Rangertour im Nationalpark Schwarzwald

Rangertour
Bei der Rangertour ist zu erfahren, dass es im wilden Wald bei der Bühler Höhe oft neblig ist und dahert Moos an den Ästen wächst. – Fotos TMBW/Gregor Lengler

Die Luft heute Morgen ist angenehm kühl, ganz klar und frisch und rein – und irgendwie perfekt für eine Rangertour. Auf den Blättern und Nadeln perlen noch Regentropfen der Nacht. Ranger Florian Hofmann wandert mit uns auf dem Wildnispfad unweit der Bühlerhöhe durch den Wald im Nationalpark Schwarzwald. Aber was heißt hier schon wandern: Wir klettern über liegende Baumstämme, kraxeln durch ein ausgetrocknetes Bachbett, überwinden umgefallene Bäume über Treppenleitern und lauschen dem Gesang der Buchfinken und Meisen. Kurzum: Wir fühlen, riechen und schmecken den Wald.

Waldwunder-Welt im Kleinen

Rangertour
Bei einer Rangertour ist zu erfahren, dass ein toter Baum voller Leben ist. Man muss nur genau hinschauen.

Das Moos auf dem Totholz ist weich, und wenn man genau hinschaut, entdeckt man auf den umgefallenen Stämmen eine Waldwelt im Kleinen: mit Wiesen von Flechten, Zunderpilz-Felsen und Miniatur-Tannenbäumen zum Beispiel, die hier dem Sonnenlicht immerhin einen Meter näher sind. Florian Hofmann erklärt uns, dass der Baumkindergarten auch über dem Boden gute Chancen hat, denn irgendwann fallen die toten Stämme in sich zusammen. So erlebt man im wilden Wald bei Baden-Baden nicht nur, wie lebendig Natur ist, sondern auch, wie nah Werden und Vergehen beieinanderliegen können.

Ein neues Nationalparkzentrum

Rangertour
Auch das macht eine Rangertour deutlich. Werden und Vergehen liegen im Urwald nah beieinander.

Der Nationalpark Schwarzwald ist der einzige Nationalpark in Baden-Württemberg, und er gehört zu den jüngsten in Deutschland, eröffnet nach vielem Pro und einigem Contra Anfang 2014. Gut 10.000 Hektar, etwa 100 Quadratkilometer, ist er groß: Wälder, Moore, Bergheiden und Seen – verteilt auf zwei Gebiete rund um den Hohen Ochsenkopf und den Plättig sowie weiter südlich am Ruhestein, wo es auch ein Nationalparkzentrum gibt. Im Frühjahr 2021 wird dort an einem Hang das neue Besucherzentrum Nationalpark Schwarzwald für Besucher geöffnet, ein ziemlich spektakulärer Bau, von außen wie innen. Vom Foyer dieses ganz modernen Gebäudes mit seinen übereinander liegenden Riegeln führt dann ein Skywalk über die Kronen der tiefer stehenden Bäume. Im Zentrum selbst wird die neue multimediale Dauerausstellung „wild werdender Wald“ gezeigt.

Ein anderer Lebenstakt

In der Kernzone des Nationalparks darf die Natur Natur sein – Eingriffe sind nur jetzt, in den Anfangsjahren, hier und da noch erlaubt. Wichtigste Regel für Besucher: keine Spuren zu hinterlassen. Man muss dort auf den Wegen bleiben, aber am Plättig schlängelt sich der Pfad ohnehin mitten durchs Dickicht – so ist man nah dran am wilden Wald. Die Sonne wirft helle Flecken durchs grüne Dach. In ihnen tanzen kleine, dunkle Blätterschatten. Und der Wald legt sich bald wie ein Schutzmantel um seine Besucher. Man ist wirklich mal weg von Sorgen und Lärm, Job und To-do-Listen, in einer Welt, die einen ganz anderen Lebenstakt hat.

Seltene Spechte und Käuze

Bei einer Rangertour im Nationalpark Schwarzwald entdeckt man viele kleine Naturwunder.

Wer das alles intensiv erleben möchte, der geht am besten mit einem wie Florian Hofmann auf Tour – die Nationalpark-Verwaltung bietet regelmäßig Touren und Veranstaltungen an. Der Ranger macht uns auf viele kleine Details hier draußen aufmerksam: Zwischen den Fingern zerriebene Tannennadeln duften zart nach Orange, die Nadeln der Fichte eher nach Zitrone. Wir kauen sehr sauren Sauerklee, spähen durchs Fernglas hinauf zu einer Schwarzspechthöhle und staunen über die Fraßmuster des achtzähnigen Buchdruckerkäfers, einer Borkenkäferart, auf der Innenseite einer Rinde. Der Nationalpark ist Heimat unter anderem für den Baummarder, den Dreizehenspecht, Sperlingskauz und Raufußkauz sowie Tannenhäher, Fichtenkreuzschnabel und viele seltene Insekten- sowie Pflanzenarten.

Der Wald schenkt Ruhe

Entschleunigung im Takt der Natur kann überaus erholsam sein.

Zu Gesicht bekommt man diese besonderen Waldbewohner selten, nur Rotwild hat letzte Nacht Hufspuren im feuchten Waldboden hinterlassen. Aber die wichtigste Entdeckung in diesem Urwald ist ja auch ohnehin eine andere. Es geht nicht darum, was man sieht oder nicht sieht. Nicht darum, was man im Wald macht, sondern eher, was der Wald mit einem macht. Er hat keine Eile. Er hat Zeit, schenkt Ruhe und Gelassenheit. Man kann davon sogar etwas auf Vorrat mitnehmen, wenn man nach ein paar Stunden wieder hinaus ins grelle Sonnenlicht des Sommers tritt. Mehr Informationen zu Rangertouren unter www.nationalpark-schwarzwald.de.