Nach dem Gnalp-Tunnel endet die Welt. Plötzlich eröffnet sich eine ganz neue, andere Welt. Eine voller Berggipfeln und weißer Pracht. Vorbei geht es an den malerischen Holzhäusern des Weilers Steg, während die Motorengeräusche wenige Kilometer weiter zunehmend verstummen. Der Klang der Stille wird durchzogen vom Lachen, aber auch vom Knarzen zahlloser Kanten. Der Talabschnitt ist klein und doch groß genug. Drangvolle Enge ist hier ein Fremdwort. Keine Frage, das Dörfchen Malbun im Fürstentum Liechtenstein gilt nicht von ungefähr als offener Geheimtipp für eine familiengerechte Wintersportregion abseits der Massen. Ein Skigebiet ohne Halligalli, ohne Schickmicki, ohne ausschweifende Apres-Ski-Parties. Dafür aber mit fürstlicher Note.
Bei jeder Biegung, auf der Piste und an der Gondeln liegt die Frage in der Luft: Sind sie das? Oder vielleicht die dort vorne? Fakt ist, die Neugier schwingt nicht nur beim Einkehrschwung mit. Schuld ist Brosi Stelzl aus dem einzigen Skiverleih des beschaulichen Wintersportortes mit seinen 100, vielleicht 120 Häusern auf 1.602 Metern über dem Meeresspiegel. Denn Brosi Stelzl hatte – vielleicht auch nur im Scherz – behauptet, dass Mitgleider der Fürstenfamilie heute einen Skitag in Malbun einlegen würden. Zugegeben, die Kenntnisse über das liechtensteinische Fürstenhaus sind mehr als rudimentär, wohl auch, weil die Familie eigentlich nie mit Skandalen und Skandälchen in den einschlägigen Klatschblättern auftaucht.
Ausschau halten nach der Fürstenfamilie
Vielleicht waren es die netten Menschen vorhin in der Gondel? Vielleicht die eleganten Skifahrer, die gerade talwärts sausen? Vielleicht ist es ein bisschen wie im Bestseller „Warten auf Godot“ – die Familie war schon da, nur niemand hat sie erkannt. So oder so fällt die Fürstenfamilie hier eigentlich nicht auf. Wohl auch, weil sie in Liechtenstein nicht wie Stars und Sternchen gefeiert werden, sondern sich überaus volksnahe geben.
Unabhängig davon fällt es nicht schwer, sich im Malbuner Skigebiet mit seinen gerade einmal 23 gut präparierten, leichten bis anspruchsvollen Pistenkilometern, die bis auf 2.000 Höhenmeter führen, wohl zu fühlen und zu orientieren. Seine geschützte Lage und eine Beschneiungsanlage machen es zu einem der schneesichersten in den nördlichen Alpen. Drei Sesselbahnen und ein Doppelschlepplift sorgen für komfortable Bergfahrten. Die Sechser-Sesselbahn mit beheizten Sitzen und Windschutzhauben bringt Skifahrer und Snowboarder in knapp sechs Minuten trocken und warm zum „Vaduzer Täli“. Die Abfahrt, ob leicht oder anspruchsvoll, endet an der Malbuner Talstation. Von hier führt auch die Vierersesselbahn in knapp vier Minuten auf das Hochegg, wo sportliche Skifahrer und Boarder auf ihre Kosten kommen.
Malbi-Park – Treffpunkt der künftigen Pistenkönige
Großer Beliebtheit bei den kleinen Wintersportenthusiasten erfreut sich der „Malbi-Park“ im Herzen von Malbun. Auf 3.600 Quadratmetern Schneefläche wird hier unter den aufmunternden Blicken des allgegenwärtigen Maskottchens „Malbi“ das Skivergnügen zum Erlebnis. Die ersten Gleitversuche auf den Brettern wagen zukünftige Pistenkönige mit dem „Malbi-Rondo“. In dem Karussell lernen sie, behutsam Kurven zu ziehen, bevor sie am Übungslift ihre ersten Fahrversuche starten. Auf dem „Malbi-Teppich“, einem Förderband der neuesten Generation, geht es langsam und sicher 40 Meter in die Höhe. Im Zentrum des Kinderparks steht der „Malbi-Hort“. Hier treffen sich Groß und Klein zum Aufwärmen, zu einem kleinen Lunch oder zu einer kurzen Pause.
Nur drei Kilometer von Malbun entfernt breitet sich im benachbarten Tal zwischen Steg und der Alpe Valüna ein kleines, verwunschenes Langlaufparadies aus. Hier finden Anhänger des Gleitsports in der idyllischen Abgeschiedenheit abwechslungsreicher und herrlich ruhiger Naturlandschaft 15 Kilometer gespurte Loipen – gleichermaßen geeignet für den klassischen Langlauf wie für die Skating-Variante. Ungestört von Trubel oder Verkehrslärm geht es über verschneite Wiesen, durch dichte Fichtenwälder, am Valünerbach entlang und über zahlreiche Brücken hinweg. Und wer tagsüber nicht genug vom weiß glitzernden Schnee bekommen kann, hat auch nach Einbruch der Dunkelheit noch Gelegenheit, entspannt zu gleiten oder ambitioniert zu trainieren: Drei Kilometer der Loipenstrecke sind abendlich bis 21.30 Uhr beleuchtet.
Rodelspaß auch unter Flutlicht
Wer lieber rasant auf flotten Kufen durch die Winterlandschaft düst, erobert eine der zwei 1.000 Meter langen Rodelbahnen im Fürstentum. Volle Fahrt voraus heißt es dabei auf dem Rodelweg von Turna nach Malbun. Auf der abends beleuchteten Naturbahn, die von der Alpe Sücka ins idyllische Maiensäss Steg am Eingang des Saminatals führt, lässt man sich noch bei Dunkelheit den Wind um die Nase wehen. Kleine Rodler fühlen sich dagegen auf dem Schlittelweg bei der Malbuner Friedenskappelle gut aufgehoben.
Wer das Gleiten auf kleinen Kufen bevorzugt, findet im Zentrum von Malbun einen einladenden Kunsteisplatz. Bis in die Abendstunden drehen hier Schlittschuhläufer ihre Runden und wagen manche Pirouette. Nach Einbruch der Dunkelheit sorgt eine Beleuchtungsanlage für romantisches Licht.
Langlauf und Schneeschuhwandern
Auch Schneeschuhtouren durch die winterliche Landschaft sind mit oder ohne Führung auf den gut präparierten Winterwanderwegen im Fürstentum möglich. Der Schwemmiweg führt als fünf Kilometer langer Rundweg vom Steg aus vorbei an einem Stausee und durch den Winterwald zur Alpe Sücka. Von dort gelangt man auf dem Gehweg für Rodler zurück zum Ausgangspunkt. Hat man bereits genug vom Schneestapfen, saust man hier mit dem Schlitten talwärts.
Von Malbun startend, genießen Schneewanderer den gut präparierten Sassweg. Der rund zweistündige Rundweg schlängelt sich durch hohe Schneemauern, Legföhre und besonnte Schneemulden. Ausgangspunkt ist die Friedenskapelle in Malbun. In gut einer Stunde ist der höchste Punkt auf 1.725 Meter über dem Meeresspiegel erreicht. Gemütlich geht es dann über die Alpe Sass hinunter zum Schneefluchtlift und von dort zurück ins Zentrum von Malbun, wo der Wintersporttag beim dezenten wie individuellen Apres-Ski stilecht mit einem Gläschen „Vaduzer Beerli“, dem „Pinot Noir aus der fürstlichen Weinkellerei, ausklingt.
Allgemeine Informationen: www.tourismus.li, www.malbun.li sowie www.bergbahnen.li
Buchtipp: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Liechtenstein – Reisehandbuch, Westflügel Verlag, ISBN 978-3-939408-05-5, 13,90 Euro
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Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.