Argentiniens Tourismusminister Lammens im Gespräch

Lammens
Argentiniens Tourismusminister Lammens verweist nicht ohne Stolz auf die enorme landschaftliche Vielfalt seiner südamerikanischen Heimat.

Nach der Pandemie und dem Lockdown steht in Berlin die größte Tourismusmesse der Welt vor der Tür. Mortimer-Reisemagazin-Autorin Katharina Büttel sprach vor der ITB mit dem argentinischen Minister für Tourismus und Sport, Matías Daniel Lammens, über Argentiniens Präsenz im Tourismussektor. Er möchte Urlauber inspirieren, sein Land als nächstes Reiseziel zu wählen.

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Minister für Tourismus und Sport, Matías Daniel Lammens. – Foto: Minesterio de Turismo y Deportes

Wie ist die Situation von Corona für Reisende aus dem Ausland?

Lammens: Argentinien war eines der Länder, das die Massenimpfung seiner Bevölkerung besser und schneller bewältigte. Obwohl wir seine Entwicklung aufmerksam verfolgen, ist es heute kein Thema, das uns Probleme in Bezug auf die öffentliche Gesundheit bereitet. Wir stellen keine besonderen Anforderungen an die Einreise und verlangen weder Test- noch Impfzertifikate. Die derartige epidemiologische Situation erlaubt uns dies.

Argentinien
Argentiniens Tierwelt bereitet einfach gute Laune.

Sind Reisen in Ihrem Land nach Corona teurer oder billiger als vorher?

Lammens: Es ist billiger, nach Argentinien zu reisen als zuvor, weil diese Regierung die strategische Entscheidung getroffen hat, einen differenzierten Wechselkurs für ausländische Touristen einzuführen und den offiziellen Kurs durch Kreditkartenkäufe fast zu verdoppeln. Diese Maßnahme wirkt sich sehr positiv aus: so stiegen die Ausgaben von Reisenden aus dem Ausland im Januar um 481 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Wichtig ist die Sicherheit für Besucher in Buenos Aires und im Land. Die Zahlen belegen dies natürlich. Argentinien hat eine der niedrigsten Unsicherheitsraten in der Region. Insbesondere die Stadt Buenos Aires gehört zu den sichersten Städten und bietet einen Lebensstandard, der zu den besten des Kontinents gehört.

Tango und Argentinien sind untrennbar miteinander verknüpft.

Was ist mit der Wirtschaft – wird sie wachsen?

Lammens: Die argentinische Wirtschaft ist in den letzten zwei Jahren gewachsen und Prognosen deuten darauf hin, dass sich dieser Trend 2023 fortsetzen wird. Es werden drei aufeinander folgende Jahre des Wachstums sein, etwas, dass seit 2008 nicht mehr passiert ist. Die Beschäftigungswerte sind zwei Jahre in Folge gestiegen, hauptsächlich gestützt durch das Baugewerbe, das verarbeitende Gewerbe und den Tourismus. Was wir lösen müssen, ist die hohe Inflation, aber das Wirtschaftsministerium arbeitet jeden Tag daran, das zum Wohl der Menschen zu lösen.

Nicht nur die Hauptstadt Buenos Aires ist ein überaus lohnenswertes Ziel.

Wie sieht es mit der Infrastruktur im ganzen Land aus?

Lammens: Wir haben erstklassige Hotels zu sehr günstigen Preisen in mehreren Städten unseres Landes, wie Buenos Aires, Mendoza und in Patagonien. Wir bieten auch ein breites Straßennetz mit fast 650.000 Kilometern Routen an und wir führen ehrgeizige Investitionen durch, um unsere Flughäfen zu stärken und unsere Flugrouten im ganzen Land zu fördern. Darüber hinaus haben wir in Pläne investiert, die sich auf die touristische Infrastruktur konzentrieren und neue Produkte für Reisende anbieten. Buenos Aires selbst ist schon ein touristisches Produkt. Argentinien ist weltweit führend im Weintourismus. Und schließlich fördern wir den Naturtourismus durch das Programm La Ruta Natural, das eine Website mit 17 Rundreisen anbietet, die auf der Grundlage der natürlichen, ökologischen oder geografischen Identität der jeweiligen Region mehr als 150 Ziele umfasst.

Groß ist die Begeisterung für den Fußball im Land des amtierenden Weltmeisters.

Bieten Sie Tango- und Kochkurse an? Kochen mit Einheimischen?

Lammens: In Argentinien gibt es viele Tangohäuser, in die Reisende kommen und neben dem Unterricht Shows sehen, verbunden mit gemeinsamen Abendessen – das gleiche gilt fürs Kochen. Was die Gastronomie betrifft, ist es in den Pinas del Norte (typische Orte, um sich mit Freunden zu treffen und eine Mahlzeit zu genießen und Live-Musik zu hören) ganz üblich, den Köchen über die Schulter zu schauen und von ihnen zu lernen. So geht es auch beim „Asado“ (Barbecue), das man rund um den Grill zusammen mit Freunden genießt.

Die häufig anzutreffenden Pampashasen gehören tatsächlich zur Familie der Meerschweinchen.

Kann man ein oder zwei Wochen inklusive Sprachunterricht bei Einheimischen verbringen?

Lammens: Im Landesinneren, vor allem in kleineren Städten, sind die Einheimischen sehr gastfreundlich und bieten die Möglichkeit zum Essen und dazu eine gute Zeit. Die Gastfreundschaft und Großzügigkeit ist etwas, das unsere Leute auszeichnet. So wird Spanischlernen sehr einfach, da die Kommunikation sehr freundlich und geduldig ist.

Gauchos und Rinder stehen bis heute für einen Teil der argentinischen Lebensart.

Kann man für eine Zeit wie ein Gaucho arbeiten / leben?

Es gibt verschiedene Reiseveranstalter (z.B. www.gaucho-argentino.com/es), die das authentische Gaucho-Erlebnis anbieten. Es gibt Städte wie San Antonio de Areco, etwas mehr als eine Stunde von Buenos Aires entfernt, in denen Unterkünfte angeboten werden, wo man das Leben der Gauchos hautnah erleben kann.

Foz do Iguaçu ist eine faszinierende Laune der Natur im Dreiländereck mit Paraguay und Brasilien.

Gibt es Privaturlaub in Weinbergen, auf Haciendas?

Argentinien ist weltweit führend im Weintourismus, insbesondere in der Region Cuyo, wo eine große Vielfalt an Trauben produziert wird, wie Malbec, das Symbol unserer Weinindustrie. Wir haben mehr als 380 ‚Weingüter und Weinberge, die für den Tourismus in den Provinzen Jujuy, Salta, Catamarca, Tucumán, Santiago del Estero, La Rioja, San Juan, Mendoza, San Luis, Córdoba, Entre Ríos, La Pampa, Neuquén, Buenos Aires, Rio Negro und Chubut geöffnet sind.

Urwüchsige Natur dominiert die Landschaft in Patagonien.

Kann man mit dem Zug durchs ganze Land reisen? Gibt es Sonderzüge – nostalgische Züge mit besonderem Luxus?

Lammens: Wir haben ein sehr breites Eisenbahnnetz, das es Reisenden ermöglicht, mehrere Touristenzentren in allen Regionen des Landes zu besuchen. Sie können die argentinische Küste, Patagonien, die Provinzen Cuyo, Córdoba, den Norden und das Küstenland erreichen.

Natürlich, unser Eisenbahnangebot hat das Potential, verschiedene Arten von touristischen Anforderungen zu befriedigen: es umfasst den „Tren del Fin del Mundo“ in Ushuaia; „La Trochita“, der die Provinzen Río Negro und Chubut verbindet; der „Tren de Las Nubes“, der durch Salta über die Anden führt; der Tren de las Sierras in Córdoba und der Tren de la Selva in Misiones, unter vielen anderen.

Süße Frackträger tummeln sich in Patagonien.

Kunst und Fine Dining in Buenos Aires?

Lammens: Buenos Aires ist die kulturelle Hauptstadt Südamerikas, vor allem wegen seiner international anerkannten Theater, sowohl in der kommerziellen, als auch in der alternativen Szene – und in Bezug auf die Gastronomie wächst sie stark: sie bietet Quantität und Qualität von Grills und Restaurants, die bei internationalen Preisen wie den 50 Best anerkannt sind.

Architektur und die Szene in Buenos Aires

Das architektonische Erbe unseres Landes hat einen seiner großen Vertreter in der Stadt Buenos Aires, wo das Edificio del Molino als Ikone der Jugendstilarchitektur glänzt und derzeit regelmäßig für die breite Öffentlichkeit zugänglich ist, da es einem umfassenden Restaurierungsprozess unterzogen wird. Der Palacio Barolo und das Edificio Kavanagh sind weitere sehr attraktive Optionen in der Hauptstadt.

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Matías Daniel Lammens stimmt auf Reisen nach Argentinien ein. – Foto: Minesterio de Turismo y Deportes

Wie hoch sind die Investitionen in den Tourismus nach Ende der Einschränkungen?

Lammens: Argentinien hat danach historische Investitionen getätigt. Einerseits wurde der Inlandstourismus durch das PreViaje-Programm angekurbelt, ein Vorverkaufsprogramm, bei dem 50 Prozent der Kosten für Pauschalreisen erstattet werden und von dem bereits mehr als sechs Millionen Menschen profitiert haben. Andererseits wurden Infrastrukturmaßnahmen zur Stärkung unserer Reiseziele gefördert, um den Aufschwung des Einreisetourismus zu unterstützen und ein Qualitätsprodukt anzubieten, dass der Nachfrage der Reisenden entspricht.

Der kleine Ort Puente del Inca liegt in den argentinischen Anden in der Provinz Mendoza auf 2720 Metern Höhe.

Wie viele Touristen sind 2019 nach Argentinien gereist und welchen Stellenwert hat der Tourismus heute in Bezug auf die Wirtschaft?

Lammens: In der letzten Saison vor der Pandemie kamen sieben Millionen Touristen aus dem Ausland. Wir gehen davon aus, dass wir diese Zahl dieses Jahr wieder erreichen werden. Was den Einfluss des Sektors auf die Wirtschaft angeht, so macht der Tourismus fast zehn Prozent des Inlandsprodukts und zehn Prozent der Beschäftigung aus, mit mehr als 1,2 Millionen Arbeitsplätzen.

 

Könnten Sie zum Schluss zehn Gründe für eine Reise nach Argentinien nennen.

Lammens: Argentinien ist ein einzigartiges Reiseziel, da wir innerhalb desselben Landes eine Vielzahl von Attraktionen für Touristen anbieten, die anderswo schwer zu finden sind.
Wir haben die international bewunderten Glacier Perito Moreno oder Cataratas del Iguazú (Iguazú Wasserfälle). Wer Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum sehen möchte, findet Wale in Puerto Madryn, verschiedene Vogelarten im Iguazú Nationalpark, Kaimane in den Esteros del Iberá oder exotische Arten in den Yungas von Jujuy.

Wenn ich zehn Gründe erwähnen müsste, müsste ich die Optionen erwähnen, die in unserem Programm La Ruta Nacional enthalten sind, die Abenteuertourismus-Optionen, die unglaublichen Strände, die klimatische Vielfalt, die uns auszeichnet; unsere weltweit führende Gastronomie; das enorme Weintourismus-Angebot in den meisten Provinzen; das kulturelle Leben von Buenos Aires; der wachsende astronomische Tourismus in San Juna, Córdoba und Mendoza; der Vorteil der niedrigen Kosten in Bezug auf den Service, den wir Touristen aus dem Ausland anbieten; die Flugverbindungen, die wir mit den wichtigsten Städten der Welt haben, und das sehr breite Straßennetz, um sich im ganzen Land zu bewegen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Katharina Büttel

lebt und arbeitet als freie Reisejournalistin in Berlin. Über 30 Jahre reist sie für ihre Reportagen und Fotos um die Welt – seit vielen Jahren veröffentlicht sie auch im Mortimer-Reisemagazin.