La Palma – das letzte Grün vor Amerika

La Palma
Die Kanareninsel La Palma ist wunderbar wanderbar. – Foto Wolfgang Siesing

Christopher Kolumbus nahm auf seiner Expeditionsreise in Richtung Indien auf den Kanaren noch einmal Frischwasser, Obst und Gemüse auf. Er entdeckte anschließend im Jahre 1492 für die kastilische Krone zwar nicht den Seeweg nach Indien, aber dafür die Weiten Mittel- und Nordamerikas. Er konnte allerdings mit seinem nautischen Fehler gut leben und wurde nicht nur auf der iberischen Halbinsel als Entdecker einer „Neuen Welt“ gefeiert. Der Kontinent im Westen versprach Gold und wirtschaftlichen Erfolg in allen Variationen und der Weg über die kanarischen Inseln bot die ideale Verbindung zwischen „Alter und Neuer Welt“.

Der Umstand, dass die Schiffe vor ihrer Reise in Richtung amerikanischen Kontinent noch einmal alles Notwendige auf La Palma auffüllten, sorgte bei Kaufleuten, Bauern und Handwerkern für gut gefüllte Geldsäcke und machte aus der Inselhauptstadt Santa Cruz de La Palma ein architektonisches und wirtschaftliches Schmuckstück im Atlantik. Besagtes Santa Cruz wurde im 16. und 17. Jahrhundert noch wohlhabender, als die Krone den Steuereintreiber der Handelskammer von Sevilla auf die Insel beorderte, denn von da an musste jedes heimkehrende Schiff Steuer und Zoll auf La Palma entrichten. Obwohl dieser Wohlstand immer wieder Höhen und Tiefen unterworfen war, zeigt sich der merkantile Charakter in der Schönheit der Inselhauptstadt bis heute.

Auf der von der Sonne verwöhnten Insel gedeihen exotische Früchte. – Foto Wolfgang Siesing

Nur die wesentlich größere Namensschwester Santa Cruz von Teneriffa konnte und kann historisch dem Wohlstand und Bedeutung der kleineren Insel-Hauptstadt das Wasser reichen. Keine Region einer Nachbarinsel kann es allerdings mit dem einzigartigen Vulkancharakter La Palmas aufnehmen.

Es sei daher jedem Besucher ans Herz gelegt, die Insel als Wanderer für sich zu „erobern“. Wer zum Beispiel morgens bei Sonnenaufgang zum Kraterrand in den Nationalpark „Caldera de Taburiente“ aufbricht, wird gegen Mittag auf einer der schönsten Routen sensationelle Ausblicke genießen können. Idealerweise wählt man den Weg hinter dem Nationalpark-Informationszentrum und orientiert sich in Richtung Mirador Los Roques. Nach einer spannenden Fahrt auf einer gut ausgebauten, aber engen Straße, erklimmt man in langen Serpentinen den Vulkankrater auf seiner Außenhaut. Man durchfährt dabei einzigartige Pinienwälder, überquert malerische Bergkämme und wird für den kräftigen Einsatz hinter dem Lenkrad mit einem phänomenalen Ausblick vom Kraterrand belohnt.

Grandiose An- und Aussichten lassen sich bei Touren über La Palma genießen. – Foto Wolfgang Siesing

Oben wartet ein überschaubarer Parkplatz, deshalb bitte früh die Tour antreten, um hier nicht vor verschlossener Schranke zu stehen. Die Wanderung auf dem gut ausgebauten Kraterrand ist in den frühen Morgenstunden ein Highlight des Inselurlaubs. Gesteigert wird die Runde nur durch den Aufstieg zum Pico Bejenado; dieser ist für jeden Wanderfreund ein unbedingtes „Muss“. Hat man die knapp 1.900 Meter bestiegen, grüßen die umliegenden Zweitausender im Rund und mit etwas Glück kann man die Nachbarinseln El Hierro, La Gomera und Teneriffa wolkenfrei in der Ferne sehen. Noch dazu sorgt der Blick in die Tiefe der Caldera für einen wohligen Schauer und motiviert einen, die Tour gerne zu wiederholen.

La Palma verfügt über mehr als 1.000 Kilometer ausgeschilderter Wanderwege – vom Küstenwanderweg bis zur alpinen Gradwanderung in fast 2.500 Meter Höhe. Auf keiner anderen Kanareninsel gibt es eine derartige Bandbreite an unterschiedlichen Vegetations- und Klimazonen. Mit etwas Einsatz durchwandert man auf einer Tour eine tropische, eine subtropische und eine alpine Zone. Wenn das Wetter ein wenig verrückt spielt, startet man auf Meereshöhe bei Sonne und blauem Himmel und kämpft sich am Ende der Tour auf dem Roque de los Muchachos durch ein Schneegestöber.

La Palma
Auch die Salzgewinnung spielt auf der Kanareninsel noch immer eine Rolle. – Foto Wolfgang Siesing

Obwohl La Palma auf der Höhe von Marokko liegt, dominiert das „Alte Europa“ das komplette Leben auf der Insel, Mietwagen sind vergleichbar günstig wie auf den Balearen zu buchen, einige Supermarktketten kennt man aus Deutschland und Österreich. In den Städten Santa Cruz und der zweitgrößten Stadt der Insel, Los Llanos de Aridane, fühlt man sich an den Süden Spaniens erinnert. Die Straßenatmosphäre mutet an wie in Cordoba oder Sevilla. Trifft man in den Zentren beider Städte auf andalusisches Flair, stößt man beim Verlassen der kleinen Städte rasch auf eine exotische Flora: Archaisch wirkende Drachenbäume stehen am Wegesrand, Brezo, eine Verwandte unseres Heidekrauts wächst hier bis zu 12 Meter hoch. Und im Norden stößt man sogar auf Nebelurwälder. Wer schon einmal das Glück hatte, in „Los Tilos“, den Wäldern des Nebels, von tiefhängenden Wolken umarmt zu werden, fühlt sich beim Wandern wie in die Kulisse eines Science-Fiction-Films versetzt.

La Palma liebt die Kontraste, denn wenn der Himmel wolkenfrei und die Sicht nebelfrei ist, steht der erfahrene Wanderer vor einem Himmel, der in seiner Klarheit kaum zu überbieten ist. Das wissen auch die europäischen Physiker und Astronomen und so reihen sich auf dem Gipfel der Gipfel, dem Roque de los Muchachos, die europäischen Sternwarten aneinander, wie andernorts höchstens noch in der Atacama Wüste in Chile. Abends fühlt man sich wieder einmal in einen Science-Fiction-Film versetzt, wenn sich ihre langen Teleskope aus den silbernen Kugeln schieben. Die Wolken spielen in dieser Höhe keine Rolle, die Inselverwaltung hat zudem die Straßenlampen gedimmt und die kleinen Städte und Ansiedlungen geben nur wenig Licht nach oben ab.

Die geringe Lichtcerschmutzung sorgt für sternenklare Nächte. – Foto La Palma Fremdenverkehrsamt/Saul Santos

Für La Palma ist Lichtsmog ein Fremdwort. So ist es auch nicht verwunderlich, dass es regelmäßig astronomische Wanderungen und Sternengucker-Treffen auf der Insel gibt. Was die Insel neben der Klarheit der Luft und der Schönheit der Flora bei vielen Deutschen so beliebt macht, ist die Vorliebe der Insulaner, das Leben zu feiern. So kann man in normalen Zeiten mit etwas Terminglück die Osterfeste, den Karneval, die Prozessionen oder die bunte Auswahl an Dorffesten mitfeiern. Die Insulaner feiern gern in Gesellschaft, nur die Karfreitagsprozessionen werden von den Dörfern und Gemeinden allein durchgeführt, wobei auch hier Besucher gern gesehen werden.

Neben den schönsten Wandertouren und lautesten Festivals der Kanaren ist „La Isla Bonita“ auch bekannt für ihre schönen Strände. Diese findet vorwiegend auf der Westseite rund um Puerto Naos und Tazacorte. Die Strände sind schwarz wie Vulkanstein und bilden einen großartigen Kontrast, wenn man seinen nordeuropäischen und sonnenentwöhnten Körper hier in ihren Strand bettet. Ich habe nahezu alle Kanareninseln besucht und stelle als Fazit fest: Die Insel bietet das ideale Gesamtpaket: Bei klarster Luft zwischen Hochgebirge und Surfbrett ist hier fast jede Urlaubsform möglich.

Tipps für La Palma

La Palma
Es blüht und grünt nahezu überall auf der Insel. – Foto Wolfgang Siesing

Allgemeine Informationen: www.visitlapalma.es

Klima und beste Reisezeit: La Palma liegt ganz im Nordwesten der Kanaren und wird als Insel des ewigen Frühlings be- zeichnet. Das Klima ist subtropisch; durch die Gebirgszüge entstehen jedoch unterschiedliche Klimazonen. Im Sommer klettert das Thermometer auf über 30 Grad Celsius, im Winter bleibt es mild bei durchschnittlich 16 bis 20 Grad. Von Januar bis März kann es in den Höhenlagen schneien. Die Insel ist ein tolles Ganzjahresziel.

Unbedingt machen: Wandern. Vom äußersten Norden in Garafia bis zu den Leuchttürmen in Faro de Fuencaliente hat man eine phantastische Auswahl an Wanderstrecken unterschiedlicher Schwierigkeitsstufen. Mietwagen sind ähnlich günstig wie auf den Balearen zu buchen, so dass man die ganze Insel erkunden kann. Früh morgens auf den Roque de los Muchachos fahren und den Sonnenaufgang zwischen den Sternwarten genießen; die Nebelwälder Los Tilos besuchen: In der exotischen Landschaft fühlt man sich wie in einem Science-Fiction-Film. Im Meerschwimmbecken Charco Azul mit schwarzem Lavaboden in San Andrés y Sauces schwimmen.

Hocj über den Wolken scheint die Sternwarte zu liegen.

Beliebte Mitbringsel: Ein Tuch aus dem Seidenmuseum „Las Hilanderas“ in El Paso. Weberinnen zeigen in dem Museum live das inseltypische Hand- werk, verkauft werden nur Unikate.

Essen und Trinken: Fisch, gegrillt oder mit Kräutern gebraten, ist das typische Hauptgericht. Häufig findet man Cabrilla, Barsch oder Pargo, Meerbrasse. Oft wird auch Bacalao (Klippfisch) serviert. Dazu isst man gekochte grüne Bananen oder Süßkartoffeln. Papas Arrugadas – salzige Kartoffeln – sind ebenso beliebt wie rote und grüne Mojos – scharfe Paprikasaucen.

Sehenswert: Die Hauptstadt Santa Cruz de La Palma besticht mit bunter Architektur aus der Kolonialzeit, hübsch verzierten Holzbalkonen und einem quirligen Hafenviertel.

Wolfgang Siesing