Alle fünf Jahre wird Kassel zum Mekka der Kunstliebhaber aus aller Welt. Als temporäre Kunstkapitale präsentiert die 197.000-Seelen-Gemeinde in Hessen noch bis zum 17. September 2017 im Rahmen der documenta 14 die Arbeiten von mehr als 160 Künstlern. Und wie immer gilt: einiges fasziniert, einiges begeistert, einiges irritiert und einiges verstört.
So oder so versteht es die documenta die Kunst in den Fokus zu rücken und nicht nur Kunstliebhaber dazu zu bewegen, sich mit den unterschiedlichen Werken und Ansätzen mehr oder weniger intensiv auseiannder zu setzen.
Nicht von ungefähr gilt die documenta nach wie vor als weltweit wichtigste Ausstellung zeitgenössischer Kunst – 1955 wurde die erste in Kassel organisiert. Die derzeit stattfindende 14. documenta Athen – Kassel steht unter dem Motto „Von Athen lernen“ und möchte auf die Stärken dieses gebeutelten, von Flüchtlingen besonders beanspruchten EU-Landes aufmerksam machen.
Von den Griechen lässt sich lernen, wie man trotz Krise den Lebensmut und die Würde nicht verliert. Die diesjährige documenta ist so politisch wie nie zuvor. Arbeiten von besagten 160 Künstlern werden zu Themen wie Vertreibung und Enteignung, Hunger, Flucht, Krise der Demokratie in beiden Städten gezeigt.
Die vielen Bilder, Stoffbilder und Textilskulpturen, Fotografien, Videos sowie das gewaltige Werk des „Parthenon of Books“, der hier in Kassel von der Argentinierin Marta Minujín aus Tausenden von zensierten Büchern aufgeschichtet wurde, bis zu den zahllosen Performances, Installationen, Videos und Vorträgen finden sich an verschiedensten Orten in der Stadt.
Darunter im Museum für Sepulkralkultur, im Ottoneum, im Stadt- und Landesmuseum, im Radio, im Kulturbahnhof, im Giesshaus, im Schlachthof, in Glas-Pavillons, auf Weinberg-Terrassen, in Kinos, Parks, auf Wegen. Als Ausstellungsort hinzugekommen ist die Hauptpost.
Fürs größte Werk der von Adam Szymczyk kuratierten Schau muss man weder ins Museum noch in die Hauptpost: Der „Büchertempel“, eine Kopie des Akropolis-Tempels mit Original-Abmessungen, steht nämlich unübersehbar vor dem Fridericianum auf dem Friedrichsplatz. Da ist aber noch die unleidige Sache mit den Hinweisschildern. Sie sind rar und nicht unbedingt für Jedermann auf Augenhöhe angebracht.
Folglich steht der Besucher an manch einer Kreuzung und weiß weder weiter noch wohin. Auf Nachfrage wird kolportiert, dass das Absicht sei; der Besucher sollte bitteschön aus diesem Grund mit den Einwohnern Kassels in Kontakt treten, mit ihnen kommunizieren. Schön gesagt – leider kennen sich nur sehr wenige Einheimische in der documenta-Kunstszene, in den Museen und den Außen-Locations aus!
Egal: trotz dieses kleinen Ärgernisses werden am Ende dieses Sommers neue Namen diskutiert, neue Werke gehandelt werden. Trotz kontroverser Diskussionen wird es auch dieses Mal eine Erfolgsgeschichte werden – das Besucherplus von derzeit 17 Prozent spricht für sich. Und was ist mit Ihnen?
Das Wichtigste zur documenta 14
Die documenta 14 in Kassel ist noch bis zum 17. September täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Die Athener Ausstellung wurde bereits am 16. Juli geschlossen. Jedoch fungiert für 100 Tage das Fridericianum, in dessen Ruinen 1955 die internationale Ausstellung für zeitgenössische Kunst aus der Taufe gehoben wurde, als ein griechisches Museum. Auf allen drei Etagen des klassizistischen Baus wird die Athener Sammlung gezeigt.
Die Tageskart für die documenta 14 kostet 22 Euro, eine Familienkarte 50 Euro. Angeboten werden auch sogenannte documenta walks, begleitete Spaziergänge. Weitere Infomationen unter Telefon 0561-707 27 70 sowie unter www.documenta14.de.
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Katharina Büttel
lebt und arbeitet als freie Reisejournalistin in Berlin. Über 30 Jahre reist sie für ihre Reportagen und Fotos um die Welt – seit vielen Jahren veröffentlicht sie auch im Mortimer-Reisemagazin.