Das Giraffen-Museum – lange Hälse am Hellweg

Der Dortmunder Heinz-Jürgen Preuß hat die größte Giraffen-Sammlung der Welt zusammengetragen. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Der Dortmunder Heinz-Jürgen Preuß hat die größte Giraffen-Sammlung der Welt zusammengetragen. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Giraffen werden bis zu sechs Meter groß, leben in den Steppengebieten des schwarzen Kontinents und ernähren sich als Wiederkäuer vorwiegend von Blättern. Daneben ist der gefleckte Paarhufer als Herdentier bekannt. Eine Eigenschaft, die offensichtlich nicht nur den lebendigen Tieren mit dem außerordentlich langen Hals zu Eigen ist. Denn am Wickeder Hellweg in Dortmund tummeln sich mehr als 30.000 (!) Artgenossen aus Gold, Silber, Onyx, Alabaster, Keramik und Porzellan, aber auch aus Aluminium, Bronze, Holz, Speckstein, Messing, Zinn, Stein und Stahl. Daneben finden sich Exemplare aus Stoff, Leder, Bast, Wachs, Glas, Plastik oder anderen Kunststoffen. Sogar Langhälse aus Bananenblättern und Baumrinde sind im Giraffen-Museum anzutreffen.

Auch im Garten des Giraffen-Museums finden sich tierische Nachbildungen der Langhälse. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Auch im Garten des Giraffen-Museums finden sich tierische Nachbildungen der Langhälse. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Dies ist nicht nur das einzige Museum seiner Art in Deutschland, sondern auf seine Art auch einzigartig. Die stolze Sammlung, fand sogar den Eintrag in das „Guinness-Buch der Rekorde“. Die langen Hälse drängeln sich dicht an dicht im Anbau, Keller und im Atelier unter dem Dach des privaten Wohnhauses. Betreiber des Museums ist weder eine staatliche Institution noch eine Stiftung. Liebevoll zusammengestellt wurde die tierische Sammlung von einem hoch aufgeschossenen Mann, von 198 Zentimetern Körpergröße: Heinz-Jürgen Preuß.

Der gelernte Maurer-Meister und ehemalige Mitarbeiter des Bauordnungsamtes der Stadt Dortmund hat in knapp 40 Jahren mit viel Akribie, Herzblut und mit manchem tiefen Griff in die Privatschatulle die größte Giraffenherde der Welt zusammengetragen. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Jäger und Sammler, immer auf der Suche nach neuer Beute – und dies weltweit. Das Internet ist beim Aufspüren von seltenen Fundstücken eine ganz wichtige Hilfe.

Es gibt offensichtlich Nichts, was es nicht gibt. So weckt ein Blick durch die Sammlung des zweifachen Familienvaters gleichermaßen Schmunzeln, Erstaunen und Faszination. Soweit das Auge reicht finden sich in dem kleinen, aber feinen Museum Giraffen in jeder Form und Größe: Sie zieren Aquarelle, Banknoten, Münzen, Uhren, Spieluhren, Fahnen, Karnevalsorden, Straußeneier, Ü-Eier, Telefonkarten, Jojos, Scherenschnitte, Stickereien und Teppiche, aber auch Aufkleber, Schneekugeln und Schirme.

"Giraffen-Vater" Heinz-Jürgen Preuß ist selber mit knapp zwei Metern groß gewachsen. (Foto Karsten-Thilo Raab)
„Giraffen-Vater“ Heinz-Jürgen Preuß ist selber mit knapp zwei Metern groß gewachsen. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Selbst auf Windeln, Eierbechern, Schachfiguren, Zahnbürsten, Brillenetuis, Handyhaltern, Dessous, Socken, Krawatten, Kleidungsstücken, Ketten, Ringen, Manschettenknöpfen, Broschen und Krawattenklammern ist das Konterfei von Langhälsen zu sehen. Hinzu kommen Spielgeräte, Spielsachen, Stempel, Porzellan, Besteck, Briefmarken, Gemälde sowie Nahrung- und Genussmittel wie Giraffen-Tee oder Giraffen-Bier aus Dänemark (selbstverständlich in den entsprechenden Trinkgefäßen). Statt der obligatorischen Gartenzwerge zieren den Rasen am Wickeder Hellweg Giraffen, die Wasser speien.

Vor dem Haus reckt sich ein selbst gefertigter 5,85 Meter großer gefleckter Riese gen Himmel und deutet schon von Weitem die Passion von Heinz-Jürgen Preuß an; und aus der Garage neben dem Haus scheint ein weiterer Paarhufer zu wachsen, denn während Beine und Rumpf das Tor verschönern, sind der Hals und Kopf auf dem Garagendach befestigt. Nur lebende Exemplare des afrikanischen Wiederkäuers fehlen eigentlich noch. Gleichwohl hat der Karnevalist ein Herz für die afrikanischen Steppenbewohner. So beobachtete er die Tiere bei einer Safari in Kenia und als Heiligabend 1993 eine kleine Giraffe im Dortmunder Tierpark das Licht der Welt erblickte, wurde ihm die Ehre zu Teil, das Riesenbaby auf dem Namen „Farah“ zu taufen.

Die Verbindung zum Dortmunder Tierpark kam über den Klub Langer Menschen (KLM) zustande. Die Vereinigung mit heute knapp 140 hoch aufgeschossenen Mitgliedern unterstützte ganz massiv den Bau des Giraffen-Geheges und -Hauses im Dortmunder Tierpark. Ganz unschuldig ist der KLM Bezirk Dortmund auch nicht an der heutigen Sammelleidenschaft von Heinz-Jürgen Preuß, der als Vorsitzender 34 Jahre lang an der Spitze des Vereins stand. Bei einem so genannten Rattenfänger-Wochenende des KLM in Hameln half Kommissar Zufall die Begeisterung für Giraffen zu wecken. Im Giraffen-Museum finden sich Langhälse in allen Größen und Formen sowie aus allen erdenklichen Materialien. Im Giraffen-Museum finden sich Langhälse in allen Größen und Formen sowie aus allen erdenklichen Materialien.

Im Giraffen-Museum finden sich Langhälse in allen Größen und Formen sowie aus allen erdenklichen Materialien.
Im Giraffen-Museum finden sich Langhälse in allen Größen und Formen sowie aus allen erdenklichen Materialien.

„Im Hotel-Pool schwamm mir eine Plastikgiraffe in die Hände“, erinnert sich Heinz-Jürgen Preuß an die folgenschwere Begegnung mit einem künstlichen Langhals. „Danach hat sich alles irgendwie hochgeschaukelt. Wir hatten mächtig Spaß mit dem Tierchen“, schmunzelt der gebürtige Berliner rückblickend. Das Giraffenfieber erfasste den ganzen Klub. Schnell wurde das Tier Teil der Vereinsfamilie, tauchte als Maskottchen bei Veranstaltungen und im Logo des KLM Dortmund auf.

Und während das Fundtier vergleichbar dem ersten selbstverdienten Taler von Dagobert Duck heute im Hause Preuß einen Ehrenplatz in einem durchsichtigen Behältnis besitzt, erwachte peu à peu die Sammelleidenschaft bei Heinz-Jürgen Preuß. Freunde, Bekannte und Verwandte trugen ihren Teil zum Museumsgrundstock bei. Andere Exponate erwarb er auf Flohmärkten und Auktionen. Zahlreiche Auftritte in Rundfunk und Fernsehen taten ein Übriges. Die größte private Giraffenherde der Welt wuchs und wuchs.

„Eigentlich hatte ich mir geschworen, dass die Wohnung giraffenfrei bleibt“, erklärt Preuß, „aber da war wohl mehr der Wunsch der Vater des Gedankens.“ Denn irgendwann musste er angesichts des nicht enden wollenden Stroms schlichtweg kapitulieren. Der Keller wurde ausgebaut, der großzügige Wintergarten zum Ausstellungsraum umfunktioniert. Eines möchte der unermüdliche Sammler jedoch nicht unerwähnt lassen: „Ohne das Verständnis und die Mithilfe meiner Familie und meiner Partnerin und all denen, die ihren Teil zum Gelingen beitrugen, wäre das Museum heute nicht das, was ist“, so der Dortmunder weiter.

Obschon das Giraffen-Museum nur nach vorheriger telefonischer Absprache besucht werden kann, finden seit Jahren mehr und mehr Interessierte aus der ganzen Welt den Weg in den Dortmunder Vorort. Die durchweg positive Resonanz ist für Heinz-Jürgen Preuß Anerkennung und Ansporn zugleich, weiter den Hals nach langen Hälsen auszustrecken.

Informationen: Giraffen-Museum, Wickeder Hellweg 25, 44319 Dortmund, Telefon 0231-2864577, www.giraffen-museum.de

Eintritt: Erwachsene 5 Euro, Kinder bis 5 Jahre 1,50 Euro, Kinder ab 6 Jahre 2,50 Euro

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