Dinosauriern in Dänemark auf der Spur

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Der Dinosaurier – vor 66 Millionen Jahren starb die Gattung mit der Hälfte aller Arten nicht nur in Dänemark aus. – Foto: Katharina Büttel

An der Steilküste Stevns Klint, UNESCO-Weltnaturerbe im Süden der Insel Seeland in Dänemark, wurde ein Besucherzentrum eröffnet. Spannend wird erzählt vom Mysterium des Kreidemeeres und warum die Dinosaurier plötzlich ausstarben.

Das etwas andere Stranderlebnis gehtin Dänemark  so: ein unterirdischer Pfad führt bis zum Wasser der Ostsee. Vor einer langgezogenen Kreidewand Stellung beziehen, Rücken zur See, Kopf in den Nacken. Bis zu 40 Meter hoch und fast 20 Kilometer lang ragt die Steilküste auf, auf halber Höhe durchzogen von einem dünnen, dunkelgrauen Band, dem Fischton, und gekrönt von grünem, struppigen Buschwerk. Den Kopf nach unten, die Augen zu Boden gerichtet, wandern Grüppchen mit und ohne Kinder auf dem schmalen, kiesigen Streifen zwischen Meer und Klippen entlang. Manchmal geht einer in die Knie, wühlt im Geröll, hebt etwas auf, dreht es hin und her – und wirft es wieder weg. Bis jemand an der Wasserlinie lauthals ruft und seinen Fund aufgeregt von einer Hand in die andere kugelt.

Fossilien in Hülle und Fülle

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Das schön gezeichnete Schnecken-Fossil ist Millionen Jahre alt. – Foto: Katharina Büttel

„Ein versteinerter Seeigel, ein schön gezeichnetes Fossil, aber nicht ganz so spektakulär, wie ihr glaubt. Sucht weiter, man findet immer etwas: Überreste von Korallen im Geröll, Teilstückchen von Seelilien“. Der Mann muss es wissen, denn er ist einer der Führer des vor einem halben Jahr eröffneten Besucherzentrums Stevns Klint Experience im Boesdal Kalkbruch an der Ostküste Seelands. Nicht weit vom Geomuseum Faxe, wo es im offenen Steinbruch Fossilien in Hülle und Fülle gibt: Haifischzähne, Muscheln. Auch Donnerkeile, das sind Versteinerungen des hinteren Teils der Tintenfisch-Skelette. Und etwas südlicher lockt die kleine Insel Moen mit den 128 Meter hohen, blitzweißen Kreidefelsen über die Jahre immer wieder Schatzsucher an.

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Fossiliensucher im offenen Steinbruch Faxe Kalkbrud. – Foto: Katharina Büttel

Welche Wunderdinge und dramatischen Momente in der Geschichte des Lebens und der Erde sonst noch passierten und wie es zu der Katastrophe kam, die die Dinosaurier zusammen mit der Hälfte aller Arten auf dieser Erde auslöschte, erfährt der Besucher eindrucksvoll in dem multimedialen Erlebniscenter. „Zuerst einmal ist hier das kleine, pelzige Säugetier – wir nennen es Lucky. Es überlebte die Katastrophe, die das Zeitalter der Dinosaurier in das Zeitalter der Säugetiere verwandeln sollte“, erzählt Tove Damholt, die das Zentrum sowie die Ausstellung mit Herz und Leidenschaft mit konzipierte. Es wird hier aber auch die Geschichte erzählt, wie das Leben weiterging, wie es sich weiterentwickelte und zu dem Leben wurde, das wir heute kennen.

Ein gigantisches Kreidemeer

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Tor zum UNESCO-Welterbe Stevns Klint an Seelands Südküste. – Foto: Katharina Büttel

Schritt für Schritt geht es hinunter in den Keller und 66 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit. Das, was wir als Dänemark kennen, war von einem großen Meer bedeckt – dem Kreidemeer. Die Dinosaurier – Argentinosaurus war der größte, schwer wie 14 Elefanten – lebten an Land und beherrschten die Inseln, gigantische Flugsaurier durchstreiften die Lüfte. Sie waren eine ständige Bedrohung für alle anderen Tiere. Der Besucher steht am Grunde genau jener See, aus der nur Bornholm und Skandinavien herausragten. Es herrschte ein warmes Klima, das Meer war voller Leben – von riesigen Meeresreptilien wie dem 16 Meter langen Mosasaurus bis hin zu Muscheln und mikroskopisch kleinen Algen, den Coccolithen. Deren Fragmente wurden über 35 Millionen Jahre auf dem Meeresgrund zu Kreide, die den Kreidefelsen Stevns Klint formte.

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Fossiliensucher am Kreidefelsen Stevns Klint in Dänemark. – Foto: Katharina Büttel

Vor 66 Millionen Jahren prallte ein Asteroid auf die Erde. Der riesige Feuerball – größer als der Mount Everest – stürzte vor dem urzeitlichen Mexiko ins Meer. Das Loch des Einschlags war so hoch wie der Eiffelturm und hatte einen Durchmesser von 30 Kilometern, kaum vorstellbar. Erdbeben folgten, Berge brachen auf. Der Tsunami verstärkte gewaltige Vulkanausbrüche in Indien noch zusätzlich. Der Himmel färbte sich rot, die Sonne verschwand, auf der Erde wurde es schwarz über Monate. Alles wurde von Asche und Staub bedeckt. Es wurde kälter und kälter, die Sonne konnte die Erde nicht mehr erwärmen.

Uralter Falter und noch immer wunderschön. – Foto: Katharina Büttel

Aschewolken und giftige Gase der Vulkane veränderten in Bruchteilen einer Sekunde das Erdklima über Jahre. Die Pflanzen an Land und im Meer bekamen kein Sonnenlicht mehr, sie erstickten. Zuerst verhungerten die Pflanzenfresser: ohne Pflanzenfresser konnten auch die Raubtiere nicht überleben – ihre Nahrung war ausgestorben. Ein Tier nach dem anderen starb in den dunklen Tagen, Art für Art.

Perfekte dänische Idylle

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Der Rönnede Kro lädt ein zum Lunch. – Foto: Katharina Büttel

Ein paar Säugetiere überlebten aber doch in der einsamen und trostlosen Welt – Lucky ist eins davon. Alle heute lebenden Säugetiere haben sich aus dieser Gruppe entwickelt – 6.500 Arten auf unserem Planeten. Eine dieser Arten ist der Mensch, Homo sapiens.

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Erlebnis Waldturm von Gisselfeld – 45 Meter ragt er in den Himmel. – Foto: Katharina Büttel

Ein junger Geologe aus Amerika, Walter Alvarez, besuchte am 13. September 1978 Stevns Klint. Ihn interessierte allein das schmale, dunkelgraue Ablagerungsband zwischen Kalkstein und Kreide – der vorgenannte Fischton. In ihm, wo in Abständen wie schwarze Perlen an einer Kette Feuerstein eingesprengselt ist, fand er die kosmischen Spuren der globalen Katastrophe. Die Ausstellung erzählt die Geschichten, die sich in den wellenförmigen Schichten des Kreidefelsens verbergen.

Maximal 25 Kilometer bis zum Meer

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Die Laufspirale des Waldturms verspricht grandiose Aussichten bis nach Kopenhagen. – Foto: Katharina Büttel

Draußen, im Heute, herrscht so etwas wie Dänemark-Idylle. Die laubfroschgrüne Landschaft mit ihren sanft rollenden Hügeln, den Rübenäckern, Wiesen voller Blumen, schattigen Waldstreifen, die in gelbblühende Rapsfelder übergehen. Kleine, in kräftigen Farben gestrichene Häuser, vor denen Stockrosen blühen, wechseln mit Bauernhöfen, die sich hinter hohen Pappelwänden verstecken. Auf der tintenblauen See dümpeln weiße Boote, die kleinen Häfen teilen sich Fischer, Yachties und Bootsbauer. Viele weite Strände und die ständige Nähe zum Meer verstärken die Stimmung – kein Ort Seelands liegt weiter als 25 Kilometer von seiner Küste entfernt.

Bunte Wiesen im Binnenland. – Foto: Katharina Büttel

Langweilig wird es Seeland-Besuchern nicht. Die Insel hält eine verschwenderische Fülle von Broschüren, Besichtigungstipps bereit, sogar kulinarische Empfehlungen. Ja, die Dänen können koch, hervorragend sogar – mit lokal angebauten Zutaten genauso wie mit frischen Meeresfrüchten. Das Smoerrebroed – aus der modernen Küche – bleibt ewig in Erinnerung.

Dem Wald aufs Haupt geschaut

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Historische Herrensitze bieten romantische Ferienzimmer an. – Foto: Katharina Büttel

Tourenvorschläge sind tadellos ausgewählt, beschrieben, beschildert. In den Wäldern von Gisselfeld wird es abenteuerlich: der Wanderpfad durch Haine aus Buchen, den Aristokraten des Waldes, durch den größten Kletterpark des Landes, endet vor dem 45 Meter hohen Waldturm „Skovtårnet“. Wie eine wunderschön designte Riesenskulptur schraubt er sich über die Baumwipfel in den Himmel. Auf der Turmspitze möchte man die Welt umarmen: der weite Blick, die feuchte Brise von der See, unter dem Meer von Bäumen Herrensitze und Schlösser, in weiter Ferne Fredensborg und Amalienborg, wo Margarete II. zu Hause ist – es ist die Insel der Königin von Dänemark.

Wissenswertes zu Südseeland in Dänemark in Kurzform

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Da kann man nur staunen – Kalkmalerei in der Keldby Kirke auf der Insel Møn. – Foto: Katharina Büttel

Allgemeine Informationen: www.danischeostseeinseln.de und www.visitdenmark.de

Anreise: Die Autofähre mit Scandlines von Rostock nach Gedser in Dänemark dauert zwei Stunden. Rund 45 Minuten fährt man nach Stevns Klint.

Funde an der Küste Seelands bieten Motive für Kunstobjekte. – Foto: Katharina Büttel

Sehenswertes: Moens Klint, das weltweit einzigartige Naturgebiet mit 128 Meter hohen, weißen Klippen über türkisfarbenem Wasser. Am Strand kann man nach Fossilien aus der Kreidezeit suchen. Im 700 Hektar kräftiggrünem Laubwald auf hügeligem Gelände sind acht verschieden lange, gut ausgeschilderte Spazierwege angelegt. Das Schloss Liselund mit Park ist Dänemarks am besten erhaltene Gartenanlage.

Das Geomuseum Faxe in Faxe zeigt in der Dauerausstellung die besten Fossilien des üppigen Korallenriffs. Im Kalkbuch kann jeder nach Fossilien suchen.

In Holmegaard Vaerk kann jeder Besucher sein eigenes Glaswerk kreieren. – Foto: Katharina Büttel

Das Camp Adventure in Roennede begeistert mit dem begehbaren Waldturm, einem Hofladen, mit Europas größtem, spektakulärsten Klettterpark und einem zwei Kilometer langen Blumenfeld, das zum Selbstpflücken einlädt. Übernachten kann man in luxuriösen Yurten mit Terrassen, darunter liegt still der See.

Holmegaard Vaerk in Holmegaard: Geschichte und Ausstellung von Glas und Design. Im Glasatelier kann jeder Besucher sein eigenes Glas kreieren.

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Typisches zwischendurch – Smörebröd mit Fisch auf Brot. – Foto: Katharina Büttel

Essen und Trinken: Das Roedvig Inn bietet im À-la-carte-Restaurant eine schmackhafte Küche in „hygger“ Atmosphäre an und im kleinen Hafen von Praesto laden viele nette Cafés und Gaststätten zum Verweilen ein.

Der Roennede Kro von 1825 in Roennede bietet Gastlichkeit in historisch-elegantem Ambiente. Auf der Menükarte findet man typisch dänische Gerichte sowie köstliche Smoerrebroeds, ein Genuss für Gaumen und Auge.

Traktoerstedet Hoejeruplund in Store Heddinge liegt direkt neben der „abgestürzten“ alten Kirche von Hoejerup. Serviert werden traditionelle dänische Gerichte, mittags gern in Büffetform.

Perfekt für einen romantischen Gateway – Hotel Jungshoved. – Foto: Katharina Büttel

Unterkünfte: Vom Roedvig Inn & Seaside Hotel in Roedvig Stevns blickt man auf die Ostsee und den Kreidefelsen Stevns Klint. Viel Flair haben alle 16 individuell gestalteten Doppelzimmer.

Hotel Jungshoved Praestegaard in Praesto ist ein familiengeführtes, luxuriöses B&B in einem historischen Herrenhaus. Mit eigenem Wassersteg und gepflegtem Garten. Die kreativ eingerichteten Zimmer laden in der ruhigen, idyllischen Umgebung zum Träumen ein.