Die Teilnahme an einem Asado in Argentinien ist viel mehr als der Verzehr des vielleicht besten Fleisches der Welt. Ein Asado ist eine Kunstform, eine inszenierte Choreografie, bei der jeder Gast eine Schlüsselrolle spielt. Doch was zeichnet das Asado aus? Im Vordergrund steht natürlich der unverwechselbare Geschmack der Grillmahlzeit, aber es dient auch als Anlass für das Zusammenkommen von Freunden und Familien. Es geht um mehr als „nur“ gemeinsam zu essen: Jede Person spielt eine wesentliche Rolle in der Inszenierung und Durchführung des Asado und jeder ist willkommen, am Tisch Platz zu nehmen.
Wichtigste Person des Festmahls ist der Asador: Er ist der Grillmeister und verantwortlich für die Zubereitung der Speisen am Grill, die Unterhaltung des Publikums und das Servieren der Mahlzeiten. Die aufgetischten Speisen zeigen sich vielfältig: Shortribs, Zwerchfell, Flankenfleisch und Lendensteaks gehören zu den beliebtesten Fleischvarianten. Auch Wurstwaren und Innereien haben ihren großen Auftritt, allen voran Blutwurst, Dünndarm und Bries. Selbst für Vegetarierinnen und Vegetarier gibt es verschiedene Optionen. In der Zwischenzeit deckt der Rest der Anwesenden den Tisch, sorgt für die musikalische Begleitung und kümmert sich um die Getränke. Der kulinarische Ablauf des Asado ist eine Geschichte in sechs Akten:
Vorab, die „Picada“
Dieser kleine Snack bezeichnet sozusagen die Vorspeise der Vorspeise und besteht aus kleinen Portionen von Wurstwaren, verschiedenen Käsesorten, ein paar Chips, gesalzenen Erdnüssen und Brot. Zu verstehen ist diese Mini-Mahlzeit als Vorbereitung auf das Asado.
Die Vorspeise: „Chori“
Hierbei handelt es sich um „Chorizo„-Brot, also Grillwurst-Brot oder, wie die Argentinierinnen und Argentinier sagen: das Synonym für Glück in Form eines Sandwichs. Das „Choripán“ (Wurstbrot) ist zu einer nationalen Ikone geworden, die bei keinem Asado fehlen darf und die ideale Vorspeise ist. Stehend oder sitzend, allein oder mit „Salsa Criolla“ – eine Salsa-Soße bestehend aus Paprika, Zwiebeln und Tomaten – oder Chimichurri-Soße, die klassische argentinische Grillmarinade mit Petersilie, Oregano, Knoblauch, Essig, gemahlener Chilischote und Öl, Chori schmeckt einfach hervorragend.
Gegrilltes Gemüse und Salate
Obwohl Fleisch die Hauptrolle spielt, mangelt es nicht an vegetarischen Alternativen. Am typischsten sind der grüne Salat mit Tomaten, und seine Varianten mit Eiern und rohen Zwiebeln. Die zauberhafte Kombination von Rucola und Parmesan kommt ebenso auf den Tisch wie der Klassiker aus Kartoffeln und Eiern. Neben den Rohkostoptionen werden weitere vegetarische Beilagen zubereitet: . Zwiebeln, Kartoffeln, Süßkartoffeln und Knoblauch werden in Alufolie gewickelt und direkt auf die Glut gelegt. Sie können mit dem Fleisch oder als Hauptgericht gegessen werden.
Ein Applaus für den Grillmeister
Zu Ehren des Grillmeisters findet der „Aplauso para el Asador“ statt. Derjenige, der ihn entgegennimmt, tut dies mit gesenktem Haupt, wohlwissend, dass er viele Menschen glücklich gemacht hat. Anschließend gibt er diesen Applaus von Herzen sowie mit Begeisterung und Entschlossenheit zurück an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Als Dank für eine Mahlzeit, für die tollen Momente und Begegnung sowie zur Feier dieser gemeinsamen Erfahrung.
Bevorzugter Tag: Sonntags
Eine Sache ist klar: Es ist immer eine gute Zeit, um zu grillen. Das versteht sich von selbst. Aber am zweiten Ruhetag des Wochenendes liegt eine besondere Energie in der Luft. Sonntage sind in Argentinien fast schon patriotische Grilltage und das Feuer für das Asado wird im ganzen Land am Sonntag entzündet.
Die „Sobremesa“
Übersetzt heißt das so viel wie: „Die Zeit, die nach dem Essen am Tisch verbracht wird“. Es ist ein Moment des Dialogs, der Anekdoten, des Lachens, der Kartenspiele und auch für den einen oder anderen Kaffee, wenn noch Platz im Magen ist. Die Sobremesa ist der finale Akt und damit das perfekte Ende für die womöglich besterzählteste, mit Sicherheit aber schmackhafteste Geschichte des Landes. Weitere Informationen unter www.argentina.travel.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.