Sich regen, bringt bekanntlich Segen. In Schwerte an der Ruhr ist dies kein bloßes Lippenbekenntnis. Denn in der Kleinstadt südöstlich von Dortmund, genauer gesagt im Ortsteil Ergste, lädt der rund elf Kilometer lange Segensweg nicht nur Gläubige zu einer faszinierenden Pilgerwanderung ein.
Auf der abwechslungsreichen Tour, für die rund zweieinhalb bis drei Stunden eingeplant werden sollten, geht es durch schmucke Wohnviertel, weite Felder, bergan, bergauf über sanfte Hügel, entlang von Bächlein, durch tiefe Wälder und vorbei an insgesamt zwölf Stationen, die mit zum Teil beeindruckenden Kunstwerken aufwarten.
Jeder dieser frei zugänglichen Installationen ist einem bestimmten Segensspruch gewidmet. Doch auch unabhängig davon, ob man dem christlichen Glauben angehört oder nicht, erweist sich der Segensweg als ein kurzweiliger Rundweg mit zahlreichen Blickfängen.
Startpunkt ist an der evangelischen St. Johannis-Kirche, die zwischen den 1821 und 1824 nach Plänen von Friedrich-Wilhelm Bucholtz errichtet wurde. Neben dem Portal findet sich der so genannte Grundstein für den Segensweg.
Dabei handelt es sich um einen 250 Kilogramm schweren Findling, aus dessen zwölf Bohrlöchern Wasser in ein Brunnenbecken fließt. Das Brunnenbecken ist mit einem bunten Mosaik aus Fliesenscherben unterlegt.
Keine zehn Gehminuten entfernt befindet sich am Kindergarten St. Johannis Ergste mit der Skulptur „Segensbaum“ die zweite Station des Rundweges. Das Kunstwerk von Burkhard Vielhauer soll die Verbindung zwischen Himmel und Erde beschreiben. Eine Mutter und ein Kind stehen am Fuße des Segensbaums, aus dessen metallenen Ästen kleine und große Schuhe zu wachsen scheinen. Die Schuhe symbolisieren die einzelnen Schritte des Lebens, stehen aber auch dafür, Abschied zu nehmen und neu aufzubrechen.
Weiter geht es zur Katholischen Kirche St Monika, wo die nächste Station in den Blick fällt: Ein runder, rostiger Kreis mit großer Öffnung. Diese Station heißt Lebensspirale. Pater Abraham entwarf die Stahlkonstruktion als ein Symbol für das Leben. Vorbei an einem Kriegsmahnmal führt die Route nun durch ein Landschaftsschutzgebiet zum Friedhof von Ergste. An der dortigen Andachtshalle ist die nächste Wegestation zu finden. Ein aus Kiefernholz gefertigtes Segenskreuz von Jan van Nahuijs ist hier als Schmuck gut sichtbar angebracht.
Quer durch ein herrliches Waldstück führt die Route weiter zum Zapp-Waldstadion, wo am Rande des Parkplatzes die nächste Station des Segensweges wartet: der von Andrea Schütte entworfene „Baum der Erkenntnis“, ein metallenes Kunstwerk mit einem knallroten, angebissenen Apfel am Fuße. Zwischen Feldern und Wiesen lädt bald darauf unter einem imposanten Baum die nächste Station des Segensweges, ein Steintisch mit der Inschrift „Unser tägliches Brot“, zu einem Stopp ein. Der von Ludger Schüttert geschaffene Mühlstein aus Granit ist auch ein perfekter Platz für ein Picknick.
Die nächste Station ist dann direkt neben dem Elsebad, dem örtlichen Schwimmbad, das Kunstwerk „Wasser des Lebens“. Diese ist in einen Bachlauf hineingebaut und lädt zum Klettern ein. Der aus Ruhrsandstein geschaffene Übergang soll für die Erinnerung an die Taufe oder auch die Entscheidung für die Taufe stehen. Derweil ziert die Metallskulptur „Zwei Schatzkarten“ von Simone Rynk das Bahnhofsgebäude von Ergste. Das Kunstobjekt aus Stahlblech, Acryl und Holz stellt die Fragen in den Fokus, welchen Schatz ein jeder Mensch auf seinem Lebensweg finden möchte und zu welchem Ziel er unterwegs ist?
Durch Felder und Wiesen verläuft der Segensweg nun zum Alten Pfarrhaus am Lindenufer. Auf der Wiese vor dem historischen Gemäuer erhebt sich die „Segensleiter“. Karl Imfeld schuf das fünf Meter hohe Kunstwerk aus einem Eichenholzstamm. Die Skulptur soll an die Geschichte von Jakobs Traum aus 1. Mose 28 erinnern, wo von einer Leiter erzählt wird, die Erde und Himmel miteinander verbindet.
Die nächste Station an der Unterdorfstraße bildet eine Skulptur namens „Wegweisend“. Mirko Stefan Elfert schuf das Stahlkonstrukt. Die Wörter Glaube, Hoffnung und Liebe weisen hier in unterschiedliche Richtungen, haben aber, so die Darstellung der Macher, einen gemeinsamen Ursprung. Mit dem Kreuz als Ausgangspunkt weisen sie in die Welt hinaus. Sie führen ins Leere und ins Ungewisse.
Im Zickzack durch Wohnviertel und zwischen Feldern hindurch wird sodann der Endspurt für den Segensweg eingeläutet. An der Justizvollzugsanstalt in der Gillstraße steht eine von Heribert Prause geschaffene Skulptur aus Edelstahl und Aluminium mit dem Namen „Dialog“. Die Hauptblickachse fällt hier auf zwei gegenüberliegende Gesichter, deren Position und Höhe sich durch den Wind verändert. Das Kunstwerk soll das Miteinander verschiedener Personen und gesellschaftlicher Partner symbolisieren. Mit der Bewegung zeigt die kinetische Skulptur zudem das fragile Gleichgewicht der Menschen.
Von der JVA führt der Rundweg schließlich vorbei an der Freiwilligen Feuerwehr Ergste, wo eine weitere Station des Segensweges die Mauer zwischen den einzelnen Garagentoren der Einsatzfahrzeuge ziert: die Skulptur Zuversicht von Holger Hülsmeyer. Das Kreuz aus Eichenholz ist ein Symbol für Wachsamkeit.
Von hier sind es dann lediglich noch wenige Hundert Meter bis zum Ausgangspunkt an der St. Johannis-Kirche, wo auch diejenigen, die nicht dem christlichen Glauben angehören, einräumen dürften, dass die elf Kilometer lange Tour so oder so ein absoluter Segen ist.
Allgemeine Informationen: Johannis Stiftung Ergste, Auf dem Hilf 6, 58239 Schwerte-Ergste, Telefon 02304-70180, www.segensweg.de
Segensweg: Im Jahre 2003 startete die Johannis Stiftung mit der Anlage und dem Bau der einzelnen Stationen des Ergster Segensweg. Auf dem Rundweg finden sich insgesamt zwölf Stationen, die von Künstlern gestaltet wurden und die die einzelnen Wegpunkte der Pilgerstrecke rund um den Schwerter Stadtteil Ergste markieren.
Startpunkt für den 11,4 Kilometer langen, familienfreundlichen Rundweg ist an der St. Johannis-Kirche, Kirchstraße 18, 58239 Schwerte-Ergste.
Buchtipp: Eine ausführliche Beschreibung des Segensweges findet sich in dem Wanderfüher Ruhrgebiet ( ISBN 978-3-86686-500-6)von Karsten-Thilo Raab und Ulrike Katrin Peters. Erhältlich ist der Titel für 12,90 Euro im Buchhandel oder direkt beim Conrad Stein Verlag.
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Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.