Bei der bloßen Erwähnung des Namens Manchester denken viele automatisch an „König Fußball“. In der Tat beheimatet das einstige Zentrum der britischen Textilindustrie mit Manchester United und Manchester City gleich zwei europäische Spitzenclubs. Insbesondere Letztere gelten als amtierender englischer Meister und Pokalsieger sowie Champions-League-Sieger als die wohl aktuell beste Vereinsmannschaft des Kontinents, vielleicht sogar des Erdballs. Doch die 550.000-Seelen-Gemeinde im Nordwesten Englands hat weit mehr zu bieten, als die Faszination für das Runde, das ins Eckige muss. Dabei kann und will Manchester seine industrielle Vergangenheit nicht verleugnen.
„Manchester hat einfach alles bis auf einen Strand“, behaupten die „Mancunians“ oder „Mancs“, wie die Einwohner von Manchester liebevoll genannt werden, ebenso selbstbewusst wie stolz. Tatsächlich dürfte die britische Fußballkapitale zumindest mit Blick auf das überaus belebte Zentrum für viele eher zu einer Liebe auf den zweiten Blick avancieren. Gleichwohl lassen sich zwischen den Bausünden der 1960er und 1970er Jahre viele schmucke Perlen entdecken.
Malerisches Cathedral Quarter
Als eine der unumstritten schönsten Ecken von Manchester gilt fraglos das Cathedral Quarter rund um die 600 Jahre alte Kathedrale. Hier finden sich prachtvolle Fachwerkhäuser, der ikonische Corn Exchange (die ehemalige Kornbörse), aber auch das ultramoderne National Football Museum. Das anglikanische Gotteshaus selber begeistert mit mittelalterlichen Schnitzereien sowie bunten Fenstern mit Glasmalerei.
Zumindest optisch gemahnt auch die neugotische John Riley Library an eine Kirche. Die famose Bibliothek ist ein absolutes Kleinod mit mehr als 500 thematischen Kollektionen und voller literarischer Schätze wie dem ältesten Teil des Neuen Testaments sowie einer frühen Ausgabe der 1392 von Geoffrey Chaucer verfassten „Canterbury Tales“.
Faszinierende Zeitreise in Castlefield
Direkt gegenüber der prachtvollen Bücherei hat Manchester dem großen Musiker und Komponisten Fryderyk Chopin im wahrsten Sinne des Wortes ein Denkmal gesetzt. Und dies, obwohl das polnische Musikgenie der Industriemetropole Zeit seines Lebens nur eine Kurzbesuch abgestattet hatte. Von einer schweren Krankheit gezeichnet, gab Chopin im August 1848 in der Gentleman’s Concert Hall vor 1.200 Besuchern ein gefeiertes Konzert, das bis heute nachhallt und den Klaviervirtuosen unvergessen machte.
Ein absolutes Muss ist daneben ein Abstecher in den Stadtteil Castlefield. Dieser ist geprägt von engen Kanälen, auf denen lange, schmale Hausboote, die sogenannten narrow boats, gemütlich hin und her tuckern. An den Ufern der Wasserwege erheben sich zahllose uralte Gebäude aus rotem Backstein. Längst sind die einstigen Industrieanlagen und Fabrikgebäude zu modernen Lofts umgestaltet worden. Dazwischen ducken sich charmante Pubs mit einladenden Biergärten.
Begehbares Eisenbahnviadukt
Ein offener Geheimtipp ist das 330 Meter lange und 17 Meter hohe Castlefield Viaduct, das im Jahre 1892 errichtet worden ist. Mit dem Niedergang der Industrie in Manchester wurde die einstige Bahntrasse schließlich 1969 stillgelegt und die Schienen entfernt. Seither ist das historische Eisenbahnviadukt unweit des Bridgewater Kanals komplett der Natur überlassen worden.
Nur einen Steinwurf entfernt befindet sich im ältesten, noch erhaltenen Bahnhof der Welt, der Liverpool Road Station, das Museum of Science & Industry. Das MOSI bietet einen Einblick in die Technik- sowie Industriegeschichte sowie in die bewegte Historie von Manchester. So lässt sich eine der weltweit größten Sammlungen funktionsfähiger Dampfmaschinen in Augenschein nehmen. Zudem zeigt das Museum bei freiem Eintritt neben historischen Webstühlen zahlreiche Oldtimer und Flugzeuge aus längst vergangenen Zeiten.
Schöne neue Welt in der MediaCity UK
Wesentlich älter sind die fast 2.000 Jahre alten Reste einer Befestigungsanlage und eines Forts aus römischer Zeit, die zwischen dem Museum und dem Castlefield Viaduct gerne übersehen werden.
Im jähen Kontrast dazu steht das erst vor wenigen Jahren aus dem Boden gestapfte Viertel MediaCity UK in Salford. In dem riesigen Areal am Manchester Ship Canal und dem ehemaligen Hafen haben sich mit der BBC und ITV die größten Sendeanstalten des Landes mit einer Vielzahl von Studios in riesigen Glas-Stahl-Palästen angesiedelt. Im Umfeld entstanden neue Apartmentblocks mit teuren (Luxus-) Wohnungen, Restaurants sowie das ikonische Gebäude des Imperial War Museums. Letzteres wurde nach Plänen des renommierten Architekten Daniel Liebeskind errichtet und erzählt multimedial die Geschichte der Kriege, in denen das Vereinigte Königreich im Laufe seiner Geschichte verstrickt war.
Auf den Spuren der Erfolgsmannschaft
Ganz andere Schlachten werden seit dem Jahre 2002 im Ethiad Stadium geschlagen. Die Heimspielstätte von Manchester City avanciert längst zu einem Mekka für Fußballfans, obschon die 54.000 Zuschauer fassende Arena ursprünglich für die Leichtathletik-Wettbewerbe bei den Commonwealth Games 2002 auf dem ehemaligen Gelände eines Bergwerks im Osten der Stadt errichtet worden war. Bis 2025 soll das Fassungsvermögen um weitere 7.000 aufgestockt werden. Rund 300 Millionen Britische Pfund (etwas 347 Millionen Euro) sollen dazu in den Ausbau des Stadions, den Bau eines eigenen Hotels mit 400 Betten sowie in ein eigens Museum für den Club gepumpt werden.
Unabhängig davon lohnt sich schon jetzt – nicht nur für eingefleischte Fußballfans – eine Stadiontour. Dabei kann nicht nur ein Blick auf das weite Rund mit dem durch 20 Millionen Kunstfasern angereicherten Rasen geworfen werden. Der Rundgang führt auch in das Heiligste des Stadions: Die ungewöhnliche, kreisrunde Umkleidekabine der Citizens. Zudem geht es durch den Spielertunnel, die Mixed-Media-Zone zu dem Sitzplatz, den die verstorbene Queen Elizabeth II. am 25. Juli 2002 bei der feierlichen Eröffnung des Stadions einnahm. Ein besondere Moment ist schließlich der Besuch des Presseraums, wo sich Interessierte bei einer virtuellen Pressekonferenz neben Pep Guardiola platzieren und sich mit dem Starcoach ablichten lassen können.
Aussichtsreich in luftiger Höhe
Neben König Fußball regiert in Manchester eine lebendige Kultur- und Musikszene. Vor allem im trendigen Northern Quarter finden sich zahllose Cocktail-Bars, Jazz-Clubs und Musikkneipen. Ein ewig junger Klassiker für Freunde der Livemusik ist das „Night & Day“ in der Oldham Street. Nicht weniger populär ist das „Band on the Wall“ in der Swan Street, wo fast abendlich ein Gig geboten wird.
Fast schon ein Muss ist der Besuch des „Cloud 23“, wo sich auch der Kreis schließt. Denn von der stylischen Bar im 23. Stock des imposanten, 169 Meter hohen Beetham Towers breitet sich ein herrlichen Panoramablick aus. Wobei Castlefield und das Viadukt dem Glas-Stahl-Riesen bildlich gesprochen zu Füßen liegen. Quasi im wahrsten Sinne des Wortes ein Hochgenuss in Manchester…
Wissenswertes zu Manchester in Kurzform
Informationen: www.visitmanchester.com
Anreise: Direktflüge nach Manchester bietet Eurowings von Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München.
Lage: Manchester liegt im Nordwesten von England. Südöstlich der Stadt liegt der Peak-District-Nationalpark.
Einreise: Für die Einreise wird ein mindestens noch sechs Monate gültiger Reisepass benötigt.
Währung: Zahlungsmittel ist das Britische Pfund. Ein Pfund entspricht 1,15 Euro; ein Euro sind etwa 0,87 Pfund. Kreditkartenzahlung ist überall problemlos möglich.
Absolut sehenswert
Media City UK: www.mediacityuk.co.uk
Imperial War Museum North, Trafford Wharf Road, Trafford Park, Stretford, Manchester, M17 1TZ, Telefon: 0044-161-8364 000, www.iwm.org.uk. Eintritt frei.
Castlefield Viaduct: Catalan Square, Duke St, Manchester, M3 4PU, Telefon 0044-344-2491 895, www.nationaltrust.org.uk. Eintritt frei.
Stadiontouren: Führungen durch das Ethiad Stadium kosten 28 Britische Pfund. Buchungen unter www.mancity.com.
Das leibliche Wohl
Essen & Trinken: Exhibition, St George’s House, 56 Peter Street, Manchester, M2 3NQ, Telefon 0044-161-711 0150, www.exhibitionmcr.co.uk. Das angesagte Restaurant besitzt gleich drei Küchen mit unterschiedlicher, wechselnder Karte, die von kulinarischen Genüssen aus allen Teilen der Welt geprägt ist.
Albert’s Schloss, 27 Peter Street, Manchester, M2 5QR, England, www.albertsschloss.co.uk. Manchesters erster böhmischer Bierpalast besticht durch Live-Musik und deftige Speisen.
Nell’s Pizza, 39-41 Edge Street, Manchester, M4 1HW, 0044-161-832 9245, www.nellspizza.co.uk. Besonders bei Studenten beliebte Pizzeria und Kneipe im trendigen Northern Quarter.
Besondere Genüsse
Genusstipps: Im hippen Stadtteil Castlefield hat sich unter einem Eisenbahnbogen eine Gin Distillery mit Restaurant etabliert. Wer mag, kann ein Gin Tasting mit einer Einführung in die Gin-Herstellung buchen: Manchester Gin, 10-15 Watson Street, Manchester M3 4LP, England, www.manchestergin.co.uk.
Ungewöhnlich ist Freight Island als ein Zentrum für Essen, Trinken und Unterhaltung inmitten der historischen Industriearchitektur von Depot Mayfield. Auf 55.000 Quadratmetern werden Lebensmittel aus allen Teilen der Welt an kleinen Ständen feilgeboten. Dazu gibt es ein buntes täglich wechselndes Unterhaltungs- und Musikprogramm: Freight Island, 11 Baring St, Manchester M1 2PZ, www.escapetofreightisland.com
Beste Aussichten garantiert Cloud 23 im Hilton Deansgate, Beetham Tower, 303 Deansgate, Manchester, M3 4LQ, Telefon 0044-161-870 1688, www.cloud23bar.com.
Hier gibt es was auf die Ohren
Livemusik: Band on the Wall, 25 Swan Street, Northern Quarter, Manchester, M4 5JZ, Telefon 0044-161-832 1111, www.bandonthewall.org
Night & Day, 26 Oldham St, Manchester M1 1JN, Telefon 0044-161 236 1822, www.nightnday.org
Das perfekte Nachtlager
Übernachten: ibis Styles Manchester Portland Hotel, 3-5 Portland St, Manchester M1 6DP, Vereinigtes Königreich, Telefon: 0044-161-246 3400, https://all.accor.com. Das farbenfrohe und gestalterisch am Thema Wetter ausgerichtete Hotel unweit der Piccadilly Gardens bietet Doppelzimmer ab 65 Britische Pfund (etwa 75 Euro) pro Nacht an.
ibis Manchester Centre 96 Portland, 96 Portland Street, Manchester, M1 4GX, Telefon 0044-161-619 9000, https://all.accor.com. Das zentral gelegene Drei-Sterne-Haus bietet Doppelzimmer ab 89 Britische Pfund (etwa 99 Euro) pro Nacht.
Die Recherche fand auf Einladung/mit Unterstützung von Accor Hotels in Zusammenarbeit mit uschi liebl pr und FINN Partners statt.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.