Very British: Deutscher Blick im Haus der Geschichte

Haus der Geschichte
Einer der „Stars“ der Ausstellung im Haus der Geschichte: Das legendäre Original-Tigerfell aus dem Silvester-Sketch „Dinner for One“.

Spinnen die Briten? Die Schlagzeilen in den deutschen Medien der vergangenen Monate könnten diesen Eindruck erwecken. Das Haus der Geschichte in Bonn zeigt in seiner neuen Ausstellung „Very British. Ein deutscher Blick“, dass Großbritannien mehr ist als nur der Brexit. Die deutsch-britischen Beziehungen sind traditionsreich, vielfältig und freundschaftlich, doch bisweilen auch unterkühlt und von Konkurrenz geprägt. „Very British“ beschäftigt sich  bis zum 8. März 2020 aus deutscher Perspektive – politisch, historisch, wirtschaftlich und kulturell – mit dem deutsch-britischen Verhältnis und der Rolle Großbritanniens in Europa nach 1945.

Wer war zuerst am Pool? Ewiger Streit zwischen Briten und Deutschen zur Freude der Boulevardpresse.

Rund 500 Exponate – darunter viele hochkarätige Leihgaben − zeigt das Haus der Geschichte in der neuen Ausstellung: Das Original-Tigerfell aus dem Silvestersketch „Dinner for One“, ein Bühnenkostüm von George Harrison, der Ball aus dem legendären WM-Finale 1966, ein Kleid von Königin Elizabeth II, das sie beim Staatsbesuch in Deutschland 1965 trug, und ein aufwändig gestaltetes Messgewand des Bischofs von Coventry, das Fotos der kriegszerstörten Städte Dresden und Coventry zeigt, sind Beispiele.

Die beiden Weltkriege

Der Karnevalswagen von Jacques Tilly im Düsseldorfer Rosenmontagszug 2017 kommt auch bei Protesten in London zum Einsatz.

Bis heute prägt besonders die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg das nationale Selbstbild der Briten, das Bild von den Deutschen und das britisch-deutsche Verhältnis. Antideutsche, vergangenheitsbezogene Stereotypen werden vor allem in den Medien gern aufgegriffen, gemeinsame britisch-deutsche Erinnerungen an Coventry und Dresden belegen aber auch den Wandel: Die Städte werden von Symbolen des Kriegsterrors zu Orten der Versöhnung.

“With Europe, but not of it“

Die Aussage von Winston Churchill von 1930 spiegelt das ambivalente Verhältnis der Briten gegenüber einer vertieften europäischen Integration. Das Vereinigte Königreich versteht sich auch nach 1945 als Großmacht mit globaler Perspektive. Die enge Partnerschaft mit den USA und das tiefe Misstrauen gegenüber der Abgabe nationaler Souveränitätsrechte an europäische Institutionen gehören dabei zu den Konstanten britischer Politik. Trotzdem überrascht der Ausgang des EU-Referendums 2016 Politik und Öffentlichkeit in Deutschland.

God save the Queen

Programmübersicht in der „HÖR ZU“ zum Staatsbesuch des britischen Königspaares 1965.

Die britische Krone verleiht dem demokratisch-parlamentarischen System einen besonderen Glanz und löst im Ausland Bewunderung aus. Das Interesse der deutschen Öffentlichkeit an den „Royals“ und ihren Geschicken ist in Deutschland seit Jahrzehnten hoch. Der erste Deutschlandbesuch der Queen im Jahre 1965 war ein wahrer Triumphzug.

Fußball und Popkuktur

Trommelfell von Ringo Starrs Bass Drum. Die Beatles starten Anfang der 1960er Jahre ihre Weltkarriere.

Die deutsch-englische Fußballkonkurrenz gehört – beginnend mit der WM 1966 – zu den längsten und intensivsten in der Geschichte des Sports. Trotz aller Rivalität bestimmen auch Fairness und Respekt den Wettkampf zwischen den Fußballmächten. Spieler wie Bernd Trautmann, Kevin Keegan und Jürgen Klinsmann tragen durch ihre Leistungen und ihr Auftreten im jeweils anderen Land zum besseren Verständnis zwischen Briten und Deutschen bei. Bis heute erhält die deutsche Populärkultur wichtige Impulse von den britischen Inseln. Literatur, Mode und Musik finden seit Jahrzehnten in Deutschland ein begeistertes Publikum. Der sprichwörtliche britische Humor ist dem deutschen Publikum aus TV und Kino in nachhaltiger Erinnerung.

Enge wirtschaftliche Bande

Englische Kultmarke: Schild aus dem Zubehörhandel für Mini-Fans. – Fotos: Stiftung Haus der Geschichte/Axel Thünker

Deutschland und Großbritannien sind wirtschaftlich eng verflochten. Das jeweilige Image des Herkunftslandes („Vorsprung durch Technik“/„feine englische Art“) wird erfolgreich für die Produktvermarktung eingesetzt. Die Entwicklung Londons zum wichtigen Weltfinanzplatz beeinflusst auch in Deutschland Diskussionen um die deutsche Wirtschaftspolitik. Weitere Informationen zur Ausstellung „Very British. Ein deutscher Blick§“ unter www.hdg.de.