Kettenreaktion in Gang, denn parallel zum Bergbau entwickelte sich die Metall- und Eisenindustrie sowie die Energiegewinnung, die von den reichen Wasserreserven profitierte. Die Eisenbahn trieb die Industrialisierung weiter an, veränderte nach und nach die Landschaft des Fürstentums und bereitete es auf die Zukunft vor.
Der Bergbau im Nalón-Tal
Eng und schroff, grün und schwarz – grün wie Asturien und schwarz wie die Kohle des Erdinneren -, das Valle del Nalón, das Tal des längsten und geschichtsträchtigsten Flusses Asturiens, der Wasser- und Lebensader zugleich ist, birgt viele Geschichten… Gesellschafts- und Arbeiterbewegung, industrielle und technologische Revolution, Bergbau und Stahlindustrie und auch ein ländlicher Raum, der sich vom Gebirgspass Tarna bis zum Zentrum Asturiens erstreckt. Im Nalón-Tal kann man auf drei verschiedene Weisen den Bergbau und dessen bedeutsame urbanistische, soziale und wirtschaftliche Rolle erkunden: Entweder über einen ausführlichen Besuch des Bergbau- und Industriemuseums in L’Entregu/El Entrego, oder gemäß dem Mottos des Ökomuseums in Samuño „Lernen Sie ein Tal, ein Volk und ein Bergwerk kennen.“
Die Besucher legen per Zug die zwei Kilometer lange Strecke zurück, über die ehemals die gewonnene Kohle transportiert wurde und können die Anlagen des ehemaligen Bergwerks San Luis sowie die Umgebung der Ortschaft La Nueva auskundschaften. Die dritte Alternative gestaltet sich erheblich abenteuerlicher: Hier tauchen die Besucher direkt in einen der dunklen Schächte, wo sich auch die legendäre Solidarität unter den asturischen Bergarbeitern zeigte. So bietet das Unternehmen Hunosa eine geführte Besichtigung des Bergwerks von Sotón an, bei der die Besucher in einem Käfig 556 m in die Tiefe gesenkt werden, um dort die 8., 9. und 10. Etage in Augenschein nehmen zu können.
Faszinierender Naturpark Redes
Die industriellen Güter und Strukturen prägen das asturische Fürstentum. Eingebettet in grüne Naturlandschaften bezeugen Fördertürme, die charakteristische Architektur der Bergarbeitersiedlungen, Fabriken, ehemalige Gaslager und emporragende Schornsteinen die vorherrschende Position Asturiens des industriellen Spaniens im 19. und 20. Jahrhundert. In diesem Zusammenhang verdienen auch weitere Industriedenkmäler wie die Bergarbeitersiedlung von Bustiello sowie die Fördertürme und Schachteingänge in Mosquitera, Candín oder San Fernando besondere Erwähnung.
Die imposante Talsperre von Salime stellt eines der besten Belege für die industrielle Wasserkraftnutzung in Asturien dar. Der Bau geht auf eine Vereinbarung zwischen den Stromversorgern Electra de Viesgo und Hidroeléctrica del Cantábrico zurück, die 1945 beschlossen, den Oberlauf des Navia zur Energiegewinnung zu nutzen und einen bezüglich Technik und Entwurf richtungsweisenden Bau in Angriff nahmen. Das künstlerische i-Tüpfelchen setzte der asturische Architekt Joaquín Vaquero Palacios unter Mitarbeit seines Sohnes Joaquín Vaquero Turcios, die es beide meisterhaft verstanden, die Kunst in das gewaltige Industriebauwerk zu integrieren. Durch ihre bahnbrechende malerische Arbeit wurde ein Wasserkraftwerk in eine ungewöhnliche „Kunstgalerie“ verwandelt.
Apfelschaumwein mit Tradition
Die Apfelschaumweinfabrik La Espuncia hingegen repräsentiert eine Unternehmertradition, die auf einem Rohstoff und einem Produkt aufbaut, das untrennbar mit der natürlichen Essenz Asturiens, der Wiege par excellence des Apfelweins, verbunden ist. Sie befindet sich an der Ría de Villaviciosa in wunderschöner landschaftlichen Umgebung an einem strategischen Standort an der Nationalstraße N-632. Die unternehmerischen Aktivitäten begannen Ende des 19. Jh. mit der Errichtung des ersten Gebäudes zur Herstellung von Apfelwein und als Lagerkeller. Es wurden mehrere Erweiterungen und Umbauten durchgeführt, als Ergebnis entstand ein interessanter architektonischer Komplex, der sich harmonisch in seine Umgebung einfügt. Die Fabrik verfügt als Kuriosum über eigene Anleger im längsten Ästuar Asturiens, einem Naturreservat mit einer großen Artenvielfalt an Wasservögeln. Weitere Informationen unter www.turismoasturias.es.
Mortimer
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