Malta – kleines Land der getriebenen Busfahrer

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Wahrzeichen von Malta: Die knallbunten Luzzu-Boote der Fischer. – Foto Karsten-Thilo Raab

Die farbenfrohen historischen Busse, die wie die kunterbunten Luzzu-Boote lange Jahre das Bild der Insel bestimmten, sind seit 2011 von den Straßen verschwunden. Leider. Und doch mit Blick auf den Umweltschutz und die Sicherheit wohl eine vernünftige Entscheidung. Die unspektakulären Nachfolgemodelle schwärmen noch immer sternförmig vom zentralen Busbahnhof vor den Stadtmauern der Hauptstadt Valletta in alle Inselteile aus. Die Busfahrer scheinen zumeist verkappte Rennfahrer zu sein; getrieben vom Gedanken, ihr Gefährt könne auseinander fallen, falls der Fuß vom Gas genommen wird. Das gilt auch für Kurven und enge Straßen. An jeder Haltestelle erfolgt eine kleine Vollbremsung, mit der die Fahrgäste praktischerweise Richtung Tür geschleudert werden, ehe es mit Vollgas weitergeht. Dabei ist eigentlich keine Eile geboten. Schließlich ist Maltas Hauptinsel mit einer Gesamtfläche von 246 Quadratkilometern eher zwergenklein.

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Valletta ist eine Minikapitale mit großem Charme. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Kurze Wege sind hier an der Tagesordnung, jeder Winkel der Insel ist binnen kürzester Zeit zu erreichen. Umso verwunderlicher, warum die Busfahrer zu den Ewig-Getriebenen zu gehören scheinen. Vielleicht tut man ihnen auch Unrecht und die Busse rollen nur wegen des fast permanent starken (Rücken-) Windes so schnell über das Island. Vielleicht ist es aber auch ein besonderer Servicegedanke, der hier ausgelebt wird. Motto: Den Fahrgästen möglichst viel von der Insel in möglichst wenig Zeit zu zeigen.

Sprungbrett zwischen den Kontinenten

Das City Gate von Valletta liegt tatsächlich außerhalb der Stadtmauern. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Und es gibt viel zu entdecken im neuntkleinsten Land der Erde. Aufgrund der strategisch günstigen Lage an einer der engsten Stellen zwischen Europa und Afrika – 93 Kilometer von Sizilien und 230 Kilometer von Tunesien entfernt – galt Malta seit dem Altertum als Sprungbrett zwischen den Kontinenten, aber auch als Schlüssel für die Macht im Mittelmeer. Kaum verwunderlich daher, dass immer wieder fremde Völker von den Phöniziern über die Karthager, Römer und Normannen bis hin zu Arabern, Franzosen und Osmanen die kleine Insel annektierten. Den größten Einfluss hatten zweifelsohne der Ritterorder der Johanniter und bis zur Unabhängigkeit 1964 für rund 150 Jahre die Briten. Letztere hinterließen neben dem Linksverkehr und den roten Telefonhäuschen auch Englisch als Amtssprache.

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Das City Gate von Valletta liegt tatsächlich außerhalb der Stadtmauern. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Die überall sichtbaren Einflüsse einer langen, bewegten Geschichte, eine aus vielen Facetten zusammengefügte Volkskultur, das Großstadtflair im Nordosten und die dörfliche Beschaulichkeit im Südwesten lassen den Inselstaat zu einer eigenen kleinen, aber durchaus feinen Welt mit einer Mischung aus arabischem, italienischem und britischem Lebensstil avancieren. Dabei ist Malta keine Insel für notorische Strandlieger, was daran liegt, dass das Archipel überwiegend Felsenküste aufweist und nur über wenige malerische Sandbuchten verfügt. Doch dies macht zugleich auch den Reiz aus, denn Malta gilt als Eldorado für Segler, Surfer und vor allem für Sporttaucher und Schnorchler.

Bunte Fischerboot-Pracht

Mit Blick auf Valletta haben Liebende am Tigné Point eine Reihe an Liebssschlössern angebracht. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Zeugnisse der langen bewegten Vergangenheit finden sich zuhauf: die aus der Steinzeit stammende Tempelanlage Hagar Qim im Südosten, die mehr als 5.000 Jahre alten Tarxien-Tempel, die alte Hauptstadt Mdina, die Katakomben von Rabat mit ihren Fresken aus römischer und frühchristlicher Zeit oder das malerische Fischerdorf Marsaxlokk mit seinen bunten Fischerbooten, wo die Zeit ein wenig still zu stehen scheint.

Ein Stück Filmgeschichte: das Popeye Village auf Malta.

Maltas originellstes Dorf ist eine Filmkulisse: Popeye Village mit seinen windschiefen Holzhäusern und Plankenwegen wirkt wie eine malerische Bucht in der Südsee. Regisseur Robert Altmann ließ das Dorf 1979 eigens für die Verfilmung des Spielfilms nach der Comicserie „Popeye“ in der Anchor Bay errichten.

Faszinierendes Farbenspiel

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Ein besonderer Blickfang sind auch die Holzbalkone der Häusder. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Mitten in einem Weinanbaugebiet liegt unweit von Medina das Kunsthandwerkdorf Ta’Qali. In Wellblechhütten, die wie langgezogene, halb runde Schläuche anmuten, werden Keramik, Glas- und Lederwaren und so manches andere Mitbringsel feilgeboten. Wobei sich die Produzenten bereitwillig bei der Herstellung über die Schulter gucken lassen.

Ungewöhnlich und überaus besuchenswert: das Künstlerdorf Ta’Qali. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Ein phantastisches Naturschauspiel wartet im Südosten der Insel. Vom beschaulichen Dörfchen Wied Iz-Zurrieq fahren kleine Fischerboote zur Blauen Grotte. Vor allem vormittags bietet sich hier ein faszinierender Anblick. Der Lichteinfall der Sonne verleiht der 30 Meter hohen und 90 Meter im Umfang messenden Grotte ein besonderes Farbenspiel, das durch die weithin sichtbaren orangefarbenen Korallen und eine üppige Unterwasservegetation noch potenziert wird.

Eine Kirche für jeden Tag

Die Salzpfannen in Obajjar auf Gozo zeugen von einer langen Handwerkstradition. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Insgesamt zählen Malta und die Nachbarinsel Gozo 365 Kirchen und Kapellen. Also genug, um jeden Tag in einer anderen zu beten. Dazu gehören die imposante Kathedrale St. Peter und Paul in der früheren Hauptstadt Mdina aus dem Jahre 1702 und die Maria-Himmelfahrts-Kirche von Mosta. Deren 1871 nach Plänen von Grognet de Vassè fertig gestellte Kuppel ist mit einem Durchmesser von 39 Metern die drittgrößte der Welt.

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Die St Mary Church in Mgarr ist eine von 365 Kirchen in Malta und Gozo.  – Foto: Karsten-Thilo Raab

Bedeutendstes Kirchenbauwerk auf Malta ist jedoch die St. John’s Co-Cathedral in der Hauptstadt Valletta. In der einstigen, von außen eher schlichten Hauptkirche des Johanniter-Ordens am zentral gelegenen St. John’s Square schuf der italienische Maler Mattia Preti zwischen 1662 und 1667 eine beeindruckende Gewölbemalerei mit 18 Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers. Bedeutendstes Einzelwerk des prächtigen Gotteshauses ist Caravaggios Altarbild „Die Enthauptung Johannes des Täufers“ aus dem Jahre 1608.

Minikapitale im Reißbrettmuster

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Eines der historischen Stadttore von Valletta ist das Victoria Gate. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Auch sonst weiß Valletta zu bezaubern. Obwohl gerade einmal 0,84 Quadratkilometer groß, besticht die winzige Insel-Kapitale durch eine Vielzahl an imposanten Kirchen und Palästen, zum Teil über 400 Jahre alten Gebäuden, engen Gassen, steilen Treppen sowie den typisch maltesischen Kalksteinhäusern mit ihren bunt vorstehenden Balkonerkern. Nach Plänen von Francesco Laparelli, einem Schüler Michelangelos, ist Valletta im 16. Jahrhundert am Reißbrett schachbrettartig angelegt worden. Gewaltige Mauern umgeben die nur knapp 1.500 Meter lange und 800 Meter breite Stadt auf der Halbinsel Sciberras zwischen den Naturhäfen Marsamxett und Grand Harbour.

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Eine der Landmarken von Valletta ist der Grand Harbour. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Die Republic Street, die pulsierende Lebensader, führt vorbei am Royal Opera House und dem schmucken Großmeisterpalast, dem heutigen Sitz des Parlaments, in dessen „Tapestry Chamber“ eine wertvolle Sammlung von Gobelin-Wandteppichen zu bewundern ist, schnurgerade zum Fort St. Elmo. Die geschichtsträchtige Trutzburg am äußersten Ende der Halbinsel war 1565 während der „Great Siege“, der Großen Belagerung, die tragische Bühne für eine verzweifelte Schlacht gegen die drohende türkische Invasion, hat ihre besten Tage jedoch lange hinter sich. Aber schon allein wegen des erstklassigen Ausblicks auf Valletta und den größten Tiefseehafen der Welt, den Grand Harbour, lohnt der Besuch. Weitere Informationen unter www.urlaubmalta.com.